Die Glosse im Guller
Betrogen um einen Feiertag?

Wie blöd ist das denn: Der 1. Mai fällt heute ausgerechnet auf einen Sonntag. Da arbeiten die meisten doch sowieso nicht. Schade um den zusätzlichen freien Tag, den wir für einen Ausflug, Besuch von Festen und Gaststätten oder vielleicht auch nur zum faulen Rumlümmeln auf dem heimischen Sofa nutzen könnten.

Maikundgebung

Den haben wir uns verdient. Okay, ich jetzt nicht so. Ich bin nur eine Nutznießerin der harten Kämpfe unserer Vorfahren. Genauer gesagt war es die Arbeiterklasse. Wie ein Mann standen die Arbeiter damals bei Massenstreiks immer am 1. Mai vor den Fabriktoren, selbst die Frauen. Nicht zu vergessen die Diversen, die damals noch gezwungen waren, sich zu entscheiden, ob sie Männlein oder Weiblein sind. Ja, auch Letzteres wurde in den vergangenen Jahren von dem einen oder anderen Gewerkschafter bei Mai-Kundgebungen in Deutschland schon thematisiert.

Internationaler Kampftag

So wurde mir jedenfalls von anderen berichtet. Denn ich selbst war, ehrlich gesagt, bereits lange nicht mehr auf einer solchen Veranstaltung und dann eigentlich auch nur zur Berichterstattung. Journalisten schaffen nämlich auch am Tag der Arbeit. Jedenfalls kenne ich den Hintergrund des Mai-Feiertags als internationaler Kampftag der Arbeiterbewegung. Das kann keineswegs jeder von sich behaupten.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann

Wissensdefizite haben einige übrigens auch in Bezug auf kirchliche und andere Festtage. Ist Jesus am 25. Dezember gekreuzigt worden oder war es Buddah am Pfingstmontag? Und wurde der 3. Oktober zum Tag der Einheit erklärt, weil da Marie Strack und Agnes Zimmermann zur FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann verschmolzen? Vielleicht haben auch die Allianz und die Dresdner Bank fusioniert.

Linke und Grüne

Das alles scheint inzwischen immer mehr Menschen völlig egal zu sein. Hauptsache sie müssen nicht arbeiten gehen. Fällt der Feiertag dann auf einen Sonntag, fühlen sie sich regelrecht betrogen. Dafür haben einige Vertreter der Grünen und Linken Verständnis. So wurde von dieser Seite gerade wieder einmal offiziell gefordert: Wenn Feiertage auf einen Sonntag fallen, soll es einen freien Montag geben. Aber warum ausgerechnet der Montag? Wäre es für die Leute nicht noch viel angenehmer, wir wandeln Pfingsten, Weihnachten und Co. gleich in individuell einsetzbare Urlaubstage um?

Wo bleibt die Wertschätzung?

Wären Feiertage lebendige Personen, hätten sie mein absolutes Mitleid. Wo bleibt denn da noch die Wertschätzung? Deshalb mein Gegenvorschlag: Es bekommt nur noch derjenige frei, der den Feiertag entsprechend seinem eigentlichen Sinn tatsächlich feiert. Wetten, die Kirchen würden Christi Himmelfahrt aus allen Nähten platzen. Und weil der 1. Mai nächstes Jahr auf einen Montag fällt, würde man mich sogar privat auf einer Gewerkschaftskundgebung treffen.
Anne-Marie Glaser

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