Einweihung des Gebäudes der Habitation Moderne wird am 15. September eingeweiht
Villa Europa: Ein Film über ein deutsch-französisches Wohnprojekt

Die Villa Europa an der B 28 hat es in die Endauswahl des Wettbewerbs „Trophée 2017 des Entreprises Publiques Locales“ geschafft. | Foto: Stadt Kehl
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  • Die Villa Europa an der B 28 hat es in die Endauswahl des Wettbewerbs „Trophée 2017 des Entreprises Publiques Locales“ geschafft.
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Kehl (st). Sie ist ein Beispiel für gelebtes Europa: In der Villa Europa in Kehl wohnen Franzosen und Deutsche zusammen; das Bauvorhaben wurde von der französischen Wohnungsbaugesellschaft Habitation Moderne nach deutschen Bauvorschriften realisiert. Das grenzüberschreitende Projekt, welches das erste und bisher einzige seiner Art auf Kehler Territorium ist, hat es nun in die Endauswahl im französischen Wettbewerb „Trophée 2017 des Entreprises Publiques Locales (EPL)“ geschafft. Am Mittwoch, 23. August, war ein Filmteam von Stras TV vor Ort, um Baubürgermeister Krapp und Philippe Bies, den Generaldirektor von Habitation Moderne, zu dem Projekt zu interviewen.

Schon im Aufzug, bei der Fahrt ins zweite Stockwerk der Villa Europa, wo das Filmteam Kameras und Scheinwerfer aufgebaut hat, wird deutlich: Deutsche und französische Bauvorschriften unterscheiden sich in manchen Punkten. Die Tasten, mit denen der Fahrstuhl gesteuert wird, sind auf Hüfthöhe angebracht; auf ihnen sind groß die Zahlen der Stockwerke zu lesen. „Das war die Vorgabe der Deutschen“, bemerkt Philippe  Bies, als sich der Journalist von Stras TV versehentlich gegen das Tastensystem lehnt und dabei den Knopf für den vierten Stock aktiviert. Wegen der Barrierefreiheit seien die Tasten so niedrig angebracht, erklärt Baubürgermeister Krapp; dadurch könnten auch Menschen mit Behinderung, etwa Rollstuhlfahrer, den Fahrstuhl bedienen. Während in Deutschland gilt, dass in einem Wohngebäude mit mehr als vier Wohneinheiten die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei zu erreichen sein müssen, muss nach französischen Vorschriften jede Wohnung rollstuhlgerecht umzubauen sein, ohne dass dafür eine Wand versetzt oder herausgerissen werden muss.

Generell unterscheiden sich die Umsetzungen von Bauvorhaben in Deutschland und in Frankreich recht stark voneinander: „Vieles ist ähnlich und doch ist alles anders“, fasst Philippe Bies lachend zusammen. Er und Harald Krapp sind sich einig, dass das grenzüberschreitende Bauprojekt, bei dem die französische Wohnungsbaugesellschaft sich an den deutschen Normen und Bauvorschriften orientieren musste, kein einfaches Unterfangen war. „Es war kompliziert“, halten beide in ihren Interviews vor den Kameras des Straßburger Fernsehteams fest, die in den hellen Fluren des vierstöckigen Gebäudes aufgebaut sind. „Wir haben aber auch sehr viel gelernt“, erklärt Harald Krapp der Interviewerin Marguerite Macel, während zwei Scheinwerfer und zwei Kameras auf ihn gerichtet sind. Er würde sich auch über eine weitere Zusammenarbeit mit der Habitation Moderne freuen, denn „vor allem in Sachen sozialer Wohnungsbau können wir viel von unseren französischen Nachbarn lernen“. In Kehl bestehe ein großer Bedarf an günstigem Wohnraum.

Auch Philippe Bies von der Straßburger Wohnungsbaugesellschaft betont vor den Kameras den Wunsch, weitere gemeinsame Vorhaben umzusetzen. „Die Nominierung der Villa Europa ist ein Beweis dafür, dass unser deutsch-französisches Wohnungsbauprojekt zukunftsweisend ist“, sagt er. „Es ist uns gelungen, die Idee von Europa in den Alltag der Menschen zu integrieren“, unterstreicht er den Symbolcharakter des Gebäudes.

Das Bauvorhaben, das in der Kategorie „nachhaltiges Gebäude“ für den frankreichweiten Preis „Trophée des Entreprises Publiques Locales“ nominiert wurde, hat vor allem aufgrund seiner europäischen Ausrichtung die Aufmerksamkeit der Jury auf sich gezogen. Es besteht aus 48 Mietwohnungen mit einer Größe zwischen 40 und 118 Quadratmetern. 38 Wohnungen wurden bereits bezogen – von elf französischen, 23 deutschen und vier deutsch-französischen Haushalten – zehn sind noch zu mieten. Außerdem beherbergt das Gebäude im Erdgeschoss die Allgemeine Verbraucherschichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V., zwei Geschäfte sowie eine Sparkassen-Filiale.

Noch gegen zwei weitere Bewerber muss sich Habitation Moderne in der Endrunde des Wettbewerbs behaupten. Um den Preis zu gewinnen, muss die Straßburger Wohnungsbaugesellschaft bis Anfang September möglichst viele Stimmen für ihr Projekt gesammelt haben. Auch Kehlerinnen und Kehler können mit abstimmen: Unter dem Link www.servirlepublic.fr/vote-candidats-trophees.php können sie dem Straßburger Projekt unter dem Titel „Strasbourg, l’Européenne : 1ère opération transfrontalière de logements (Villa Europa à Kehl) / Habitation moderne“ (Erstes grenzüberschreitendes Bauprojekt) in der Kategorie „Bâtiment durable“ (nachhaltiges Gebäude) ihre Stimme geben. Eine Stimmabgabe ist bis Freitag, 1. September, möglich. Die Preisverleihung findet Mitte Oktober bei einem Kongress nationaler öffentlicher Unternehmen in Bordeaux statt.

Am 15. September wird die Villa Europa offiziell eingeweiht. Bei der Einweihungsfeier wird auch das Video gezeigt, das die Reporter von Stras TV zur Präsentation des Bauprojektes gedreht haben. Es beinhaltet neben den Interviews mit Baubürgermeister Krapp und Generaldirektor Bies Gespräche mit einer Bewohnerin der Villa Europa und Aufnahmen von der benachbarten Tramstrecke sowie Außen- und Innenansichten des Gebäudes.

Hintergrund: 2010 ist die Stadt Kehl(Klein-)Aktionär bei Habitation Moderne geworden mit dem Ziel, gemeinsam mit dem Unternehmen, an dem die Stadt Straßburg 52,75 Prozent der Anteile hält, Projekte auf Kehler Gemarkung realisieren zu können. Auch der mögliche Wissensaustausch zwischen Habitation Moderne und der Städtischen Wohnbau Kehl war ein Grund für die städtische Beteiligung. Im Februar 2011 hat sich Habitation Moderne um das damals ausgeschriebene rund 2200 Quadratmeter große Grundstück an der Ecke Straßburger Straße (B 28)/Schulstraße beworben und im April 2011 den Zuschlag erhalten. Architekt Jürgen Grossmann hat Habitation Moderne in der Folge den Auftrag erteilt, ein Gebäude zu planen, in dem sowohl deutsche als auch französische Mieter gerne wohnen.

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