Fußnote – die Glosse im Guller
Die schönste Sache der Welt

Wer sich geniert, das Kind beim Namen zu nennen, wählt gerne blumige Umschreibungen wie "die schönste Sache der Welt". Nein, die Rede ist nicht vom Essen, obwohl das auch eine sehr reizvolle und befriedigende Beschäftigung sein kann. Es geht um Sex. Deshalb der Hinweis: Die Lektüre des folgenden Textes ist nicht für Personen unter 18 Jahren geeignet!

Nun kann die körperliche Vereinigung zweier Menschen ohne Frage etwas Wundervolles sein. Leider ist das keineswegs immer der Fall, wie wir nicht erst seit der "#MeToo-Bewegung" wissen. Alles andere als schön waren angeblich auch sexuelle Begegnungen, die mehrere Schauspielerinnen mit Dieter Wedel hatten. Der Regisseur hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er sehr empfänglich für weibliche Reize und ein Vertreter der Polyamorie ist. Etwas salopp könnte man das übersetzen mit: Er hat es nicht so mit der Treue.

Unabhängig von der moralischen Beurteilung ist das nicht verboten – sexuelle Nötigung dagegen schon. Solche Anschuldigungen weist Dieter Wedel allerdings weit von sich. Er hat sogar eine eidesstaatliche Erklärung diesbezüglich abgegeben und bis zu einer Verurteilung gilt halt die Unschuldsvermutung.

Wer Gerichtsprozesse zu Sexualdelikten ein bisschen verfolgt, weiß übrigens, dass oft Missverständnisse die Wurzel allen Übels sind. Tatsächlich finden sich regelmäßig Ehrenmänner bass erstaunt auf der Anklagebank wieder. Ob sich Frauen von Natur aus über die sexuelle Selbstbestimmung anderer seltener hinwegsetzen, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls werden weniger angezeigt und in der Praxis sind es meist Männer, die völlig verwundert zur Kenntnis nehmen müssen, dass ein Geschlechtsakt keineswegs so einvernehmlich stattgefunden hat, wie sie dachten. Klar, wer üble Drohungen als die hohe Kunst der Verführung betrachtet, findet Tränen als Vorspiel völlig normal.

Um sol-chen Missverständnissen künftig vorzubeugen, gilt in Schweden ab Sommer per Gesetz, dass beide Partner dem Akt zustimmen müssen. Sprich: Starrt Björn bei Sveas Verführungsversuchen nur entsetzt auf das Ölgemälde mit dem röhrenden Elch, darf sie das nicht als stillschweigende Zustimmung interpretieren.

Natürlich sorgte das Gesetzesvorhaben auch hier in Deutschland für Diskussionen. Was mich allerdings erstaunt hat, das war, was daran mitunter kritisiert wurde. Es sei eine Einmischung in die persönliche Freiheit und störe die Romantik. Echt? Man(n) müsse künftig Zustimmungsformulare griffbereit unter dem Kopfkissen bereit halten, um sich abzusichern. Hier mal ein Tipp von der Guller-Kummerkastentante: Es reicht völlig, die doch eigentlich ganz interessante Frage "Magst auch?" zu stellen.

Für mich ist nur eins schlimm an dem Gesetz: Es zeigt, dass es wohl eine Notwendigkeit gibt, etwas zu regeln, was selbstverständlich sein sollte.
Anne-Marie Glaser

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