Schwimmkurs für Flüchtlinge in Kehl
Ehrenamtliche nehmen die Angst vor dem Wasser

Die ehrenamtlichen Schimmlehrer nehmen den Flüchtlingen die Angst vor dem Wasser. Unser Foto zeigt (v. l.) Rosemarie Mussler, Marie-Luise Wagenknecht, Lula Amene, Letensea Tesfaldet und Ellen Preiß | Foto: Stadt Kehl
  • Die ehrenamtlichen Schimmlehrer nehmen den Flüchtlingen die Angst vor dem Wasser. Unser Foto zeigt (v. l.) Rosemarie Mussler, Marie-Luise Wagenknecht, Lula Amene, Letensea Tesfaldet und Ellen Preiß
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Kehl (st). „Die Beine hoch und kräftig strampeln“, lautet die Anweisung an die zwei jungen
Eritreerinnen, die am Donnerstagabend zum ersten Mal in ihrem Leben
erfahren haben, wie es ist, in schulterhohem Wasser zu stehen. Die beiden
Migrantinnen haben nach einer mehr als 6.000 Kilometer langen Flucht ins
Ungewisse vorerst in Kehl eine Bleibe gefunden und nehmen den Sommer über an
einem von den Integrationsbeauftragten der Stadt Kehl koordinierten Schwimmkurs
teil.
 
Dass die jungen Eritreerinnen schwimmen lernen können, habensie vor allem dem Einsatz ihrer drei ehrenamtlichen Schwimmlehrerinnen zu verdanken. Jeden Dienstag- und Donnerstagabend versuchen diese im Auenheimer
Freibad, die Migrantinnen behutsam an das Thema Wasser heranzuführen. Denn wie
so viele andere Flüchtlinge auch, haben Letensea Tesfaldet und Lula Amene nie
zuvor gelernt, wie man schwimmt oder sich sicher durch das Wasser bewegen kann.
„Ich hatte immer solche Angst vor Wasser und bin in Eritrea nie in einen See
gegangen“, erzählt Letensea Tesfaldet. Man merkt ihr an, dass sie sich im
Wasser unsicher fühlt, die ersten Schritte durch das unbekannte Nass sind
verkrampft.

„Für sie ist das Gefühl, durch Wasser zu laufen ganz neu“, erkennt
Ellen Preiß auf einen Blick. Die erfahrene Schwimmerin ist unter anderem im Hallenbad in Rheinau-Honau als Aufsicht tätig und kann, obwohl sie „keine zertifizierte
Schwimmlehrerin“ ist, die Flüchtlinge beim Training unterstützen. Vor der
ersten Stunde hat sie sich mit ihren Schützlingen extra getroffen, um mit ihnen
gemeinsam Badebekleidung einzukaufen. Bikinis oder Badeanzüge hatten die
Eritreerinnen bisher nämlich nicht in ihrem Kleiderschrank. „Das macht mir
Spaß, außerdem mussten die Flüchtlinge meiner Meinung nach schon genug
durchstehen“, beschreibt Ellen Preiß ihre Motivation, sich ehrenamtlich zu
engagieren. Wenn sie ihnen nach all den schrecklichen Erlebnissen nun ein klein
wenig helfen könne, mache sie das gerne.

Um Letensea Tesfaldet und Lula Amene die Angst vor dem Wasserzu nehmen, haben die drei Ehrenamtlichen die erste Schwimmstunde mit
vertrauensbildenden Übungen begonnen. Stück für Stück wagen sich die beiden
Migrantinnen daraufhin auch in tieferes Wasser. „Es ist wichtig, dass wir sie
dabei an die Hand nehmen, damit sie merken, dass jemand da ist“, erklärt
Rosemarie Mussler. Die 76-jährige Seniorin ist in vielen sozialen Einrichtungen
aktiv und nutzt ihre Zeit als Rentnerin gerne, um Gutes zu tun, wie sie sagt.
Damit Letensea Tesfaldet und Lula Amene lernen, sich fallen zu lassen, so dass
die Füße nach oben kommen und Schwimmbewegungen möglich sind, sollen sich die
beiden nach einiger Zeit im Wasser am Beckenrand festhalten und kräftig mit den
Füßen strampeln. Hustend und prustend, mit Wasser in der Nase und Spritzern im
Gesicht, kommt schnell Gelächter auf, die Angst in den Augen der Eritreerinnen
verschwindet. Mit steigendem Selbstvertrauen klappen auch die ersten
Schwimmansätze, den Kopf ins Wasser zu halten, stellt schon bald kein Problem
mehr dar.

Am Ende der ersten Trainingsstunde trauen sich LetenseaTesfaldet und Lula Amene sogar auf die große Rutsche. Dass Wasser nicht nur den
Tod, sondern auch Spaß bedeuten kann, haben die beiden an diesem Tag gelernt.
„Die Angst ist noch nicht ganz weg, aber viel besser“, strahlt Letensea
Tesfaldet glücklich. Auch Lula Amene reckt stolz beide Daumen in die Höhe.
„Fürs erste Mal war das heute super“, freut sich Ellen Preiß gemeinsam mit den
Eritreerinnen. „Dieses erste Training war ein voller Erfolg“, bestätigt
Marie-Luise Wagenknecht. Die 61-jährige Sport- und Gymnastiklehrerin ist
optimistisch, dass sich Letensea Tesfaldet und Lula Amene am Ende des Sommers
ohne Angst und sicher im Wasser bewegen können. Bis dahin liegt zwar noch eine
Menge Arbeit, aber auch eine schöne gemeinsame Zeit mit viel Spaß und Gelächter
vor den fünf Frauen.
 
Weitere Informationen zum Schwimmkurs sind auch auf der Flüchtlingsseite der Stadt Kehl unter www.fluechtlingshilfe.kehl.de in der Rubrik „Wie kann ich helfen?“ zu finden. Wer Interesse daran hat, sich als Schwimmlehrer ehrenamtlich zu betätigen, kann sich zudem telefonisch unter 07851 88-1274 oder 07851 88-1275 bei den Integrationsbeauftragten der Stadt Kehl, Raya Gustafson oder Aurora Wenner, melden.

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