Ende von Seelbach-TV in Sicht
Gemeinderat entscheidet am 13. November

Seelbach TV: Übertragung aus dem Gemeinderat | Foto: Gemeinde Seelbach
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Seelbach (st). In der nächsten Sitzung des Seelbacher Gemeinderats soll über die Beendigung von Seelbach TV abgestimmt werden. Ein entsprechender Punkt steht auf der Tagesordnung der Sitzung am 13. November.

"Aus Sicht der Verwaltung war Seelbach TV über die Jahre grundsätzlich ein gutes und spannendes Projekt, welches nun aber aufgrund der derzeit vorliegenden Begleitumständen nicht mehr weiter verfolgt werden sollte", so Bürgermeister Schäfer zur Begründung für die geplante Beendigung. "Ich danke den Projektpartnern Hochschule Kehl, unserem Geroldsecker Bildungszentrum Seelbach, dem ,team mcs', meinen Mitarbeitern aber auch insbesondere Professor Martens für ihr Engagement im Projekt. Wir konnten mit Seelbach TV eine alternative Möglichkeit der Bürgerinformation zeigen, Schüler an Kommunalpolitik heranführen und gleichzeitig Medienkompetenz bei den Schülern vermitteln. Wir waren auf diesem Feld landesweit ganz vorne. Jetzt ist aber der Zeitpunkt für ein Ende gekommen.“

Folgende Gründe für ein Ende des Projekts werden insbesondere in Feld geführt:

•Durch den datenschutzrechtlich durch den damaligen Landesdatenschutzbeauftragten verlangten Verzicht auf die Übertragung der Bürgerfragestunde und aller Bauangelegenheiten sowie das Archiv ist seit 2015 eine massive Nutzungs- und Qualitätseinschränkung für die Nutzer eingetreten, die aufgrund des Datenschutzes auch weiter so bestehen bleiben wird.
•Im Durchschnitt sahen sich 2016 und 2017 Seelbach TV in seiner neuen Form nur noch zwischen 0 und 5 Personen pro Sitzung an, und dabei auch nicht die ganze Sitzung, sondern wenn nur ausschnittsweise, teilweise minutenweise.
•Es wird für das Geroldsecker Bildungszentrum Seelbach immer schwieriger, Schüler für diese Aufgabe zu finden und auch die Heimfahrt nach den Sitzungen zu organisieren, zumal die Sitzungsdauer nur bedingt vorhersehbar ist.
•Es wäre künftig unbedingt nötig, die technische Ausstattung sowie die Übertragungsgeschwindigkeit deutlich zu erhöhen beziehungsweise zu verbessern, um eine nutzerfreundlichere Plattform zu bieten. Darüber sind sich alle Projektpartner einig. Diese größeren Investitionen stehen an, sind aber nicht so einfach umsetzbar.
•Die erhoffte Änderung der Gemeindeordnung zur Erlangung von Rechtssicherheit wurde vom Landesgesetzgeber nicht umgesetzt. Auch die kommunalen Spitzenverbände haben das Thema "Übertragung von Gemeinderatssitzungen" nicht mehr konsequent weiterverfolgt, wohl auch, weil sich keine kritische Öffentlichkeit fand, die solche Übertragungen forderte, unterstützte oder nachfragte.
•Große Städte, etwa Heidelberg, haben ähnliche Projekte auch aufgrund der hohen datenschutzrechtlichen Hürden und dem großen Aufwand nicht mehr weiterverfolgt.
•Seelbach führt ab 2018 ein Ratsinformationssystem ein, welches ebenfalls zum Ziel hat, Bürger noch besser über die Ratsarbeit zu informieren und Recherchen zulässt. Diese Art ist explizit auch in der Gemeindeordnung aufgenommen worden. Man würde in Seelbach in Teilen eine Doppelstruktur schaffen, welche Zeitkapazitäten in der Verwaltung stärker bindet.

Kay-Uwe Martens, Professor an der Hochschule Kehl und Initiator des Projekts dazu: "Natürlich bin ich traurig und auch enttäuscht, dass Seelbach TV jetzt wohl eingestellt wird. Ich kann die Argumentation der Gemeinde nach Gesprächen aber auch nachvollziehen. In der Rückschau bin aber auch stolz, dass eine kleine Gemeinde wie Seelbach gemeinsam mit mir, der Hochschule sowie der Seelbacher Schule 13 Jahre gezeigt hat, dass es vielfältige Wege einer Partizipation von Bürgern und am kommunalen Willensbildungsprozess gibt. Ich hätte mir aus der Politik und den kommunalen Spitzenverbänden schon mehr Interesse und Unterstützung für das Projekt gewünscht, insbesondere nachdem der frühere Landesdatenschutzbeauftragte die Hürden so hoch gelegt hat."

Im Jahr 2004 hat die Gemeinde Seelbach unter dem Namen Seelbach TV damit begonnen, die Gemeinderatssitzungen in das Internet zu übertragen. Dies war und ist ein Projekt der Hochschule Kehl, der Realschule Seelbach, des "team mcs" sowie der Gemeinde Seelbach. Damit gab es in Baden-Württemberg nur zwei Kommunen, die derartige Sitzungsübertragungen machten, nämlich die Große Kreisstadt Konstanz und die Gemeinde Seelbach. Auch andere Kommunen interessierten sich für das Projekt. Im Jahr 2011 hat der damalige Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) dann Seelbach TV aufgegriffen und seine datenschutzrechtlichen Bedenken detailliert geäußert. Somit musste Seelbach TV 2011 leider eingestellt werden. Im Anschluss an die Abschaltung fanden Gespräche im Staatsministerium, mit den Projektpartnern, der kommunalen Spitzenverbände mit dem LfD statt, um die Rechtslage für Baden-Württemberg zu klären. Ziel war es, dass die Übertragung von Gemeinderatssitzungen bei der Überarbeitung der Gemeindeordnung aufgegriffen und geregelt wird. Dies ist leider nicht geschehen. Parallel wurde von Gemeinde und Hochschule gemeinsam mit dem LfD überlegt, wie eine datenschutzrechtlich tragbare Übertragung ausgestaltet werden kann. In enger Abstimmung mit dem LfD wurde ein Datenschutzkonzept aufgestellt. Dazu gehörten zum Beispiel die Installation einer Software, damit die Sitzungen mit Zeitverzögerungen in das Internet gestellt werden sowie der Verzicht auf die Übertragung der Bürgerfragestunde und aller Bauangelegenheiten. Ab Januar 2015 konnte dann Seelbach TV wieder unter den neuen Rahmenbedingungen starten, zunächst im Probebetrieb, anschließend im normalen Betrieb.

Auch das Bildungszentrum bedauert diese Entwicklung. "Nicht wenigen Schülern konnte durch Seelbach TV in den vergangenen Jahren kommunale Politik direkt erfahrbar gemacht und im Unterricht aufgegriffen werden." So äußert sich Daniel Janka, der in der Doppelrolle als Gemeinderat und Rektor des Geroldsecker Bildungszentrums Seelbach das Ende von Seelbach TV sehr bedauert. "Seelbach TV wird also voraussichtlich leider am 13. November zum letzten Mal senden, sollten die Gemeinderäte einen entsprechenden Beschluss fassen", so Hauptamtsleiter Pascal Weber, der das Projekt seit 2008 im Rathaus betreute.

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