Peter Müller stellt in seiner Plattnerwerkstatt Rüstungen her
Seine Leidenschaft ist die Zeit des Mittelalters

In seiner Plattnerwerkstatt in Orschweier stellt Peter Müller Rüstungen aus verschiedenen Epochen und Kulturen her. | Foto: Daniel Hengst
  • In seiner Plattnerwerkstatt in Orschweier stellt Peter Müller Rüstungen aus verschiedenen Epochen und Kulturen her.
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Mahlberg-Orschweier. Es hört sich an wie in einer ganz normalen Schmiede, in der Metall getrieben wird. Was ist aber normal, was nicht? Wenn Peter Müller Metall treibt, dann nicht etwa für einen Zaun, sondern für einen Helm oder einen Harnisch. Der gebürtige Ruster ist Plattner, stellt folglich Rüstungen aus längst vergangenen Zeiten her.

Mit 20 Jahren war Peter Müller immer gerne mit dabei, wenn es an das Fantasy-Rollenspiel "Das schwarze Auge" ging, welches ihn in die Zeit des Mittelalters versetzte. "Irgendwann hatte ich die Idee, für die Abende etwas herzustellen, das ich als Rüstung tragen konnte", so der Plattner, der nach dem Abitur eine Lehre als Werkzeugmacher begonnen hat. "Das erste, was ich hergestellt habe, war ein Kettenhemd. In der Ausbildung konnte ich an der Drehmaschine wickeln und mir so die benötigten Ringe selbst anfertigen. Einige Jahre habe ich dann Panzergeflecht gestrickt und für meinen eigenen Bedarf Handschuhe, Beinlinge und Hauben hergestellt." Damit ausgestattet, machten die Rollenspiele noch mehr Spaß. In Karlsruhe nahm Peter Müller dann sein Studium im Fach Maschinenbau auf. Dort, in einem Kellerraum, begann er erstmals mit Blecharbeiten und trieb das Metall damals noch kalt. "Einiges hat funktioniert, am Anfang aber vieles noch nicht und ich musste manche Teile wegwerfen. Einen bekannten Plattner aus Österreich konnte ich überreden, dass ich ihm zwei Wochen lang über die Schulter schauen kann. Dabei habe ich sehr viel gelernt. Das war sogar ein riesiger Sprung", so Müller, der sein Werkzeug selbst herstellt, denn das gibt es nicht zu kaufen. Die Promotion im Maschinenbau ging Peter Müller nur an, weil ihm genug Zeit für seine Plattnerei blieb, denn er hatte bereits ein Gewerbe angemeldet.

Als Artillerist stellt Müller Schlachten nach

Als Laiendarsteller beteiligt er sich an nachgestellten mittelalterlichen Schlachten, wie der Belagerung von Bretten als Artillerist. Dort ist er dann selbstverständlich entsprechend ausgestattet: "Es spricht sich schnell herum, wenn man seine Sachen selbst fertigt. Und man wird gefragt, ob man auch für andere etwas herstellt", so Müller. Während er an der biomechanischen Beschreibung der Baumwurzeln und ihrer Verankerung im Erdreich für seine Promotion arbeitete, war die Herstellung mittelalterlicher Rüstungen mehr als nur ein Ausgleich. Im Jahr 2004 stieg er in seiner Wahlheimat Helmsheim hauptberuflich in die Herstellung von Harnischen ein. "Es gibt im deutschsprachigen Raum nur vier Profis, die Maßarbeiten in entsprechender Qualität machen. Ein einzelnes Bruststück braucht über 20 Stunden, bis es anziehfertig ist, ein Helm in etwa auch. Für einen ganzen Anzug benötige ich über 300 Stunden", so Müller, der seit 2009 in Orschweier arbeitet. Der Aufwand ist ganz unterschiedlich. Einfachere Fußsoldaten sind nur wenig geschützt: "Das war früher auch nicht ihr Eigentum." Der Adel und die Patrizier waren dagegen sehr gut geschützt, wobei es auch darauf ankam, zeigen zu können, wer man ist. "Die jeweilige Mode spiegelte sich dann in den Rüstungen wieder, das können Muster und auch Falten sein. Daran lässt sich relativ einfach zuordnen, aus welcher Zeit die Panzerung stammt", so der 44-Jährige, der seine Metalllegierungen und Bleche mittlerweile selbst nach historischem Vorbild herstellt, um ganz nah am Original zu sein.

Seine Vorlagen bezieht er von historischen Gemälden, Grabtafeln und nicht zuletzt auch aus Museen. Letztere besucht er sehr häufig. Müller ist Mit­glied der Gesell­schaft für Waf­fen- und Kos­tüm­kunde, einem Ver­ein für Samm­ler, Muse­ums­leute und waf­fen­kund­lich Inter­es­sierte. "Wenn wir auf Exkursion sind, öffnen sich für uns nicht nur die Arsenale der Museen, sondern schon auch Vitrinen. Davon profitiert meine Arbeit in der Plattnerwerkstatt." Immer wieder veröffentlicht Müller entsprechende Fachartikel über Rüstungskunde. Dabei ist er immer wieder erstaunt, wie viel falsches Wissen es in der Bevölkerung gibt: "Eine Rüstung ist ein technisches Meisterwerk, das selbst bei einer Vollpanzerung kaum über 25 Kilogramm wiegt. Eine Rüstung muss zwar schützen, aber das darf nicht auf Kosten der Beweglichkeit gehen. Damit kann man auch problemlos einen Purzelbaum schlagen."

Daniel Hengst

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