Revolution in der Behandlung des Schlaganfalls
Mechanische Thrombektomie

Privatdozent Dr. Christian Blahak,
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Lahr (st). Ein Verfahren zur Behandlung schwerer Schlaganfälle, das seit dem Jahr 2015 große Aufmerksamkeit in der Fachwelt erhält, wird seit Anfang des Jahres auch am Ortenau Klinikum in Lahr praktiziert. „Die Methode der sogenannten mechanischen Thrombektomie ist ein echter Fortschritt in der Schlaganfalltherapie und ihre Einführung in Lahr ein großer Gewinn für unsere Patienten“, betonen Privatdozent Dr. Christian Blahak, Chefarzt der neurologischen Klinik, und Professor Dr. Harald Brodoefel, Chefarzt der Radiologie, die die Methode am Ortenau Klinikum in Lahr eingeführt haben.

Auch Ortenau Klinikum-Geschäftsführer Christian Keller freut sich über die Erweiterung des Leistungsspektrums am Ortenau Klinikum in Lahr: „Die Thrombektomie stellt ein hochspezialisiertes Angebot dar, das ein überregionales Einzugsgebiet bedient und ein Schlaglicht auf die Spitzenmedizin in unseren Kliniken wirft. Das neue Angebot ist, ganz im Sinne unserer Zukunftsplanung „Agenda 2030“, ein weiterer Baustein zur Spezialisierung unserer medizinischen Leistungsangebote.“

Eine erste Zwischenbilanz der beiden Chefärzte fällt äußerst positiv aus. Insgesamt sind seit Einführung des Verfahrens über 20 Patienten erfolgreich behandelt worden. „Der Großteil der Patienten profitiert nach dem Einsatz des Verfahrens von kleineren Infarktzonen und geringeren Behinderungen im Vergleich zur bisherigen Schlaganfall-Behandlung, welche aus der alleinigen Verabreichung eines Gerinnsel-auflösenden Medikamentes besteht“, berichtet Blahak. Teilweise sind auch spektakuläre Verläufe zu beobachten. So haben die Ärzte in den vergangenen Monaten zwei Patienten mit schwersten Schlaganfällen und sehr ungünstiger Prognose behandelt, die bereits am nächsten Tag nahezu symptomfrei waren. „Solche Ergebnisse sind natürlich enorm motivierend“, bestätigt Brodoefel.

Das Ortenau Klinikum in Lahr ist das einzige Krankenhaus zwischen Freiburg und Karlsruhe, in dem die mechanische Thrombektomie praktiziert wird und das hierfür eigens eine spezielle, auf Kopfuntersuchungen optimierte Angiographieanlage beschafft hat. „Anfang nächsten Jahres wollen wir die Methode rund um die Uhr und auch für die anderen Krankenhäuser des Ortenau Klinikums anbieten“.

Zum Einsatz kommt die neue Methode bei einem sogenannten „ischämischen Schlagfanfall“. Dabei handelt es sich um eine plötzlich auftretende Durchblutungsstörung in einem Teil des Gehirns, häufig in Folge eines Verschlusses eines hirnversorgenden Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel. Gefürchtet ist der Schlaganfall nicht nur wegen einer hohen Sterblichkeit von fast 40 Prozent innerhalb eines Jahres. Fast jeder dritte überlebende Schlaganfallpatient bleibt auch ein Jahr nach dem Ereignis behindert und auf fremde Hilfe angewiesen. „Da das Gehirn einen hohen Energiestoffwechsel hat, reagiert es besonders empfindlich auf eine Einschränkungen der Durchblutung“, berichtet Blahak. „Tatsächlich ist jede Minute, während der Hirngewebe nicht durchblutet ist, mit einem Untergang von mehr als einer Millionen Gehirnzellen zu rechnen“, verdeutlicht der Neurologe weiter. Aus diesem Grund sei der ischämische Schlaganfall ein absoluter Notfall, der einer prompten Behandlung auf einer spezialisierten Schlaganfall-Station bedarf.

„Bis vor kurzem war die einzige Behandlungsoption die Verabreichung eines speziellen Medikamentes in die Blutbahn zur Auflösung des Blutgerinnsels, was allerdings nur in den ersten 4,5 Stunden nach Symptombeginn möglich ist“, so Blahak. Gerade die großen Blutgerinnsel, welche zumeist besonders schwere Schlaganfälle verursachen, könnten aber häufig nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht aufgelöst werden.

„Gerade bei diesen schweren Schlaganfällen schlägt die Stunde der mechanischen Thrombektomie“ freut sich Brodoefel. „Denn die für gravierende Schlaganfälle oft ursächlichen großen Gerinnsel finden sich naturgemäß in den zentralen und großkalibrigen Abschnitten der hirnversorgenden Gefäße. Damit sind sie einer interventionellen Bergung mittels Kathetertechnik zugänglich“. Blutgerinnsel sollen dabei mittels Katheter möglichst rasch aus dem verschlossenen Gefäß entfernt werden. Dank der immer raffinierteren Technik der interventionellen Radiologie ist dies seit kurzem möglich.

Im Jahr 2015 wurde die Überlegenheit der Methode bei der Entfernung großer Gerinnsel in Ergänzung zur bisherigen Infusion durch fünf viel beachtete Studien belegt.
„Der Eingriff dauert in der Regel weniger als eine Stunde“ berichtet Professor Dr. Brodoefel. „Im entscheidenden Schritt der Prozedur wird ein dünner Katheter durch den Gefäßverschluss vorgeschoben. Über diesen wird ein Drahtgeflecht direkt über dem Blutgerinsel entfaltet, in dem sich der Thrombus dann verfängt. Durch den Rückzug des Drahtgeflechtes in einen vor dem Gerinnsel platzierten Saugkatheter kann der Thrombus schließlich geborgen werden“.

Privatdozent Dr. Christian Blahak,
Professor Dr. Harald Brodoefel

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