ZDF-Dreh in der Illenau: Zeitzeugen berichten

Maria Früh während des Interviews mit dem ZDF-Regisseur Andrzej Klamt. | Foto: Tom Rumpf
  • Maria Früh während des Interviews mit dem ZDF-Regisseur Andrzej Klamt.
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Achern. „Bitte nicht stören! ZDF-Aufnahmen“. Dieser Zettel verwehrte am Mittwochnachmittag freien Zugang in die Cafeteria der Villa Antika. Ein ZDF-Team hatte die Räume
in ein Filmstudio verwandelt – für einen Beitrag über Anne Frank in der
Reihe ZDF-History, der im März 2015 ausgestrahlt wird. Die Dokumentation
soll um andere Schicksale von Kindern und Jugendlichen im Zweiten
Weltkrieg ergänzt werden.

Und hier kommt Achern ins Spiel: In die Illenau waren 1942 insgesamt fast 60 Mädchen aus Polen verschleppt worden, um „eingedeutscht“ zu werden. Sie entsprachen von ihrem Aussehen
her den nationalsozialistischen Rassemerkmalen. Gut ging es ihnen hier
nicht. Alle Kinder hatten furchtbares Heimweh. Sie wurden ihrer Heimat,
ihrer Sprache, ihrer Tradition, ihrer Familie entrissen. Ab dem Frühjahr
1943 wurden einige Mädchen an Familien in der Gegend vermittelt –
manche als Arbeitskräfte eingesetzt, andere herzlich wie ein
Familienmitglied aufgenommen.

Der ZDF-Regisseur Andrzej Klamt hat eine knappe Woche zuvor Stadtarchivarin Andrea Rumpf um ihre Mithilfe gebeten, da neben Originalschauplätzen in der Illenau und
Archivmaterial auch Zeitzeugen vor Ort gefilmt werden sollten. So suchte
Andrea Rumpf die Oberacherner Familie Huber, zu der 1943 die
achtjährige Halina Buckowiecka kam und wie ein eigenes Kind behandelt wurde.

Halina schwärmt noch heute von der Zeit in Oberachern und der herzlichen Aufnahme in die Familie. Maria Früh, geborene Huber, war
damals 14 Jahre alt, als die kleine Halina, die von den Deutschen in
Helene umbenannt worden war, zu ihnen kam. Ihr Vater, Joseph Früh, war
Straßenwart der Illenau und hat eines Tages mitbekommen, dass die
polnischen Kinder in Familien vermittelt wurden: „Die können doch nicht
so kleine Kinder in der Illenau lassen. Mutter, wir nehmen eins“,
erinnert sich Maria Früh.

Andrea Rumpf machte das ZDF auch auf die in Achern lebende Helene Lanig aufmerksam, die als Kind am 30. Oktober 1942 von Polen aus nach Achern deportiert worden war. Sie wurde
1943 im Alter von zwölf Jahren aus der Illenau in eine Familie nach
Sasbach vermittelt, die eigentlich eine erwachsene Arbeitskraft zur
Aushilfe gesucht hatte und stattdessen eine Jugendliche erhielt.
Entsprechend hart waren die Zeiten für Helene.

Nach windigen und kalten Außenaufnahmen in der Illenau, vom Bienenbuckel und in Oberachern
bauten der Kamermann Anthony Miller und der Kameraassistent Christian
Baumann ihr „Fernsehstudio“ in der Villa Antika auf. Helene Lanig und
Maria Früh waren nach Vorbereitungsgesprächen mit dem Regisseur Andrzej
Klamt nicht mehr ganz so aufgeregt. Professionell wurden beide mit
Haarbürste und Abdeckpuder für ihren Kameraauftritt vorbereitet. Und
dann hieß es „Kamera läuft! Ton läuft“. Das Gespräch erfolgte einfühlsam
und ruhig und die beiden Seniorinnen gaben ausführlich Auskunft.
Verschmitztes Lächeln begleitete schöne Erinnerungen, aber genauso galt
es, die schwierigen Lebensumstände zu schildern.

Autor: st

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