1997 war ein Jubiläumsjahr für Rheinauer Kindergärten
In Diersheim und Freistett wurde das 100-jährige Bestehen gefeiert

Der ehemalige evangelische Kindergarten in der Bahnhofsstraße in Freistett ist in kommunale Trägerschaft übergegangen.  | Foto: Petra Penzel
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  • Der ehemalige evangelische Kindergarten in der Bahnhofsstraße in Freistett ist in kommunale Trägerschaft übergegangen.
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Rheinau (pp). Mutter Jolberg, die Begründerin des Diakonissenhauses Nonnenweier, an deren pädagogischen Grundsätzen sich die erzieherische Arbeit der Kindergärten anlehnt, sagte einst: "Ich will die Kinder zu wahren Christen zu erziehen versuchen, ihr Herz zu Frömmigkeit führen, ihren Geist mit nützlichen Kenntnissen bereichern, ihren Sinn einfach erhalten, ohne Eitelkeit des Lebens, frei von vielen Bedürfnissen."

Die evangelischen Kindergärten in Diersheim und Freistett hatten 1997 einhundert Jahre lang nach diesem Grundsatz ihre Kinder in den beiden Einrichtungen erzogen – nach christlichem Vorbild. Und so feierten sie beide das Bestehen ihrer Kindergärten mit einem Festakt sowie einem anschließenden Fest. In Freistett war damals Heidi Rieth die Leiterin und in Diersheim Sonja Jahnel. Letztere leitet den evangelischen Kindergarten in Diersheim bis heute. Die Leiterin des Kindergartens Freistett, welcher mittlerweile kommunal ist und vor einiger Zeit in "Städtischer Kindergarten Freistett Bahnhofstraße" umbenannt wurde, ist Iris Junker.

Stolz und Befriedigung erfüllte beide evangelische Frauenvereine über die Jubiläen hinweg, waren es doch diese Vereine, welche die Kindergärten vor einhundert Jahren ins Leben gerufen und jahrzehntelang geführt hatten. Heute würde man sie als Fördervereine für ihre Kindergärten bezeichnen. Die Verbundenheit mit dem jeweiligen Kindergarten besteht nach wie vor und auch wenn sich die Ziele der beiden Vereine zum Teil verlagert haben. Heute bestehen beide Einrichtungen und beide Vereine 120 Jahre und länger.

Wie schwierig die Kindererziehung war und ist, und wie sich die Anforderungen seither geändert haben, kann man an der Entwicklung der Frau an sich, einhergehend mit der Emanzipierung, deutlich sehen. Heute ist fast jede Frau berufstätig, was vor über 100 Jahren nicht möglich gewesen wäre. Mit den heutigen Anforderungen kann man die Anfänge Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr vergleichen. Hatten die Kinder früher ausreichend Bewegungsräume zu Hause, in den Straßen und Gassen, mussten sie im Kindergarten erst das Stillsitzen lernen. Heute ist es umgekehrt, die Kinder gewöhnt an Stillsitzen vor dem Fernseher oder inzwischen auch dem Tablet, brauchen Platz und müssen zu körperlicher Bewegung animiert werden. Wuchsen früher Kinder mit vielen Geschwistern auf, muss der Kindergarten heute oft ein Geschwisterchen ersetzen. Außerdem müssen Ruhezonen und -zeiten eingeplant werden, damit die Kinder ihre innere Unruhe und ihre Aggressionen abbauen können. Oft lernen die Kinder zu Hause nicht mehr, auf etwas zu verzichten oder sich etwas mit dem Geschwisterchen zu teilen.

Trotzdem sind die Grundsätze von Mutter Jolberg bis heute nicht „veraltet“. Sie hatte schon vor fast 120 Jahren erkannt, dass Kinder eigenständige Persönlichkeiten sind, die man kennenlernen und fördern muss und sie lehnte sich deshalb schon damals gegen sogenannte „Kinderbewahrungsanstalten“ auf.

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