Wenn die Schulzeit zu einer unerträglichen Qual wird
Ein psychisch starkes Kind in einer starken Familie ist der beste Mobbing-Schutz

Wenn es Anzeichen gibt, die auf Mobbing hindeuten, sollte man schnell reagieren. | Foto: www.polizei-beratung.de
  • Wenn es Anzeichen gibt, die auf Mobbing hindeuten, sollte man schnell reagieren.
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Haslach (bos). Wirft man einen Blick in die Sonderveröffentlichung "Wohlbefinden" der Pisa-Studie wird deutlich, dass die Schüler hierzulande im Großen und Ganzen zufrieden sind. Und dennoch wird fast jeder sechste 15-Jährige in Deutschland ein Opfer von Mobbing.

Dass man sich auch an den Schulen der Region mit dem Thema auseinandersetzt, zeigt sich am Haslacher Bildungszentrum. Hier ist der Diplom-So-zialpädagoge Mathias Beisiegel tätig. Zu seinen Tätigkeitsfeldern gehören auch die Mobbingintervention und -prävention. In diesem Zusammenhang veranstaltete er in der vergangenen Woche einen Vortragsabend für Eltern. "Für sie ist es oft eine 'Katastrophe' wenn sie hören, dass ihr Kind gemobbt wird", erklärt Beisiegel. Ziel des Vortrags war es, die Situation in ein angemessenes Licht zu rücken und den Begriff Mobbing zu entmystifizieren, ohne ihn zu bagatellisieren. Denn "Mobbing oder Ausgrenzung gibt es an jeder Schule", so der Sozialpädagoge. Und so sei es auch im Bildungszentrum immer wieder ein Thema, zu dem unterschiedlichste Vorstellungen kursierten. "Es war eine Anregung des Elternbeirates hier eine Veranstaltung zum Thema zu machen, die aufklären soll. Die Schule hat eine eindeutige Haltung und diese Haltung prägt auch die Schulkultur. Opferschutz steht vor Täterschutz." Auch wenn es sicherlich eine Dunkelziffer gibt, erlebt Matthias Beisiegel Mobbingfälle in der Regel in einem Stadium, in dem man sie meist noch gut pädagogisch handhaben kann. "Hier gilt es, Schüler in der Breite für das Thema zu sensibilisieren. So schulen wir zum Beispiel jedes Jahr alle Klassensprecher." In Bezug auf die Quantität hat Beisiegel den Eindruck, dass das Mobben "in der letzten Zeit eher abgenommen hat. Die Qualität hat sich aufgrund der neuen Medien jedoch eher zum Schlechteren verändert. Via 'WhatsApp' oder ähnlichem sind Schwellen gesunken und die perfiden Möglichkeiten jemanden zu kränken gestiegen."

Ziel ist es laut Beisiegel eine Klassenkultur mit den Lehrern zu erreichen, in der offen über Probleme gesprochen und eine Zusammenarbeit mit den Klassen gefördert werde. Im besten Fall käme es so zu einem "Win-Win-Effek". "Das heißt sowohl Täter als auch Opfer können etwas für sich mitnehmen. Das kann nur gelingen, wenn wir das Mobbing in der ersten Stufe erkennen und adäquat darauf reagieren können." Es ist also nicht das Ziel, Mobbing oder Ausgrenzung zu verhindern. "Das wäre ein Kampf gegen Windmühlen", so Beisiegel. Vielmehr sollen "die Klasse, die Lehrer, Eltern und die Schüler dazu bewegt werden, sich früh an jemanden zu wenden, wenn Ausgrenzungstendenzen festgestellt werden", erklärt Beisiegel.

Aufmerksam sollte man etwa bei einem sozialen Rückzug des Kindes werden. Auch nachlassende Noten, Lügen, Schlafstörungen, Schulunlust, Appetitlosigkeit und allgemeine Lustlosigkeit können Anzeichen sein. Doch wie verhält man sich richtig, wenn man den Eindruck hat, dass ein Kind an der Schule gemobbt wird? Hier rät Beisiegel von Alleingängen, bei denen man etwa selbst die Eltern der Täter anruft, ab. Vielmehr sollte man mit dem Klassenlehrer und, wenn möglich, mit dem Schulsozialarbeiter sprechen. Wenn keine Vertrauensperson zur Hand ist, könne man auch die psychologische Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche aufsuchen. Auf keinen Fall sollten dem Kind Verhaltenstipps gegeben oder die Schuld gar beim Opfer gesucht werden. "Vielmehr sollte man dem Kind eindeutig signalisieren, dass ihm ein Unrecht angetan und jetzt geholfen wird. Der beste Schutz ist ein psychisch starkes Kind in einer starken Familie."

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