Traudel Kern und ihr Umgang mit der Diagnose Hirntumor
Mit Hilfe der Musik auf dem Weg ins Leben

Lässt sich nicht entmutigen: Traudel Kern zuhause in Meißenheim. | Foto: Michael Bode
  • Lässt sich nicht entmutigen: Traudel Kern zuhause in Meißenheim.
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Meißenheim. Als wir das vergangene Mal zusammen saßen, vor rund acht Jahren, redeten wir viel
über ihren Werdegang insbesondere im musikalischen Bereich – wie sie zur
Musik kam, was diese für sie bedeutet, auch über ihren Beruf als
Diplom-Religionspädagogin. Die Musik, soviel wurde klar, spielte im
Leben von Traudel Kern, die seit vielen Jahren mit ihrem Mann in
Meißenheim lebt, schon früh eine wichtige Rolle. Die gebürtige Pfälzerin
lernte Flöte, Gitarre und Klavier, wirkte bei schulischen
Musikprojekten mit, gewann Preise bei Gesangswettbewerben, schrieb erste
eigene Songs und erreichte damit beispielsweise die Endrunde der damals
sehr populären SWF-Nachwuchssendung „Talentschuppen“. Es folgten
zahlreiche Preise für die Mundart-Musikerin, und der Kalender mit
Auftrittsterminen war dicht gefüllt.

Jenes Gespräch fand nicht zuletzt vor dem Hintergrund statt, dass Traudel Kern 2008 ihre zweite CD „Vorne O un hinne Ach“ veröffentlichte. Optimistisch blickte sie in die
Zukunft, und das hat sich in ihrer Seele auch nicht geändert – auch
wenn Traudel Kern seit 2010 mit einer Diagnose leben muss, die für
Betroffene den Tod bedeuten kann: bösartiger Hirntumor.

Es begann mit einem Kribbeln im linken Oberarm, erinnert sich Traudel Kern.
Nichts Schlimmes, dachte sie. Doch als das Kribbeln andauerte, wollte
sie das „klären lassen“ – am 6. Dezember 2010, als sie und ihr Mann
eigentlich ihren „Kennenlern-Tag“ feiern wollten, und die Hausärztin
feststellte, dass die Ursache ein Tumor sein könnte, was bei einer
weiteren Untersuchung bestätigt wurde. „Ich war fassungslos und
schockiert, ich dachte: Es ist vorbei“, schildert Traudel Kern ihre
erste Reaktion.

Der Tumor wurde herausoperiert. Bestrahlungen der verbliebenen Bereiche, um eine Ausbreitung der Metastasen zu verhindern, sowie eine Reha folgten. Traudel Kern weiß inzwischen, dass
es je nach Art des Tumors Chancen auf ein Weiterleben gibt oder ein
schneller Tod unausweichlich ist. Sie hatte Glück: Alle vier Monate gibt
es eine Kontrolle, bisher immer mit einem für sie positiven Resultat.

Doch was geschah im Zusammenhang mit dieser Erkrankung in ihrem Leben und
mit ihrer Musik? Nach der Operation und Bestrahlung war Traudel Kern
halbseitig gelähmt, konnte nicht mehr Gitarre spielen. Ihre berufliche
Tätigkeit als Lehrerin an den Beruflichen Schulen in Lahr musste die
heute 62-Jährige ebenso aufgeben wie als Personalrätin für angestellte
Berufsschullehrer beim Kultusministerium.

Mit Blick auf die Musik kam neben der Tatsache, dass sie keine Gitarre mehr spielen
konnte, die Angst, sich keine Texte mehr merken zu können. Doch es kamen
Unterstützung und mit ihr die innere Motivation, weiter zu machen.
Unterstützung vor allem von ihrem Mann, der, im Alter von 28 Jahren an
Darmkrebs erkrankte, selbst ähnliche Tiefen wie jetzt seine Frau
durchlebt hatte. Schließlich die Erkenntnis: „Wenn ich jetzt aufgebe,
wäre das ein weiterer Schritt zum Sterben.“ Neben positiven
Rückmeldungen aus dem Bekannten- und Freundeskreis erfuhr Sie auch von
einem Therapeuten Unterstützung. Sein Rat: „Wenn Sie sich nicht
übernehmen, kann Musik zur Gesundung beitragen.“

Und es ging voran. Da ihr Gitarrenspiel noch nicht auftrittstauglich war, suchte
sich Traudel Kern musikalische Begleiter: für Auftritte in Nord- oder
Südbaden jeweils einen Gitarristen, in der Pfalz begleitete sie ihre
Schwester Martina mit dem Piano. Und es gab wieder erfolgreiche
Auftritte. Im vergangenen Jahr war Traudel Kern sogar Gast in der
SWR-Fernsehsendung „Kaffee oder Tee“ und am kommenden Dienstag, 25.
Oktober, tritt sie wieder im  SWR-Fernsehen auf: In der Sendung „Freunde
in der Mäulesmühle“ von 22.30 bis 23 Uhr wird die Aufzeichnung eines
Auftritts im Februar ausgestrahlt.

„Das kreative Schaffen und die Musik halfen mir auf dem Weg ins Leben“, sagt Traudel Kern, die
inmitten dieser guten Phase Anfang dieses Jahres zwei Hörstürze erlitt.
Ihre Hörfähigkeit ist seither sehr beeinträchtigt. Doch sie lässt sich
auch dadurch nicht entmutigen. „Erneut muss ich mich berappeln und
Kräfte sammeln, um weiterhin Musik machen zu können“, sagt Traudel Kern.
Und sie wird weiter versuchen, „im Hier zu leben und nicht so sehr in
die Zukunft zu denken“.

Autor: Norbert Rößler

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