Aus für Glashütte kam 15 Jahre nach dem Brand 1997
Gelände ist eine große Chance für die Stadt

Dieser Blick vom Dach der Glashütte Achern auf die Betriebsgebäude, die Stadt und im Hintergrund die Hornisgrinde wurde 1975 festgehalten. | Foto: Stadtarchiv/Margot Neubert
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  • Dieser Blick vom Dach der Glashütte Achern auf die Betriebsgebäude, die Stadt und im Hintergrund die Hornisgrinde wurde 1975 festgehalten.
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Achern (dh). Es war kein guter Tag, der 21. Mai 1997. An jenem Pfingstsamstag löste um 16.59 Uhr und 33 Sekunden das Computersystem der Glashütte Achern Alarm aus. In Wanne vier, wo gerade 400 Tonnen Rohmaterial bei rund 1.600 Grad Hitze eingeschmolzen worden war, brach der Boden durch. Die gläserne Masse floss in ein Zwischengeschoss, frass sich weiter durch in die Fabrikationshalle und schob sich schlussendlich ins Freie. Kabel und Rohre schmolzen, auch Maschinen hielten den Temperaturen nicht stand, Brände flackerten auf. Als die rund 200 Feuerwehrleute aus dem Umkreis die Feuer löschten, die Masse kühlten, stiegen riesige weiße Wolken auf. Keine sechs Wochen später war nicht nur die Wanne repariert – es ging längst weiter.

An den Millionenschaden von damals denken heute nur noch wenige. Die Glashütte ist noch in Erinnerung, auch wenn mittlerweile kaum mehr etwas an den einst größten Arbeitgeber in der Stadt erinnert. Die Glashütte ist abgerissen, die Sanierung des Bodens ist fast abgeschlossen. Die künftige Nutzung ist mit "Neues Wohnen an der Acher" überschrieben, rund 400 Wohnungen sollen dort künftig entstehen, die Planungen laufen, der Aufstellungsbeschluss liegt seit dem 6. November aus.

Die Glashütte wurde am 21. September 1886 gegründet, die erste Flasche, eine Champagnerflasche, wurde an diesem Tag dort Mund geblasen. Johann Georg Boehringer aus dem schwäbischen Buhlbach kommend, wo seine Familie bereits eine Glashütte betrieb, war der Gründer. Zuletzt gehörte die Glashütte dem US-Konzern Owens-Illinois. Bürgermeister Dietmar Stiefel war am 7. November 2012 gerade auf dem Weg nach Freiburg, da kam aus der Europazentrale des Konzerns in Rom die Hiobsbotschaft, der Betrieb mit noch 195 Mitarbeitern wird geschlossen. Im folgenden Jahr war es soweit.

In der Folge sicherte sich die Stadt Achern ein Vorkaufsrecht, denn die Nähe zur Innenstadt bedeutet ein großes Entwicklungspotential. Nach entsprechenden Verhandlungen verzichtete die Stadt Achern auf dieses Recht und die Karl-Gruppe erwarb das elf Hektar Große Areal 2015.
Mit der Revitalisierung der Fläche der ehemaligen Glasfabrik O-I durch die Karl-Gruppe bietet sich die große Chance, diese innerstädtische Gewerbebrache einer neuen Nutzung zuzuführen und das Stadtbild entsprechend aufzuwerten.

In den letzten Jahren wurde besonders in der Kernstadt von Achern vorwiegend Wohnungen im hochpreisigen Sektor errichtet. Dadurch ist ein allgemeiner Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum entstanden. Dies umfasst sowohl sozialen Wohnraum nach dem Wohnraumförderungsgesetz als auch günstige Mietwohnungen für Familien und ältere Menschen. Rund 15 Prozent der Wohnungen sollen dieses Kriterium erfüllen. Auf dem Gelände der ehemaligen Glasfabrik soll ein gemischtes Quartier mit hohem Wohnwert und Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum entstehen. "Mehrere Wohnhöfe zwischen den Gebäuden sind vorgegeben, das soll die Lebensqualität steigern", so Bürgermeister Dietmar Stiefel.

Die Verkehrsanbindung soll weniger über die Fautenbacher Straße, sondern vielmehr über die Spange zwischen Eisenbahnstraße und B3 erfolgen. Zu letzterer Straße hin wird eine Kombination von Bodenaufschüttung und Lärmschutzwand von bis zu neun Metern Höhe das neue Quartier schützen. Entstehen werden aber nicht nur Wohnungen für zwischen 800 und 1.000 Menschen, sondern auch Flächen für Büros, Dienstleister, betreutes Wohnen und Praxen. "Einen Kindergarten werden wir ebenso benötigen", so Stiefel. Als Fläche für einen Nahversorger sind 400 Quadratmeter vorgesehen, denn im Umfeld gibt es bereits mehrere großflächige Anbieter.
Und an die einstige Glashütte wird doch etwas erinnern: Es wird zwei Plätze geben, einen Glas- und einen Champagner-Platz.

Dieser Blick vom Dach der Glashütte Achern auf die Betriebsgebäude, die Stadt und im Hintergrund die Hornisgrinde wurde 1975 festgehalten. | Foto: Stadtarchiv/Margot Neubert
So sehen bislang die Planungen für "Neues Wohnen an der Acher" aus. Bislang sind nur Baugrenzen für die Gebäude eingezeichnet, die nicht voll ausgenutzt werden müssen. | Foto: Stadt Oberkirch

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