Nachfolgenutzung an Klinikstandorten
Genesungsbetten sind eine der Maßnahmen

Was passiert an den Klinikstandorten in Kehl, Oberkirch und Ettenheim, die 2030 geschlossen werden sollen? Die Beratungen dazu nehmen Fahrt auf.  | Foto: Ortenau Klinikum
  • Was passiert an den Klinikstandorten in Kehl, Oberkirch und Ettenheim, die 2030 geschlossen werden sollen? Die Beratungen dazu nehmen Fahrt auf.
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Ortenau (rek). Die Städte Kehl, Oberkirch und Ettenheim drängen auf Konzepte für die Gesundheitsversorgung und die Nachnutzung der bisherigen Gebäude, wenn diese 2030 geschlossen werden sollen. In der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Kliniken am Dienstag hat Dr. Evelyn Bressau erste Ergebnisse der Kommunalen Gesundheitskonferenzen den Kreisräten präsentiert – Ergebnis der Befragungen von Fachärzten, Therapeuten, Kommunen und Bürgern.

Scheinriese

Das von Kreisrat Dr. Jens-Uwe Folkens (SPD) gewählte Bild gefiel Landrats Frank Scherer. Folkens, früher Chefarzt der Kinderklinik, verglich die anstehenden Aufgaben mit dem Scheinriesen aus Michael Endes Buch "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer": "Je näher man ihm kommt, umso kleiner wird er" und meinte damit, die lange Liste der Aufgaben anzugehen, um das Ziel zu erreichen. "Der Ortenaukreis ist zwar keine Insel und hat mehr als zwei Berge", merkte Scherer an, "aber das Bildnis ist hervorragend".

Genesungsbetten

"Wir wollen Strukturen des bestehenden Gesundheitssystems aufbrechen und die Elemente neu verknüpfen", gab Bressau als eines der Kernziele vor. Dass dies schwierig werde, habe auch damit zu tun, dass der Kreis bei der Umsetzung auch in Belange des Bundes und des Landes eingreifen würde. An den Standorten solle es eine Konzentration verschiedener Fachärzte sowie Dienstleistungen aus Pflege, verschiedenen Therapeuten, aber auch Hebammen geben. Weitere Elemente, so Bressau, sollen eine Arzneimittelversorgung und eine Notfallpraxis sein. Auch werde ein Hol- und Bringdienst als wünschenswert erachtet. Als zukunftsweisend sieht Bressau die Einrichtung von sogenannten Genesungsbetten etwa nach Klinikaufenthalten oder für Kurzzeitpflege auch ohne ausgewiesenen Pflegegrad an.

Vernetzung optimieren

Im Sinne der Patienten sei die Verbesserung des Übergangs zwischen stationärer und ambulanter Behandlung. Hierbei gelte es die Vernetzung zu optimieren, genau wie zwischen verschiedenen ambulanten Behandlungsstationen. "Es gibt bundesweit bereits einige Projekte, von denen auch der Ortenaukreis profitieren kann", so Bressau. Die Kommunalen Gesundheitskonferenzen habe eine lange Liste an möglichen Vorhaben hervorgebracht. Allerdings machte sie auch klar, dass eine frühzeitige Information der Öffentlichkeit unerlässlich sei. Denn in den Städten, wo eine Schließung des Klinikstandorts im Raum stehe, sei das Vertrauen in die handelnden Personen gering.

Versorgung sicherstellen

Den Ball mit den Genesungsbetten nahmen alle Kreistags-Fraktionen auf. "Wir wollen klinikähnliche Leistungen erhalten", formulierte etwa Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz (CDU), um auch nach 2030 Sicherheit bei der Versorgung bieten zu können. Zudem forderte Metz, dass der Kreis bei Bedarf für die drei Standorte Oberkirch, Kehl und Ettenheim sogenannte Arztsitze von der Kassenärztlichen Vereinigung kaufen solle, um den Bedarf zu decken. "Wir wecken Erwartungen, deren Erfüllung nicht leicht wird", ergänzte Metz. "Der Kreis kann vieles nicht eigenständig realisieren", blickte Edgar Gleiß (Freie Wähler) voraus, mahnte aber an, die Versorgung sicherzustellen. Das Aufzeigen realer Möglichkeiten in der öffentlichen Debatte forderte der Grüne-Kreisrat Alfred Baum: "Wir müssen das Vertrauen für das Neue gewinnen."

Als "fast schon revolutionär" sah Folkens die Möglichkeit von Geneseungsbetten an. Vor dem Kauf von Arztsitzen warnte der studierte Mediziner allerdings, um nicht die niedergelassenen Ärzte gegen sich aufzubringen. "Wir haben einen Plan und sollten optimistisch sein", fügte Folkens an.

Landrat Scherer vermutete, dass auch aus anderen Regionen die Notwendigkeit eines Umdenkens im Gesundheitswesen an den Bund herangetragen werde. Zum Thema Genesungsbetten ergänzte Scherer: "Der Bedarf an solchen Angeboten wird wachsen, aber bisher gibt es dafür keinerlei Finanzierungsansätze."

Für den kommenden Herbst wird der Abschlussbericht der Kommunalen Gesundheitskonferenz erwartet. Das Landratsamt soll nach dem Willen des Kreistags fortlaufend konkrete Maßnahmen zur medizinischen Versorgung zur Beschlussfassung vorbereiten.

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