Vom Tunnelwascher zum Sternenmärchen

Seit Anita Vogel im Ruhestand ist, hat sie auch wieder mehr Zeit für das Schreiben und Vorträge. Unter anderem ist sie Mitglied im Autorennetzwerk Ortenau. | Foto: Foto: Bode
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Kappelrodeck. Im Eingangsbereich des Weinguts Schloss Ortenberg drängten sich die
Menschen. Fast jeder hatte ein Glas Sekt in der Hand. Es gab ja auch
einen Grund zum Feiern: Die Präsentation des Ortenauer Lesebuchs
„Unsichtbarer Kreis“. Ein schönes Projekt und die Stimmung war
entsprechend gut. Mehr als die Hälfte der 54 Autoren waren gekommen. Ein
buntes und interessantes Völkchen, aber an einer Frau blieb vor allem
der Blick hängen. Lag es am Erscheinungsbild, an den fast katzenhaften
Bewegungen oder diesem strahlenden Lächeln, das sie allen schenkte?
Anita Vogel ist jedenfalls ein Mensch, den man nicht übersieht, der im
Gedächtnis bleibt und neugierig macht.

Einige Monate später in den Räumen der Guller-Redaktion: Die Autorin schwärmt von dem
Lesebuchprojekt und wieder strahlt sie über das ganze Gesicht. Anita
Vogel erzählt nicht nur einfach etwas, sie lebt es in diesem Augenblick
auch. Mit ihrer Sprachgewandtheit und der lebhaften Mimik zieht sie den
Zuhörer in ihren Bahn. Hat die 64-Jährige schon einmal darüber
nachgedacht, ins Schauspielfach zu wechseln? „Nein, das kann ich doch
nicht“, sagt sie bestimmt. Nun, so abwegig ist der Gedanke nicht, wenn
man an ihre Vorträge denkt.

Hier trägt Anita Vogel schließlich nicht einfach nur ihre Texte vor, sondern schlüpft auch in
unterschiedliche Rollen. Dabei dienen ihr Hüte, Schals oder auch mal
eine Schürze als Requisiten. „Ich habe mich schon immer gerne
verkleidet“, erzählt die Autorin, die zwischen Gaggenau und ihrem
Geburtsort Kappelrodeck pendelt. Die Mutter nähte ihr immer für die
Fasnacht Kostüme, damit nahm Anita Vogel sogar an Umzügen teil. Und in
diesen alten Kostümkisten stöbert sie vor Vorträgen immer noch gerne.

Neben der Leidenschaft für das Verkleiden hat sich die Kappelrodeckerin früh
für Sprache interessiert. Als ausgebildete Wirtschaftsübersetzerin
übertrug sie aber zunächst einmal nur fremde Gedanken in andere
Sprachen. Nach Stationen in Paris und in den Vereinigten Staaten, wo sie
neben Übersetzungen zusätzliche Aufgaben in den Unternehmen übernahm,
kam sie schließlich mit rund 30 Jahren zu Daimler.

Zuletzt war sie dort zuständig für die Verkaufs- und Exportabwicklung von
Nutzfahrzeugen. „Ich war sozusagen die Drehscheibe zwischen
ausländischen Generalvertretungen und dem Werk“, erzählt Anita Vogel.
Eine Aufgabe, die ihr Spaß gemacht hat, selbst wenn es manchmal ganz
schön hektisch zuging: „Besonders interessant war die Zeit, als sich der
Osten öffnete. Da mussten wir viel Pionierarbeit leisten.“ Während sie
tagsüber dafür sorgte, dass Feuerwehrautos und Tunnelwascher in die
ganze Welt exportiert wurden, beschäftigte sich Anita Vogel abends mit
Astrologie, Astronomie und Philosophie.

„Frei nach Goethe: Ich hatte schon immer den Drang zu erfahren, was die Welt im Innersten
zusammen hält“, verrät die Autorin. Bei Astrologie denken viele an
Tageshoroskope, doch das ist es nicht, was die Kappelrodeckerin
interessiert. Es sind vielmehr antike Sternenmärchen und die
Zusammenhänge zur Mythologie.

Mitte 40 begann sie ihre Gedanken dazu niederzuschreiben. Kaum hatte sie ihren Laptop auf dem Schoß,
flogen ihre Finger über die Tastatur und sprudelten die Worte nur so aus
ihr heraus. „Wenn ich jetzt schon so viel geschrieben habe“, sagte sie
sich damals, „dann bringe ich das auch als Buch heraus.“ So schickte sie
das Manuskript an den renommierten Verlag Knaur, der begeistert von „Zu
den Quellen Sybillas“ war und in einer Esoterik-Reihe herausbrachte.

Anschließend sagte Anita Vogel sich: „Die Sterne sind die ferne Heimat, jetzt möchte
ich mich mit der nahen Heimat beschäftigen.“ Es folgte das Buch über
den magischen Nordschwarzwald. Ab da wurde sie immer wieder für
Vorträge, vor allem über den Schwarzwald angefragt, für die sie dann
verschiedene Texte, viele auch in Mundart schrieb. Ihre Geschichten sind
vielschichtig, teilweise verzaubern sie, können aber ebenfalls herzhaft
und witzig sein. Inzwischen fotografiert sie auch und zeigt bei ihren
Auftritten richtige Powerpoint-Präsentationen.

Neugierig geworden? Am 3. Juli tritt Anita Vogel um 19.30 Uhr bei der WG Waldulm auf.

Autor: Anne-Marie Glaser

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