Der Freundeskreis Kräutergarten Gengenbach ist Hüter über 122 Pflanzenarten
Idylle zwischen Stadtmauer und Benediktinerkloster

Inspiriert von historischen Kräutergärten wie der Reichenau und doch weniger streng | Foto: Foto: djä
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  • Inspiriert von historischen Kräutergärten wie der Reichenau und doch weniger streng
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Gengenbach (djä). In der Ortenau gibt es zahlreiche kunst- und kulturhistorische Stätten. Wer sorgt für die Erhaltung und dafür, dass Besucher diese Schätze besichtigen können? Wir stellen in unserer Serie Stätten in der Ortenau vor, die es ohne das ehrenamtliche Engagement von Bürgern heute nicht gäbe.

"Der Heitere ist Meister seiner Seele" – dieses Zitat von Shakespeare auf einer Tafel im Beet grüßt im Gengenbacher Kräutergarten. Und tatsächlich: Dem Besucher, der über die Kieswege und schmalen Pflastersteige schlendert, der schaut, schnuppert und das allgegenwärtige Plätschern des Brunnens wahrnimmt, dem erschließt sich die heitere Seele des Gärtchens. Besonders im Sommer, wenn alles wächst, blüht und reift, lockt der mediterran anmutende Kräutergarten zu einer kleinen Flucht in eine grüne Oase. So mancher Gartengast findet einen Platz in einer der vier schattigen Lauben, liest oder lässt Stimmung und Natur auf sich wirken.

Der beschauliche Flecken zwischen der alten Stadtmauer und dem Benediktinerkloster sah nicht immer so idyllisch aus. Einst stand ein Teil eines Klostergebäudes darauf und später lag hier der Nutzgarten zur Versorgung des Pfarrhaushalts. 1993 wurde auf dem zirka 750 Quadratmeter großen Gelände ein erster Kräutergarten angelegt, der eher einem Wildgarten ähnelte. Das veranlasste Udo Hildenbrand, den damaligen Pfarrer der Gemeinde, zu einer ungewöhnlichen Aktion. In einer Zeitungsanzeige suchte er nach ehrenamtlichen Helfern, die das Gelände neu gestalten und pflegen sollten, sonst würde er alles betonieren und grün anstreichen lassen. So ganz ernst gemeint war diese Aussage wohl nicht, aber sie gab dem Anliegen genug Gewicht, dass sich ein Gengenbacher Ehepaar meldete und die Organisation für die Neugestaltung des Kräutergartens 2003 in die Hand nahm. Die beiden steckten nicht nur ihre eigene Arbeitszeit in das Projekt, sondern generierten Bürgereinsatz und fanden weitere Unterstützer. Nach einer professionellen, ehrenamtlichen Planung wurden die inneren Wege gepflastert, erste Sitzecken angelegt, Rosen gepflanzt und die Tafeln mit zum Ambiente passenden Sinnsprüchen aufgestellt. Der Freundeskreis Kräutergarten Gengenbach fand zueinander. Heute besteht er aus 14 ehrenamtlichen Mitgliedern. Sie haben Patenschaften übernommen über kleine Parzellen und betreuen diese eigenverantwortlich. Manche kümmern sich um ein kleines Pflanzfeld zwischen den kreuz und quer durch den Garten führenden Pfaden. Andere pflegen eines der großen Vierecke. Jeder arbeitet, wann und wie er will und Zeit erübrigen kann. Zweimal im Jahr trifft man sich bei einem gemeinsamen Essen, um Grundsätzliches zu besprechen, zu planen und Rückschau zu halten.

Die Kräutergartenfreunde haben in den vergangenen 14 Jahren in unzähligen Arbeitsstunden einen harmonischen grünen Raum gestaltet. 122 Pflanzenarten wachsen hier: Kräuter von A bis Z, historische Duftrosen, Lavendel und allerlei Stauden. Dazu gesellen sich Obst- und Ziergehölze. Selbst hergestellte Schilder benennen die Kräuter. Gegen einen kleinen Kostenbeitrag liegen eigenproduzierte Verzeichnisse zum Mitnehmen aus, in denen alle hier wachsenden Heilpflanzen mit ihrer Wirkung, Erntezeit und Erntegut vorgestellt werden. Zwei Kässchen hängen im Garten, um den Obulus oder freiwillige Spenden entgegenzunehmen. Was hier eingeworfen wird, fließt wieder in den Garten in Form von Pflanzen, Material oder Einrichtung. Die großen Erhaltungsarbeiten übernimmt die katholische Kirche, der das Gelände gehört. Öffentliche Zuschüsse gibt es keine. So wurde 2007 der Brunnen für rund 6.000 Euro von den gesammelten Geldern angeschafft. 2008 ersetzte ein massiver Pavillon aus Metall die vorige Leichtbauversion. 2013 wurde der Buchs um die Beete durch Eiben ersetzt – Buchspilz und Zünzler hatten dies nötig gemacht. Hier half eine Schulklasse aus dem Offenburger Jugenddorf. "Ich mag das Flair. Es ist heiter und romantisch. Nicht so streng wie die barocken Gärten. Es gibt nicht viele Kräutergärten, die in ein historisches Stadtbild eingebunden sind", sagt Rolf Hasselberg, Sprecher des Freundeskreises. Der Garten an der Ostseite der heutigen Stadtkirche St. Marien ist tagsüber für jedermann geöffnet.

Inspiriert von historischen Kräutergärten wie der Reichenau und doch weniger streng | Foto: Foto: djä
Elf der insgesamt 14 Mitglieder des Freundeskreises | Foto: Foto: Michael Götz

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