Gericht will über Art des Insolvenzverfahrens entscheiden
German Pellets mit einem „großen Informationsdefizit“

Ein Haufen Späne und keine Produktion: Das Pellets-Werk bei Orschweier steht still. | Foto: Foto: Michael Masson
  • Ein Haufen Späne und keine Produktion: Das Pellets-Werk bei Orschweier steht still.
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Ettenheim/Mahlberg/Wismar. Der Holzverarbeiter „German Pellets“ (GP) mit Hauptsitz in Wismar, der auch ein Werk bei Orschweier betreibt, sorgt für immer neue
Schlagzeilen. Eine für den Aschermittwoch angesetzte
Gläubigerversammlung war vom Geschäftsführer Peter Leibold kurzfristig
abgesagt worden. Dort wäre es um 52 Millionen Euro schwere
Anleihepapiere gegangen, deren Kurs angesichts großer
Liquiditätsprobleme in den tiefsten Keller gestürzt war.

Stattdessen hat Leibold am selben Tag die Flucht nach vorne angetreten und ein
„Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung“ beantragt. Zu sprechen ist
Leibold nach wie vor nicht. Aber seiner Firmen- Homepage ist zu
entnehmen, dass der Geschäftsbetrieb während des gesamten Verfahrens in
vollem Umfang fortgeführt werden solle. Ziel sei es, „das Unternehmen
grundlegend zu restrukturieren und die bestmögliche Lösung für Gläubiger
und Mitarbeiter zu erreichen.“ Nämlich mit alter Geschäftsführung.

Doch da hatte das zuständige Schweriner Amtsgericht geblockt und Leibold
erst mal die vorläufige Insolvenzverwalterin Bettina Schmudde vor die
Nase gesetzt.  Laut Nachrichtensender n-tv will das Gericht über die Art
des Insolvenzverfahrens erst nach dem Votum eines vorläufigen
Gläubigerausschusses entscheiden. Direktorin Monika Köster-Flachsmeyer
begründete dies damit, dass die Anlegerstruktur von German Pellets sehr
unübersichtlich sei. Die Anlage- Gläubiger (hier geht es insgesamt um
knapp 225 Millionen geliehener Euro) begrüßen das laut ihrem
Anlagevertreter Klaus Niedung: „Es herrscht ein großes
Informationsdefizit.“

Das herrscht nach wie vor auch vor Ort. Das Werk im von Ettenheim und Mahlberg getragenen interkommunalen
Industriegebiet DYN A 5 produziert laut Betriebsleiter Manfred Pache
schon seit Januar keine Pellets mehr. Auch er sei nicht informiert, was
in der Wismarer Firmenzentrale vor sich geht. Die hat unterdessen
versprochen, dass Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer während des
vorläufigen Insolvenzverfahrens über das Insolvenzgeld für drei Monate
gesichert seien. In den Ettenheimer und Mahlberger Rathäusern herrscht
nach wie vor Ratlosigkeit. Die Bürgermeister Bruno Metz und Dietmar Benz
sind nach eigenen Angaben auch nur auf Zeitungsinformationen
angewiesen. Selbst die Zahl von 40 Arbeitsplätzen am hiesigen Pellet-
Werk beruht nur auf Firmenangaben. Sogar die von Metz genannten
„ansehnlichen“ Steuereinnahmen der letzten Jahre („German Pellets ist
unter den TOP Five unserer Gewerbesteuerzahler“) werden mählich in
Zweifel gezogen.  

Derweil hat sich die über 800 Mitglieder starke „Bürgerinitiative Gewerbepark Ettenheim/Mahlberg“ mit der neuen
Situation befasst. Sie hatte schon seit der Werkseröffnung 2006 beklagt,
dass übermäßiger Lärm, Feinstaub und Gestank mangels ausreichender
Behördenauflagen erduldet werden müssen. Schadenfreude herrscht hier
trotzdem nicht. Allerdings machen die beiden BI-Vorsitzenden Peter
Ohnemus und Klaus Deutschkämer keinen Hehl daraus, dass German Pellets
als Betreiber bislang alles andere als kooperativ und gesprächsbereit
war. Die Ansiedlung der Pellet-Fabrik nahe der Orschweierer Wohnbebauung
sei ein Grundfehler gewesen: „Die Lage war falsch.“ Jetzt seien
kommunale Entscheidungsträger und Behörden am Zug. Man habe ihnen dazu
schon längst genügend Fakten geliefert.

Für Mahlbergs Bürgermeister Dietmar Benz ist jedenfalls klar: Auch bei einem
eventuellen neuen Betreiber des Ettenheimer GP-Werks, so denn einer
käme, müsse geprüft werden, ob Nachbesserungen im Produktionsablauf
möglich sind. „Wir wünschen uns künftig ein gutes Miteinander mit dem
Betrieb.“ Das gab es also bislang nicht, bestätigt Benz damit
unumwunden. Er bekräftigt die Forderung vom Mahlberger Gemeinde- und
Orschweierer Ortschaftsrat, vor der noch immer ausstehenden baulichen
Genehmigung einer Produktionsverdoppelung vorsorglich die bekannten
Belastungen durch Lärm, Feinstaub und Gestank nach städtebaulichen
Gesichtspunkten neu zu überprüfen – zum Wohle der Nachbarschaft und Umwelt.

Autor: mam

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