Wissenschaftler im Nationalpark sammeln Daten
Rothirsche auf Sendung

Hirsch Gandalf bekommt sein Telemetrie-Halsband montiert. | Foto: Heidrun Zeus/Nationalpark Schwarzwald
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  • Hirsch Gandalf bekommt sein Telemetrie-Halsband montiert.
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Seebach (st). Er kennt die Rothirsche im Nationalpark beim Namen: Forstwissenschaftler Thorsten Schaupp ist im Nationalparkteam zuständig für die Datenerhebung durch eine Besenderung dieser größten aller wildlebenden Säugetiere in Baden-Württemberg. „Wir erhalten mithilfe der Telemetrie einen Einblick in die Bewegungen der Rothirsche – also wo halten sie sich auf, wie weit ziehen sie umher.“ Die Erkenntnisse aus diesem Monitoring sollen helfen, mehr über die Rothirsche zu erfahren, ihr Verhalten besser zu verstehen. 

Der Rothirsch gilt als Majestät des Waldes und ist neben dem Löwen Wappentier von Baden-Württemberg. Waldbesitzer verbinden mit dem Rothirsch jedoch nicht nur Positives: Das Abziehen der Baumrinde durch den Rothirsch, das sogenannte Schälen, kann die Holzqualität der heranwachsenden Bäume deutlich mindern. Ein geringerer Holzerlös ist die Folge. Der Nationalpark, der innerhalb eines der Rotwildgebiete Baden-Württembergs liegt, ist mehreren Schutzzielen verpflichtet: In seinen Kernzonen gilt die Maxime Natur Natur sein lassen. Doch neben dieser Hauptaufgabe Prozessschutz hat der Nationalpark auch die Aufgabe, angrenzende Wirtschaftswälder vor Schaden zu schützen. Dass der Leitsatz Natur Natur sein lassen trotzdem auch für den Rothirsch gelten soll, ist ein Ziel der Nationalparkverwaltung. Die Erkenntnisse aus der Wildtierforschung können dabei helfen.

Wanderbewegungen erfassen

„Wir nutzen die Telemetrie, um mehr über die Lebensweise und mögliche Wanderbewegungen der Rothirsche zu erfahren“, sagt Thorsten Schaupp. Hierbei werden die Rothirsche zunächst mit Hilfe eines Narkosegewehrs betäubt. Während sie schlafen, wird ihnen ein Senderhalsband montiert und eine Ohrmarke gesetzt. „Wir nehmen bei den Tieren auch gleich eine Speichelprobe für spätere genetische Auswertungen“, erklärt der Forstwissenschaftler. Anhand der Ohrmarkennummer und der Farbe des Sendehalsbands sind die Rothirsche später auch auf den Bildern des laufenden Fotofallenmonitorings wiederzuerkennen.

„Jeder Hirsch erhält von uns einen eigenen Namen“, verrät der Wildtierforscher. So wurde beispielsweise Fasnachtshirsch erstmalig an Fasnacht 2017 besendert. Da die Akkulaufzeit der GPS-Halsbänder begrenzt ist und Langzeitdaten für die Erforschung der Raumnutzung besonders bedeutsam sind, wurde Fasnachtshirsch im April erneut mit einem Halsband ausgestattet. Die Auswertung seiner bisherigen Halsbanddaten im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit zeigte, dass dieser Hirsch auf einer Fläche von rund zwölf Quadratkilometern lebt. Damit durchstreift Fasnachtshirsch eine vergleichsweise große Fläche: Im Durchschnitt beträgt der Lebensraum von Rothirschen im Nationalpark fünf bis acht Quadratkilometer. Diese Fläche variiert von Jahr zu Jahr leicht. 

Erkenntnisse zur Lebensweise

„Wir konnten bei Fasnachtshirsch und zehn weiteren, über mehrere Jahre untersuchten Artgenossen eine hohe Ortstreue feststellen,“ resümiert Friedrich Burghardt, Leiter des Wildtiermanagements im Nationalpark. „Nennenswerte Wanderbewegungen in die angrenzenden Wirtschaftswälder bestätigten sich hierbei nicht.“ Die bisherigen Daten von Fasnachtshirsch verraten dem Forschungsteam noch weitere interessante Details: So legte er je Stunde durchschnittlich eine Strecke von ungefähr 100 Metern zurück. Seine Raumnutzung war dabei in der Nacht größer – am Tag hielt er eine größere Distanz zu den Wegen ein.

Gandalf, ein weiterer Rothirsch, wurde vom Telemetrieteam des Nationalparks um Ostern zum ersten Mal besendert. Er wird mit seinem GPS-Halsband ebenfalls über mehrere Jahre wertvolle Daten für die Wildtierforschung liefern. Mit Hilfe der Genetik und der Besenderung weiterer Tiere erhoffen sich die Wildtierforscher Erkenntnisse zur Lebensweise und Raumnutzung von Gandalfs Nachkommen und von weiteren Rothirschen im Nationalpark. Im Rahmen des laufenden Telemetrieprojekts des Nationalparks sollen in den nächsten zwei Jahren dreizehn weitere Tiere mit einem Sendehalsband ausgestattet werden.

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