Brigitte Hahn heiratete in eine Schausteller-Dynastie ein
„Ich bin einfach in mein Leben reingewachsen"

Ans Aufhören denkt sie noch lange nicht: Seit ihrer Heirat liebt Brigitte Hahn nicht nur Ehemann Theo, sondern auch ihr abwechslungsreiches Schausteller-Leben  | Foto: Michael Bode
  • Ans Aufhören denkt sie noch lange nicht: Seit ihrer Heirat liebt Brigitte Hahn nicht nur Ehemann Theo, sondern auch ihr abwechslungsreiches Schausteller-Leben
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Kehl. Sie wirkt energiegeladen und kein bisschen müde, obwohl der Aufbau des Kehler Ostermarkts in vollem Gange ist – und sie Ansprechpartnerin für jeden und alles. Schließlich liegt die komplette Organisation in Händen der Schausteller-Dynastie Hahn. Und das seit 1953 – „Ich bin so alt wie der Ostermarkt, 66 Jahre“, erzählt Brigitte Hahn lachend, ein bisschen so, als sei sie selbst erstaunt.

Erstaunt auch darüber, wie schnell die Zeit vergangen ist, seit sie 1971 in die Schaustellerfamilie eingeheiratet hat. „Mein Mann Theo und ich kommen beide aus Schwanau, lernten uns aber erst 1969 kennen.“ Damals ging sie aufs Gymnasium, wollte studieren und Mathematiklehrerin werden – bis Theo dazwischen funkte. Theo Hahn stammt aus einer traditionellen Schaustellerfamilie.

Dass nun „so ein Mädchen vom Gymnasium“ die Geschäfte mit dem Sohn in vierter Generation leiten sollte, sahen die Schwiegereltern anfangs eher skeptisch. Die eigenen Eltern hingegen seien weniger geschockt gewesen als befürchtet, war doch die Familie Hahn sehr angesehen. Ob sie sich selbst bewusst war, dass sie ab sofort ein völlig anderes Leben führen würde, ein Leben als Zugvogel, immer unterwegs, mit einem Wohnwagen als Zuhause? „Ich war verliebt, ich war jung, da empfindet man das alles nicht als so krass. Und außerdem macht man sich nicht so viele Gedanken“.

Zum Beispiel Gedanken darüber, dass sie mit ihrem Mann ab sofort neun Monate im Jahr unterwegs sein würde, von März bis Ende November. Bis 1992, bis zur Geschäftsübergabe, zogen sie mit den Schwiegereltern von Fest zu Fest, von Markt zu Markt, von Platz zu Platz. Karusselle, Autoscooter, Süßigkeiten-Stände aufbauen, wieder abbauen. Ein harter Job, der keinen Acht-Stunden-Tag kennt: „Ich habe das Büro gemacht, für die Familie und die Mitarbeiter gekocht, und wenn Not am Mann war, habe ich auch beim Abbauen geholfen“.

Von Ort zu Ort ziehen und doch zu Hause sein

Ihr Einsatz wurde nicht geringer, als 1981 Tochter Sarah zur Welt kommt und 1985 die Zwillinge Sascha und Thomas geboren werden. Aber: Brigitte besteht darauf, dass die Kinder nicht in die klassische Schausteller-Karriere einsteigen – von Schule zu Schule ziehen –, sondern die Möglichkeit haben, vor Ort die Schulbank zu drücken. „Meine Tochter Sarah wohnte während der Unterrichtszeit bei meinen Eltern, am Wochenende und in den Ferien war sie immer bei uns“, erzählt Brigitte. „Richtig stressig wurde es dann mit Sascha und Thomas. Die habe ich täglich in die Schule gefahren, egal, wo wir gerade waren.“ Aufreibend, aber machbar, weil die Hahns nicht durch ganz Deutschland reisten, sondern bis heute nur im mittelbadischen Raum unterwegs sind. „Die Schwiegereltern waren manchmal sauer, die Kinder haben gemeckert, doch ich habe mich durchgesetzt“, sagt sie mit Stolz.

Das Ergebnis spricht für sich: Tochter Sarah hat studiert und arbeitet bei der Messe Offenburg, Sascha ist Schreiner, Thomas Kaufmann – und beide Söhne sind im Schaustellergewerbe. Hahn-Tradition in fünfter Generation – „Aber sie haben mit ihrer Ausbildung eine Alternative zum harten Job des Schaustellers“, ist Brigitte Hahn heute beruhigt.

Was für „das Mädchen vom Gymnasium“ das Schönste am Schausteller-Dasein ist? Die Antwort kommt prompt: Es sei die ganz eigene Mentalität dieses Lebens. An immer wieder anderen und doch denselben Orten sein, und genau deshalb das Gefühl haben, heimzukehren. „Seit 1971 kommen wir zum Beispiel jedes Jahr nach Kehl, zum Ostermarkt und zum Messdi. Wir sind auf der Chrysanthema in Lahr, auf dem Gengenbacher Martinimarkt, auf dem Katharinenmarkt in Seelbach. Dadurch sind über die Jahrzehnte wertvolle Bekanntschaften entstanden“, erklärt Brigitte Hahn. Das wolle sie nicht missen. Ebenso wenig wie die Märkte selbst.

Mit Kehl fühle sie sich als Veranstalter des Ostermarkts besonders verbunden. Viel Arbeit, aber auch viel Freude. Ein Rentendasein in ihrem Haus in Schwanau kann sie sich nicht vorstellen – selbst wenn die inzwischen dreifache Oma genug in Haus und Garten zu tun hätte: „Das ist nicht so meins." Doch wer weiß, was kommt: Brigitte Hahn jedenfalls bleibt gelassen, denn sie weiß: „Es ist wie es ist, und es war gut so“.

Gabriele Ritter

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