Qualitätsprüfung
Seniorenheime über die Neuausrichtung des Pflege-TÜV

Für die Bewertung der Pflege und Betreuung in Seniorenheimen gelten jetzt neue Maßstäbe.  | Foto: Symbolfoto: AOK
  • Für die Bewertung der Pflege und Betreuung in Seniorenheimen gelten jetzt neue Maßstäbe.
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Ortenau (nb). Oberschenkelhalsbruch, Klinikaufenthalt, Reha – und dann ist nichts mehr wie vorher im Leben von Frau H. Nach einem Treppensturz steht der zügige Umzug in ein Pflegeheim im Raum. Doch welche Einrichtung ist die richtige und wo können sich Senioren informieren?

Noch erhalten Pflegebedürftige und ihre Angehörigen über die Krankenkassen die Gesamtnote eines Heims. Angelehnt an die Schulnoten beträgt die bundesweite Durchschnittsnote 1,2. „Das alte System ist überholt“, findet Dirk Döbele, Geschäftsführer des Vinzentiushauses in Offenburg. Dort wurde bereits mit der Umsetzung der „indikatorengestützten Qualitätsprüfung“ begonnen, auch Pflege-TÜV genannt. Bis Ende 2020 sollen alle Pflegeheime mit dem neuen Verfahren beurteilt worden sein, so dass ein konkreter Vergleich zwischen Einrichtungen möglich werde.

Im Mittelpunkt des neuen Verfahrens stehe die so genannte Ergebnisqualität der Pflege. Das Pflegeheim erfasse selbständig, welche Ergebnisse durch die angewendeten Maßnahmen konkret bei den Bewohnern erzielt worden seien. Indikatoren seien etwa der Erhalt der Mobilität oder die Prophylaxe von Druckgeschwüren. Um die Richtigkeit der dokumentierten Ergebnisse festzustellen, würden externe Prüfungen vorgenommen, wie bisher durch den medizinischen Prüfdienst der Krankenkasse.

„Früher brach in einem Pflegeheim oft ein wenig Unruhe aus, wenn die Prüfer unangekündigt kamen“, weiß Dirk Döbele. „Künftig kommen sie angemeldet. Diese Neuerung begrüßen wir, auch die Tatsache, dass ein Fachgespräch mit den Pflegekräften gesucht wird. Wir bekommen also eine aktive Rolle der Mitgestaltung und können eigene Akzente setzen, das ist ein sehr großer Fortschritt.“ Daraus und aus Gesprächen mit Bewohnern und Beobachtungen vor Ort ergebe sich eine Gesamt-Beurteilung. Diese solle mit Kästchen- und Punkte-Symbolen übersichtlich dargestellt werden. „Dabei mag zwar optisch ein schneller Gesamteindruck über ein Heim entstehen, aber ob die Menschen, die mit ihren Angehörigen nach einem Heimplatz suchen, damit gut bedient sind“, bezweifelt Silke Boschert vom Vorstand des Paul-Gerhardt-Werks in Offenburg. „Wenn es schnell gehen muss, sind eher die Höhe der Heimkosten, die Entfernung zum früheren Wohnort oder die schnelle Verfügbarkeit wichtig.“

In der Kritik steht der steigende Verwaltungsaufwand, den das neue Dokumentationssystem mit sich bringe. Aufwändige Schulungen des Personals im Vorfeld, erweiterte Dokumentation mit Befragung von Bewohnern und Angehörigen seien kein Balsam in Zeiten des Pflegenotstands. Dirk Döbele spricht trotzdem von erleichterter Durchführung, da die Organisation vorgegeben und standardisiert sei und EDV-gestützt erfolge. Große Häuser seien jedoch im Vorteil, da sie meist über eigene Qualitäts-Management-Beauftragte verfügten. Auch Silke Boschert ist der Ansicht, das neue System sei besser. Sie blicke gespannt auf die erste Erhebung. „Neuerungen sind immer gut und zur Zeit passiert ganz viel in der Pflege. Ob der neue Pflege-TÜV zur Zufriedenheit aller ausfällt, steht und fällt auch mit den Menschen, die eingeben und prüfen.“

Veröffentlicht werden die Bewertungen wie bisher auf den Seiten der Krankenkassen. Frank Kölble, Leiter der Kommunikation der AOK Südlicher Oberrhein, weist auf den bereits sehr übersichtlich gestalteten Pflege-Navigator hin, der dem Pflege-TÜV entsprechend ergänzt werde. Kölble gibt zu bedenken, dass die Praxistauglichkeit abzuwarten bleibe. Schließlich „geht es um wichtige Informationen, die den Menschen zustehen, die die Pflegeunternehmer in die Pflicht nimmt, für Pflege- und damit für Lebensqualität Sorge zu tragen.“

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