Helmut Busam fuhr mit seinem Schlepper nach Spanien
Eine Pilgerfahrt der ganz besonderen Art

Zwei Monate raus aus allem: Helmut Busam war mit seinem Schlepper, Baujahr 1966, in Santiago de Compostela. | Foto: Michael Bode
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Oberkirch (gro). Auf dem Weg zu Helmut Busam, der gerade erst von einer Fahrt mit dem Schlepper nach Santiago de Compostela zurückgekommen ist, geht es in die Höhe. Der 65-Jährige wohnt in Butschbach-Hesselbach und das Renchtal liegt ihm zu Füßen. Überraschend ist der Hausherr selbst: Einen Schlepperfahrer stellt man sich irgendwie anders vor. Helmut Busam hat so nichts von einem vierschrötigen Landwirt, an den man unwillkürlich bei dem Wort Traktor denkt.

"Ich bin gelernter Goldschmied", erzählt der gebürtige Oberkircher. Mit seiner ersten Frau betrieb er ein Geschäft. Ein wenig ist sein Haus, das er Ende der 80er-Jahre entdeckte und ohne zu Zögern kaufte, schuld daran, dass die Ehe scheiterte. Seine Frau behielt das Geschäft, Busam orientierte sich neu: "Ich war im Sprachenbereich tätig. Ich habe 20 Jahre einen Übersetzungsdienst gemanagt." Doch seit drei Jahren lässt es Helmut Busam ruhiger angehen. "Ich habe das Unternehmen verkauft. Ich wirke im Hintergrund in einer Firma, die Sprachtraining für Firmenkunden anbietet. Da kann man vieles von Zuhause aus machen."

Und er gönnt sich mehr Zeit für sich. Seine künstlerische Ader, die er als Goldschmied entwickelte, lebt er aus. Seine ein klein wenig erotischen Skulpturen finden sich im Haus und Garten. Außerdem entdeckte er vor einiger Zeit, dass er ein Talent fürs Rutengehen hat. Dabei hat er sich darauf spezialisiert, das Wohnumfeld in Einklang mit den Energielinien der Erde zu bringen.
Seine Liebe zu alten Traktoren wurde durch die Tatsache befördert, dass zu seinem Anwesen landwirtschaftliche Fläche gehört. "Ich bin als Kind mit sechs Jahren Schlepper gefahren, es war toll dieses Gefühl mit 60 Jahren wieder zu erleben", sagt Helmut Busam. Nachdem er sich seinen ersten Deutz D15 gekauft hatte, nahm er Kontakt mit den Schlepperfreunden Renchtal auf: "Ich wurde dort herzlich aufgenommen und immer unterstützt." 

Diese Unterstützung brauchte er auch, um seinen Plan einer längeren Ausfahrt in die Tat umzusetzen. "Ich wollte zwei bis drei Monate weg von allem, einfach nur für mich sein", beschreibt er seine Motivation. Sein Ziel: Santiago de Compostela. "Die Stadt hat mich fasziniert, das Mystische und das Geschichtliche haben mich inspiriert." Doch dafür brauchte er mehr PS – also investierte Busam in einen zweiten, stärkeren Schlepper: "Mit Hilfe meiner Schlepperfreunde wurde der Motor verbessert." Zu dem Traktor von 1966 kaufte er einen Wohnwagen und startete am 4. Juli mit seinem Hund in Richtung Süden: "Ich wollte mich der Fahrt hingeben und den Weg auf mich einwirken lassen."

"Von Anfang an hatte ich vor, ein Reisetagebuch im Internet zu führen", erzählt Busam. In seinem Blog "Schleppergedoens" ließ er seine Freunde an den täglichen Erlebnissen teilhaben. "Ich bin überrascht, wie viele Leute meinen Blog gelesen haben", wundert sich Busam. Am Anfang schrieb er täglich, doch manchmal hatte er kein Netz oder keine Muße. "Dann kamen Nachfragen, ob etwas passiert sei", freut er sich über die Anteilnahme. Zwischen 70 und 120 Kilometer absolvierte er pro Tag. "Ich wurde überall freundlich empfangen." Mit Händen und Füßen habe er sich verständlich gemacht, denn sowohl mit seinem Französisch als auch Spanisch sei es nicht weit her. "Das würde ich das nächste Mal anders machen", sagt er lachend.

Probleme bekam er erst auf der Rückfahrt: "700 Kilometer von der Ortenau entfernt merkte ich, dass mein Wohnwagen schlapp macht." Er fand eine Werkstatt, drei seiner Schlepperfreunde fuhren mit Ersatzteilen nach Frankreich. "Der Zusammenhalt ist einfach toll", schwärmt Busam. Doch für seinen Wohnwagen gab es keine Hilfe: Die Freunde nahmen seinen Hund im Auto mit und er fuhr auf dem schnellsten Weg mit dem Schlepper nach Oberkirch. Dort wurde er am 23. August begeistert von den Renchtäler Schlepperfreunden empfangen: "Mein Wohnwagen wird noch durch den ADAC gebracht." Die Offenheit der Menschen beeindruckte ihn unterwegs am stärksten. "Wenn Ihr keine Freunde habt, kauft einen Schlepper und fahrt nach Santiago", rät er.

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