Nordrach, das badische Davos
Mekka für Tuberkulosekranke

Rothschild-Sanatorium | Foto: Thekla Fey

Nordrach-Kolonie (tf). Bereits im 19. Jahrhundert war das abseits liegende, vor Wind geschützte und nebelarme Nordrach ein Mekka für Tuberkulosekranke, die sich die weite Reise in die Schweiz nicht leisten konnten oder wollten. Heute zeugt davon noch das imposante Rothschild-Sanatorium.
Begonnen hatte alles damit, dass der Arzt Otto Walther zusammen mit seiner Frau Hope in den Schwarzwald zog, denn diese war an Tuberkulose erkrankt und erhoffte sich dort Linderung ihrer Krankheitssymptome. Das Paar begann ein geeignetes Gelände für eine Tuberkulose-Heilstätte zu suchen. Im Nordrach wurde es fündig und kaufte zahlreiche Gebäude einer leerstehenden Fabrik im Ortsteil Kolonie. Dort eröffneten Otto und Hope Walther um 1890 ihre Heilstätte.

Moderne Therapie

Die moderne Therapie basierte auf drei Prinzipien: gute Unterkunft, gutes Essen und viel körperliche Bewegung an der frischen Luft. Der Arzt war strikter Gegner der damals üblichen Liegekuren, welche seiner Meinung nach den Kranken eher schadeten. Er schlug stattdessen moderates Wandern und andere Aktivitäten im Freien vor, wozu die Nordracher Umgebung besonders geeignet war.

Neben mittellosen Menschen, die kostenfrei behandelt wurden, kamen Persönlichkeiten aus ganz Europa in die Klinik im badischen Davos. Bis 1908 leitete Otto Walther die Klinik, dann verkaufte er sie an die Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden, in deren Besitz sie noch heute ist. Der Andrang der Kranken war von Anfang an so groß, dass diese teilweise auch in Privathäusern zur Miete wohnten. Seit 1912 holte eine Omnibuslinie, die bis 1920 mit Pferden betrieben wurde, die Patientinnen vom Bahnhof ab.

Baronin Adelheid de Rothschild

1903 gründete Baronin Adelheid de Rothschild die Rothschild-Stiftung und verfügte, dass in Nordrach eine Lungenheilanstalt für jüdische Mädchen und Frauen gebaut werden soll. Dafür stiftete sie zwei Millionen Reichsmark. 1942 jedoch wurde das Haus von der NS geräumt. Erst 1952 konnte das Sanatorium wieder eröffnet werden, musste jedoch 1969 als Lungenheilanstalt schließen. Es diente anschließend noch einige Jahre als Psychiatrie und heute ist das ehemalige Rothschild-Sanatorium ein Pflegeheim.

Seit 1976 wurde in Nordrach kein Lungenkranker mehr behandelt. Doch auch heute liegt der Ort immer noch so windgeschützt, ist nebelfrei und sonnendurchflutet, wie es für Otto und Hope Walther ausschlaggebend war und ist deshalb auch immer einen Ausflug wert.

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