Geschichtsträchtiges Gebäude
Ehemals Gefängnis, heute Haus der Kultur

Vor über 200 Jahren wurde der Bau als Kornspeicher errichtet. | Foto: mam
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Ettenheim (mam). Vor gut 200 Jahren wurde in Ettenheim ein damals höchst staunenswertes hohes Gebäude unweit des Palais Rohan im Altstadtzentrum errichtet. Seine Geschichte ist recht wechselhaft, vom ursprünglichen Kornspeicher und Gefängnisturm bis zum heutigen Vereinshaus.

Naturalsteuer

Die Gebäudegeschichte beginnt zur Zeit der europäischen napoleonischen Kriege. Damals fand sich auf dem heutigen Areal nur ein öffentliches Gartengelände. 1812 wurde im Garten ein, so Hubert Kewitz 1979 im Ettenheimer Heimatboten, „Staunen erregendes Gebäude“ errichtet. Der Grund: Damit wollte der nach Napoleons Willen umgestaltete badische Staat ein technisches Unterbringungs-Problem lösen. Es ging um den nunmehr komplett an ihn zu entrichtenden Wein- und Kornzehnten, als Zwangs-Naturalsteuer. Wohin damit? In einen „herrschaftlichen Wein- und Fruchtspeicher“, der mit zwölf mal 28 Metern präzise zwischen Schul- und westlicher Ringsstraße auf den Garten passte. Dabei wurde allerdings zuvor die störende alte Ringstraßen-Stadtmauer kurzerhand abgerissen. Der neue Speicher bekam fünf je zweieinhalb Meter hohe Stockwerke plus aufwändigem 5,3 Meter hohen Gewölbekeller. Dort lagerten unterirdisch die Abgaben-Weinfässer. Zwei Jahre hatte der imposante Lager-Nutzbau bis 1814 in Anspruch genommen, unter Aufsicht des damaligen badischen Bauinspektors Wilhelm Frommel, einem Schüler des berühmten höfischen Baumeisters Friedrich Weinbrenner.

Gefängnisturm

Nach wenigen Jahrzehnten verlor der Fruchtspeicher aber seine Funktion. Jetzt sollten die Bauern ihre Abgabepflichten mit direkten Geldzahlungen erledigen. Das ersparte die Lagerung der Naturallieferungen. Der Zufall wollte es dann, dass ein altes Amtsgefängnis im unteren Torturm längst aus seinen Nähten platzte. So wurde das Gebäude um 1841 herum in seiner Grundfläche auf zwölf mal 18 Meter radikal verkleinert. Der westliche Teil wurde komplett abgebrochen, die neue, offene Flanke mit einer unverputzten Sandsteinfassade verschlossen. Die ehemaligen Speicher-Stockwerke wurden auf vier reduziert. Wie viele Übeltäter dann in den neu eingerichteten Gefängniszellen des nunmehr turmähnlichen Gebäudes bis 1927 schmachteten und warum, ist noch nicht erforscht. Noch heute sind in den Stockwerken viele der massiven Zellen- Holztüren erhalten.

Kulturhaus

Seit 1990 wird das alte Gefängnis kulturell genutzt. Hier fanden neben der Volkshochschule auch Vereine eine neue eigene Bleibe. Von Anbeginn der neuen Nutzung ist hier außerdem die Stadtbücherei untergebracht. Der Keller blieb fünf Jahre lang ungenutzt, bis 2003 das städtische Museum einzog, bis heute unterstützt von einem Vereins-Förderkreis. Seitdem finden sich hier Exponate, Fundstücke und Dokumente aus der Stadtvergangenheit, von Mittelalter bis zur Brandschatzung im Dreißigjährigen Krieg. Dazu gehört auch die Erinnerung an ein legendäres Skandal-Diamantenhalsband, mit dem einst Kardinal Rohan versucht hatte, die Gunst der Königin Marie Antoinette zu erringen.

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