Gefürchteter Herbstblues
Wenn das Wetter auf die Stimmung schlägt

Wenn die Tage dunkler werden, leidet oft auch die Seele | Foto: T. Fey

Ortenau (tf). Plötzlich ist sie da – die Jahreszeit der Melancholie. Die Tage sind kürzer und dunkler, Regen fällt, Nebel steigt auf. Bei manchen Menschen kann aus dieser herbstlichen Melancholie allerdings ein Herbstblues oder eine Winterdepression werden.

Phänomen schon in der Antike

"Der Herbstblues ist kein neues Phänomen, sondern wurde bereits in der Antike von Hippokrates beschrieben", führt Steffen Häffner, Mediclin-Chefarzt Psychosomatik, aus. Der Herbstblues äußert sich meist durch ständige Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Antriebslosigkeit und oft auch mit gesteigertem Appetit und kann als eine vorübergehende missmutige und lustlose Stimmungslage bezeichnet werden. Hinter dem erhöhten Schlafbedarf steckt wohl das fehlende Tageslicht im Herbst. "Das fehlende Licht beeinflusst beziehungsweise fördert die Melatoninbildung. Melatonin ist ein Schlafhormon", erklärt Henriette von Uckro, Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie am Ortenau Klinikum Offenburg-Kehl.

Gerade nach der Zeitumstellung falle es manchen Menschen schwer, ihren Schlafrhythmus anzupassen und einzuhalten. Doch guter Schlaf ist wichtig – gerade im Herbst und Winter. Letztlich ist die Ursache für den Herbstblues aber ungeklärt. "Die Zusammenhänge und Entstehungsmechanismen sind komplex, da auch die genetische Veranlagung und hormonelle Faktoren eines Menschen eine Rolle spielen können", so von Uckro.

Bewegung an frischer Luft

Die beste Hilfe gegen den Herbstblues sei Bewegung an der frischen Luft – auch, wenn man sich dafür erst einmal aufraffen müsse. "Besonders an sonnigen Tagen, vor allem vormittags, raus an die frische Luft, Sport treiben und jede Gelegenheit zur Bewegung in der Natur nutzen, zur Stärkung der Abwehrkräfte beispielsweise schwimmen oder in die Sauna gehen", rät Häffner. Auch das Pflegen sozialer Kontakte hilft über eine triste Stimmungsphase hinweg. Dabei seien auch Hautkontakt und Berührungen wichtig, da die Rezeptoren in der Haut bei einer sanften, langsamen und als positiv bewerteten Berührung bestimmte Signale ans Gehirn schicken – was zu einer Ausschüttung des Glückshormons Oxytocin führe.

Gesunde Ernährung

"Genauso sollte man auf eine gesunde Ernährung achten und regelmäßig ausreichend schlafen," rät Henriette von Uckro. Viel frisches Obst und Gemüse stärken die körpereigenen Abwehrkräfte und sorgen für zusätzliche Energie. Vollkornprodukte, Bananen, Hülsenfrüchte und Nüsse enthalten zudem viel Magnesium und sind daher Balsam für die Nerven. Auch Ingwer, frisch oder als Tee, regt durch seine Schärfe den Kreislauf an. Für einen besseren Start in den Tag können auch sogenannte Wechselduschen beitragen. Zudem könne eine Lichttherapie hilfreich sein, wie Steffen Häffner erläutert: "Man setzt sich am frühen Morgen im Abstand von etwa einem Meter für zehn bis 15 Minuten vor eine Tageslichtlampe. Dabei ist auf eine hohe Lichtstärke von 2.500 bis 10.000 Lux zu achten." Denn Licht sorgt für die Produktion des stimmungsaufhellenden Serotonins. Auch anregende oder entspannende Musik, Düfte wie Orange oder Zitrone oder stimmungsaufhellende und -stabilisierende Farben wie strahlendes Gelb, leuchtendes Orange oder anregendes Blau helfen gegen die triste Stimmung.

Aus einem leichten Herbstblues könne allerdings auch eine echte Winterdepression entstehen. "Wenn die Beschwerden über längere Zeiträume anhalten, die Lebensqualität dadurch nachhaltig beeinträchtigt wird und aufgrund der Symptome der normale Alltag nicht mehr bewältigt werden kann, sollte der Hausarzt hinzugezogen werden", rät von Uckro.

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