Museumsbunker "Emilie" in Altenheim
Förderverein bietet Führungen an

Die "Mannschaft" des Museumsbunkers von links: Michael Truttenbach, Martina Retz, Isolde Anselm, Matthias Retz | Foto: Dagmar Jäger
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  • Die "Mannschaft" des Museumsbunkers von links: Michael Truttenbach, Martina Retz, Isolde Anselm, Matthias Retz
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Neuried/Altenheim (djä). In der Ortenau gibt es zahlreiche kunst- und kulturhistorische Stätten. Wer sorgt für die Erhaltung und dafür, dass Besucher diese Schätze besichtigen können? Auch im letzten Teil unserer Serie stellen wir einen historischen Ort vor, den es ohne das ehrenamtliche Engagement von Bürgern heute so nicht gäbe.

Der neugemauerte Eingang erinnert an das Mundloch eines Bergwerks. In dem schmucken Wohngebiet in Altenheim ist der Anblick unerwartet. Eine Informationstafel klärt auf: Hier geht es nicht in den Keller des darüberliegenden Wohnhauses, sondern befindet sich der Eingang zum Museumsbunker "Emilie".

Warum trägt ein Bunker einen Frauennamen? "In dem Satteldach, das als Tarnung diente, wohnte damals eine Frau, die so hieß. Im Ort wurde der Bunker deshalb so genannt", weiß Michael Truttenbach vom Verein Museumsbunker Emilie e.V.. Der wurde als Nachfolger einer Interessengemeinschaft im April gegründet, um das Projekt mit seiner gemeinnützigen Arbeit formal-juristisch zu etablieren. Bereits acht Jahre vorher war die Einweihung gefeiert worden. Der Weg dahin war lange: Aus einem "Regelbau 11" des nationalsozialistischen Westwalls wurde ein Museum, das der Aufklärung, der Forschung und als Mahnmal dient. 1938 wurde das Bauwerk am Rande von Altenheim errichtet. Ab 1939 waren Wehrmachtssoldaten dort untergebracht. Nach dem Abzug 1941 folgte für den auf Privatgrund liegenden Bunker die Nutzung als Kühlraum einer Gärtnerei und als ziviler Luftschutzbunker. 1944 wurden letztmals wieder Soldaten einquartiert, die meisten gerade 15 Jahre alt. "Zwei dieser Zeitzeugen leben heute noch in Bleichheim und Reutlingen. Von ihnen bekamen wir viele Informationen, wie es früher hier drin ausgesehen hat", sagt Truttenbach. Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus ließen die Franzosen die deutschen Bunker sprengen oder verfüllen. "Emilie" wurde mit Sprengteilen eines nahegelegenen Sanitätsbunkers gefüllt und mit Magerbeton ausgegossen. So verblieb das Bauwerk jahrzehntelang: ein Bunker aus 356 Kubikmeter Beton und 50 Tonnen Stahl.

Anfang der 1990er-Jahre machten sich die Nachkommen der namensgebenden Emilie daran, ihren Bunker zu räumen. Freunde, Verwandte und die Mitglieder eines Motorradclubs, der den Bunker später als Vereinslokal nutzte, schafften 450 Tonnen Schutt heraus. Wegen der Sprengtrümmer gestaltete sich die Arbeit extrem schwierig. Das marode alte Haus wurde abgerissen, 1995 ein neues gebaut. Es steht auf einem imposanten Fundament: der zwei Meter dicken Betondecke des Bunkers.

2009 bekam Truttenbach, der sich bereits mit Recherche über den Westwall befasste, ein Angebot, dessen Tragweite er zuerst nicht erfasste. Über Bekannte von Freunden wurde er eingeladen, einen leerstehenden Bunker in Familienbesitz zu besichtigen. Truttenbach war begeistert von "Emilies" Zustand. Die Eigentümer teilten seine Meinung, dass es schade sei, eine der wenigen erhaltenen Bunkeranlagen in der Region verwaisen zu lassen. 2009 wurde ein Pachtvertrag geschlossen. Seither sind die derzeit zehn Museumsbetreuer dabei, das Bauwerk in seinen Urzustand zu versetzen. Die Innenräume wurden in unzähligen Arbeitsstunden rückgebaut. Viel Bunkerinventar fand sich bei Bauern in der Umgebung. Über 5.000 Einrichtungsgegenstände, technische Ausstattungen und Gebrauchsartikel wurden gesammelt. Finanziert wird die Arbeit auch durch Spenden. Sponsoren und Ausstellungsobjekte werden weiterhin gesucht. "Wir sind keine rechten Spinner", betonen die Vereinsmitglieder. Sie wollen nicht die Kriegszeit idealisieren. Der Bunker zeige den Größenwahn der Nazis und die Sinnlosigkeit des Krieges.

Die Arbeit des Vereins hat zu einer deutsch-französischen Freundschaft mit den Kollegen vom gegenüberliegenden Rheinufer geführt. Seit August 2005 wird der Westwall vom Land Baden-Württemberg als Ganzes als Kulturdenkmal angesehen und erfährt eine neue Wahrnehmung. Auch in Altenheim werden deshalb Führungen angeboten. Weitere Informationen hierzu gibt es unter www.museumsbunker-emilie.de zu finden. "Seit der Eröffnung hatten wir rund 400 Führungen", so Michael Truttenbach.

Die "Mannschaft" des Museumsbunkers von links: Michael Truttenbach, Martina Retz, Isolde Anselm, Matthias Retz | Foto: Dagmar Jäger
Satteldach und Wandfarbe als Tarnung – ein Modell zeigt, wie der Bunker ausgesehen hat. | Foto: Dagmar Jäger

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