Massaker von Kefalonia: Kippenheimer in Rom verurteilt

Funkspruch eines deutschen Oberstleutnants an seine Vorgesetzten am Morgen des 15. Septembers 1943.
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Rom/Kippenheim. Vor 70 Jahren wurden italienische Soldaten der Division „Acqui“ auf der
griechischen Insel Kefalonia erschossen – von Truppenteilen der
deutschen Wehrmacht. Die Mehrzahl der Quellen geht von über 5000 Toten
aus.  Ein römisches Militärgericht hat nun am Freitag einen
Unteroffizier eines Gebirgsjägerregiments zu lebenslanger Haft
verurteilt: einen 90-Jährigen aus Kippenheim.

Das „Massaker von Kefalonia“ gilt als eines der schwersten Verbrechen der deutschen
Wehrmacht. Nachdem Italien am 8. September 1943 einen Waffenstillstand
mit den Allierten geschlossen hatte, kam es zu kriegerischen
Auseinandersetzungen auf der griechischen Insel. Noch vor der
Kapitulation des Generals Antonio Gandin am 21. September wurden 189
Offiziere und über 5000 Soldaten getötet. Am 24. September wurden alle
gefangengenommenen Offiziere – darunter auch General Gandin –
erschossen.

Nach dem Krieg wurden mehrfach juristische Untersuchungen aufgenommen, in keinem der bisherigen Verfahren in
Deutschland kam es zu einer Anklageerhebung von Beteiligten. Einzig
General Hubert Lanz wurde 1948 vom Nürnberger Militärtribunal zu zwölf
Jahren Haft verurteilt. 1951 kam er auf freien Fuß.

Staatsanwalt Marco de Paolis ist der Mann, der in den vergangenen zehn Jahren die
meisten Gerichtsverfahren gegen NS-Kriegsverbrecher in Italien in die
Wege geleitet hat. Darunter auch das Verfahren gegen den jüngst
verstorbenen Erich Priebke. De Paolis war es auch, der den 90-jährigen
Kippenheimer für die Beteiligung an der Erschießung von 117
italienischen Offizieren angeklagt hatte. Der Beschuldigte habe seine
Beteiligung in einem deutschen Ermittlungsverfahren zugegeben. Der
Verteidiger indes forderte Freispruch und berief sich auf einen
Befehlsnotstand. Hitler höchstpersönlich habe die Erschießung
angeordnet. Das römische Militärgericht verurteilte den Kippenheimer am
Freitag nun zu lebenslanger Haft in Abwesenheit.

Die Offenburger Staatsanwaltschaft weiß nichts von Ermittlungen gegen den Kippenheimer.
Auf Anfrage unserer Redaktion bringt Oberstaatsanwalt Andreas Brendel
von der Zentralstelle für die Bearbeitung nationalsozialistischer
Verbrechen bei der Staatsanwaltschaft in Dortmund Licht ins
Ermittlungsdunkel. Er bestätigt nicht nur die Ermittlungen im Fall
Kefalonia, sondern auch die aktuellen Ersuche um Rechtshilfe des
italienischen Militärgerichts. Die Ermittlungen in Dortmund wurden 2006
nach München abgegeben und später eingestellt. „Derzeit führe ich keine
Ermittlungen im Fall Kefalonia durch“, so Brendel. Die Hürden in
Deutschland  für ein solches Verfahren seien höher als in Italien.

Doch wie geht es nun weiter nach dem italienischen Urteil? Zuerst müsse es
Rechtskraft erlangen, so Brendel. Im Fall von Revisionen wären zwei
weitere Instanzen zu durchlaufen. Erhielte das Urteil Rechtskraft, so
gebe es zwei Möglichkeiten. Zum einen sei theoretisch eine Auslieferung
möglich, diese bedürfe aber der Zustimmung des Verurteilten. Die andere
Option: „Wir arbeiten im Moment darauf hin, dass die Kriegsverbrecher,
die von den italienischen Gerichtshöfen verurteilt wurden, ihre
Haftstrafe in Deutschland verbüßen“, so de Paolis unlängst in einem
Interview der Wochenzeitschrift „Die Zeit“. Brendels Einschätzung: „Das
wird dauern.“ Für Nachfragen unserer Redaktion war der 90-Jährige nicht
zu erreichen.

Autor: Matthias Stenzel

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