Eine Frage, Frau Blum
Bürokratie ist beim Entsendegesetz ein Hemmnis

Stefanie Blum | Foto: IHK

Schicken deutsche Unternehmen ihre Mitarbeiter etwa für Dienstleistungen oder zum Kundenbesuch nach Frankreich, müssen sie Meldepflichten und umfangreiche arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Formalitäten beachten. Mit Stefanie Blum, stellvertretende Leiterin International bei der IHK Südlicher Oberrhein, sprach Rembert Graf Kerssenbrock über Kritikpunkte der Firmen, die sie bei einer Befragung nannten.

Dann greift das Entsendegesetz

Wann greift das französische Entsendegesetz?
Eine Arbeitnehmerentsendung liegt grundsätzlich vor, wenn ein Arbeitnehmer auf Weisung des deutschen Arbeitgebers vorübergehend eine Beschäftigung in Frankreich ausübt. Dabei muss die Dauer der Beschäftigung in Frankreich von vornherein bestimmt sein. Bei Arbeitseinsätzen, für die kein Auftrag zur Erbringung einer Dienstleistung durch einen Dienstleistungsempfänger vorliegt – wie beispielsweise bei Messebesuchen, Warenabholungen und -lieferungen – müssen die Entsendeunternehmen keine Vorabmeldungen abgeben und auch keinen Vertreter benennen.

Was sind die zentralen Kritikpunkte deutscher Unternehmen am französischen Entsendegesetz?
Als die größten Herausforderungen bei den Entsende-Formalitäten nennen die Unternehmen die Übersetzung deutscher Dokumente wie medizinische Atteste, Lohn- und Stundenzettel oder Arbeitsverträge ins Französische sowie die Benennung eines französischsprachigen Vertreters. Auch die Weitergabe von datenschutzrelevanten Informationen an Dritte bei der Entsendung sehen viele kritisch.

Macht es Deutschland französischen Firmen auch so schwer, diesseits des Rheins aktiv zu sein?
In Deutschland ist in Branchen mit erfahrungsgemäß hohen Schwarzarbeitsquoten eine Meldepflicht für ausländische Arbeitnehmer vorgesehen. Bei einer Entsendung in diesen Branchen hat der Arbeitgeber mit Sitz in Frankreich seinen zu Werk- oder Dienstleistungen entsandten Arbeitnehmer online beim Zoll über das „Meldeportal-Mindestlohn“ anzumelden. Die Anmeldung muss schriftlich und in deutscher Sprache erfolgen. Ihr ist eine Versicherung über die Einhaltung des Mindestlohngesetzes beizufügen. In Frankreich gilt die Meldepflicht für alle Branchen.

Welche Änderung wünschen sich deutsche Unternehmen am stärksten?
Es herrscht Einigkeit bei den Befragten, welche Änderungen am stärksten entlasten würden: Knapp 90 Prozent wünschen sich, dass die Meldepflicht bei kurzzeitigen Einsätzen entfällt. Rund 70 Prozent sprechen sich für den Wegfall der Meldepflicht bei kurzfristigen Einsätzen wie unerwarteten Reparaturen aus.

Welche Schlüsse ziehen Unternehmen aus der derzeitigen Regelung?
30 Prozent der Befragten teilen mit, dass sie ihre Frankreich-Geschäfte reduzieren werden, zehn Prozent denken gar über eine Einstellung nach. Dies sind vor allem Unternehmen, die nur wenige Entsendungen pro Jahr durchführen.

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