Gespür für Märkte und ihre Nischen
Albert Schwarz lässt seine Kursteilnehmer ins Gras beißen

Als Kammerherr Albertus führt Albert Schwarz durch den historischen Teil der Jugendherberge Schloss Ortenberg. | Foto: Foto: Michael Bode
  • Als Kammerherr Albertus führt Albert Schwarz durch den historischen Teil der Jugendherberge Schloss Ortenberg.
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„Die Nachbarschaft ist zum Küssen“, sagt Albert Schwarz, der seit vergangenem Jahr im August in Renchen-Ulm lebt.
„Wir haben uns spontan in das Haus verliebt“, erklärt er den
Entschluss. Es ist das älteste Gebäude im Kraier und gehörte einst Dr.
Wagner aus Sasbachwalden. Eine große Wiese gehört dazu, nicht nur von
dort holt er von März bis September die verschiedensten Wiesenkräuter
und isst sie auch als Salat. „Meine Kursteilnehmer lasse ich schon mal
ins Gras beißen“, scherzt der zertifizierte Naturführer.

Mit alten Häusern und Ärzten hat es der Naturmensch ohnehin. Zuvor lebte er
im Schlösschen in der Kolonie. In dem Haus in der Gemeinde Nordrach
lebte einst der dortige Klinikgründer Dr. Walther. „Seine Frau ist
bekannt: Hope Bridges Adams Lehmann, die erste Frau, die in Deutschland
ein Medizinstudium mit dem Staatsexamen abschloss.“ Mit Blick auf das
älter werden suchte er sich eine neue Bleibe. „Bei der Gartenarbeit am
Schlösschen kamen am Nachmittag schnell 500 Höhenmeter zusammen.“ So
tauschte er Schlösschen und die Aktivitäten im Fürstenberger Hof in
Unterharmersbach gegen den alten umgebauten Bauernhof und das
Ortenberger Schloss.

Im Ortenberger Schloss ist er als Kammerherr Albertus unterwegs, oft auch gemeinsam zusammen mit
Kammerzofe Sophie, bekannt als Brigitte „Billy“ Sum-Herrmann. Es sind
nicht nur die klassischen Führungen im vermeintlich historischen Gewand.
„Wir machen jetzt erstmals auch Führungen für Kindergartenkinder. Das
ist mehr Märchenstunde als harte Geschichtszahlen. Da war ich schon ganz
aufgeregt, ob das über die Generationen hinweg so funktioniert“,
berichtet der 70-Jährige. Selbst gerne im Freien, passt es zu ihm, dass
er Themenwanderwege konzipiert und realisiert. In Höchenschwand brachte
er den Schinkenweg auf den selbigen, in Elzach-Yach den Brotweg und in
Nordrach den Obstbrennerweg. In seiner früheren Heimatgemeinde entwarf
er auch den Nordracher Heil-Kräuter-Garten und machte die passende
Broschüre dazu.

Mit zwei Dingen kennt sich Albert Schwarz besonders gut aus, mit Kräutern in der Natur und mit Druckerzeugnissen.
Geboren wurde er 1942 auf dem Bergbauernhof Herrenholz in
Unterharmersbach. Die Naturverbundenheit wurde im sozusagen in die Wiege
gelegt. Gelernt hat er später in Zell am Harmersbach Schriftsetzer. Als
Schriftsetzer ging er dann auch auf die Walz und blieb im Sauerland
hängen.

„Später stand dort eine Druckerei zum Verkauf. Der Besitzer hat dann damals gesagt, wenn der Schwarz kommt, verkaufe ich
nicht.‘ Er hat mir dann eine Teilhaberschaft angeboten.“ Das war ihm
nicht unrecht, denn mit gerade einmal 27 Jahren hatte er nicht viel Geld
gespart, sein neuer Partner musste sogar für seinen Bankkredit bürgen.
„Dann hatte ich neun Beschäftigte.“ Parallel dazu baute er einen Verlag
auf, verlegte Heimatliteratur, Kochbücher, Bildbände und auch Bücher
über Friedrich Wilhelm Grimme und Wilhelm Kathol. Ende der 1970er Jahre
gliederte er eine Anzeigenzeitung im Halbformat an und auch eine
Monatszeitschrift. Nur 13 Jahre später übergab er den Betrieb zurück an
seinen Partner, mit 40 Beschäftigten.

„Für mich war immer klar, ich will wieder zurück in den Schwarzwald“, sagt Albert Schwarz. Mit
seinem Fremdenverkehrsverlag hatte er eine Nische gefunden. „Es ist
wichtig ein Gespür für den Markt zu haben. Und je größer der Markt wird,
je mehr Lücken gibt es.“ Seit Jahren lebt er aber auch mit der Natur.
„Ich fahre aber nicht auf der Müsli-Schiene oder halte es wie Schuhbeck
mit den Brennesseln. Bei mir darf es auch einmal ein Steak mit einer
Kräutersauce sein. Mann muss die Kirche einfach im Dorf lassen.“

Mit seinem Kräuter-Wissen ließ er sich zum Schwarzwald-Guide ausbilden und
bietet Wildkräuterführungen an. „Da kochen und essen wir immer, mit
Hilfe der Sinne lernt man besser.“ Um das Wissen zu vertiefen
absolvierte er 2009 die Freiburger Heilpflanzenschule und ist selbst als
Dozent tätig. Vom Drucken kann er die Finger auch nicht lassen. Als
Ein-Mann-Betrieb stellt er für den Verband Badischer Klein- und
Obstbrenner Etiketten in Kleinserien her.

Autor: Daniel Hengst

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