Grabstätte von Friederike Brion
Goethes berühmte Liebe

Auf der Rückseite der Meißenheimer Kirche befindet sich das Grabmal von Friederike Brion. | Foto: krö
  • Auf der Rückseite der Meißenheimer Kirche befindet sich das Grabmal von Friederike Brion.
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Meißenheim (krö). „Ein Stral der Dichtersonne fiel auf sie, so reich, daß er Unsterblichkeit ihr lieh!“ Diese Inschrift, nach einem Vers von Ludwig Eckardt, ist zu lesen auf dem Grabstein von Friederike Brion, deren letzte Ruhestätte sich auf der Rückseite der Kirche in Meißenheim befindet. Das schlichte, blumengeschmückte und efeubewachsene Grab, auf dessen Grabstein dass Konterfei Friederikes zu sehen ist, verrät nichts über die tragische Geschichte, die sich dahinter verbirgt. Deutlich mehr an Informationen und Hintergrundwissen sind den Schautafeln daneben zu entnehmen. Bei dem Dichter, dessen Strahl die junge Friederike berührte, handelt es sich um keinen Geringeren als den damals 21-jährigen Johann Wolfgang von Goethe. Die Begegnung der beiden ging als eine der bekanntesten Liebesepisoden in die deutsche Literaturgeschichte ein. Wer war diese Friederike, die Goethe als „allerliebsten Stern“ beschrieb?

Friederikes Geburtsdatum ist nicht gesichert, da die Kirchenbücher in den Wirren der Französischen Revolution vernichtet wurden. Sie war das dritte von fünf überlebenden Kindern von Johann Jakob und Maria Magdalena Brion. 1760 nahm ihr Vater eine Stelle als Dorfpfarrer in Sessenheim, von Goethe „Sesenheim“ geschrieben, an. Dort wuchs die hübsche, lebensfrohe, aber etwas kränkliche Friederike auf. Der 21-jährige Goethe, der zu der Zeit in Straßburg Rechtswissenschaften studierte, besuchte zuweilen zusammen mit einem Freund das gastfreundliche Pfarrhaus der Brions. Er berichtete später von seiner ersten Begegnung mit Friederike: „In diesem Augenblick trat sie wirklich in die Türe; und da ging fürwahr an diesem ländlichen Himmel ein allerliebster Stern auf.“ Unbeobachtet durchstreiften er und Friederike fortan die Umgebung, unternahmen Kahnfahrten und besuchten Bekannte Friederikes. Für das nächste Jahr wurde der kleine Ort für Goethe der „Mittelpunkt der Erde“. Er bekam, wie er bekannte, wieder Lust zu dichten. Doch war die Liebesbeziehung nicht von langer Dauer: Am 7. August 1771 sah er Friederike vor seiner Heimkehr nach Frankfurt zum letzten Mal: „Als ich ihr die Hand noch vom Pferde reichte, standen ihr die Tränen in den Augen, und mir war sehr übel zumute.“ 

Friederike Brion blieb bis an ihr Lebensende unverheiratet und wohnte noch bis zum Tod ihres Vaters im Jahre 1787 in ihrem Elternhaus; die Mutter war bereits ein Jahr zuvor gestorben. Danach zog Friederike mit ihrer jüngeren Schwester Sofie zu ihrem Bruder Christian auf die Pfarrei Rothau im Steintal. Dort blieben die beiden auch nach dessen Versetzung. Zu ihrem Lebensunterhalt betrieben die Schwestern den Verkauf von Web-, Steingut- und Töpfereiwaren und Handarbeiten und unterhielten einige Zeit eine Pension für Mädchen aus Sessenheim und Umgebung, die in Rothau auf einer dafür errichteten Schule Französisch lernen sollten. 1801 siedelte Friederike zur Unterstützung der kränklichen Schwester ins Pfarrhaus nach Diersburg über und blieb danach mit einigen Unterbrechungen dort. Sie folgte der Familie 1805 nach Meißenheim. 1807 starb die Schwester. Friederike blieb bei ihrem Schwager. Auch sie war nicht von bester Gesundheit. Zu Beginn des Jahres 1813 musste sie ihre Schwester Sofie darum bitten, sie zu versorgen. Sie starb am 3. April 1813 und wurde am 5. April auf dem Meißenheimer Friedhof bestattet. Der dort heute noch zu sehende Grabstein, angefertigt vom Bildhauer Wilhelm Hornberger, wurde erst 1866 auf der völlig verwahrlosten Grabstätte errichtet. Am 19. August jenes Jahres hielt Friedrich Geßler dort die Weihrede. Neben ihrem Grab liegen auch die Gräber ihrer älterer Schwester Maria Salomea und deren Mann, dem aus Straßburg stammenden Magister Gottfried Marx.

Auf der Suche nach Spuren der Sessenheimer Liebesgeschichte wurde 1835 bei der letzten noch lebenden Schwester Friederikes die vollständige Sammlung von Goethes und Lenzens „Sesenheimer Liedern“ gefunden. Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts setzte ein regelrechter Friederiken-Kult ein, der diverse künstlerische und wissenschaftliche Werke hervorbrachte, in denen das Sessenheimer Idyll verklärt wurde.

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