Besucherbergwerk Schnellingen existiert nur dank ehrenamtlicher Arbeit
Bisher 170.000 Gäste im Stollen

Weißer Steigeranzug ehrenhalber: Georg Allgaier vor dem Mundloch des Besucherbergwerks  | Foto: djä
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Haslach (djä). In der Ortenau gibt es zahlreiche kunst- und kulturhistorische Stätten. Wer sorgt für die Erhaltung und dafür, dass Besucher diese Schätze besichtigen können? Wir stellen in unserer Serie historische Orte in der Ortenau vor, die es ohne das ehrenamtliche Engagement von Bürgern heute nicht gäbe.

"In Haslach gräbt man Silbererz", weiß schon das Badnerlied zu berichten. Vom Bergbau vor rund 800 Jahren zeugt im Ortsteil Schnellingen die Grube "Segen Gottes". 1562 wurde sie geschichtlich erstmals erwähnt. Jahrhundertelang schlugen sich Bergleute mit Hammer und Schlägel durch den Berg, um die silberführenden Adern im Schwer- und Flussspat abzubauen. 1786 endete der Abbaubetrieb. Die Grube füllte sich mit Schlamm, Geröll und Wasser.

Sprichwörtlich kann der Glaube Berge versetzen. Um ein jahrhundertelang aufgelassenes Bergwerk wieder begehbar zu machen, ist dagegen viel Zeit, Arbeit und der unerschütterliche Wille nötig, diese historische Stätte für die Allgemeinheit zugänglich zu machen. "Dazu muss man schon auf eine bestimmte Art verrückt sein", sagt Georg Allgaier mit einem Zwinkern. 1996 unternahm der Haslacher mehrere Suchfahrten in die noch zugänglichen Bereiche im Berg. Der Pensionär, als passionierter Mineraliensammler schon immer von der Schönheit der unterirdischen Welt fasziniert, wollte herausfinden, ob das Bergwerk wieder begehbar gemacht werden kann. "Aufwältigung" nennt ein Bergmann das Ausräumen und erneute Absichern eines alten, bereits aufgegebenen Grubenbaus.

1997 begann er mit der Arbeit. In Haslach konnte man erst nicht so recht an den Erfolg der als Sisyphusarbeit anmutenden Anstrengungen glauben. Ein Jahr später aber begann die Stadt Haslach, das Projekt mit ihrem Maschinenpark zu unterstützen. Die Bundesagentur für Arbeit steuerte erst eine, dann drei Hilfskräfte bei. Es gab Zuschüsse vom Land Baden-Württemberg. Und lokale Spender engagierten sich, was den Gemeinderat und die ehrenamtlichen Helfer weiter motivierte. Mittlerweile war der pensionierte Lehrer Alfred Bucholz zur Gruppe dazugestoßen. Selbst als Allgaier 1999 von einer Schlammlawine verschüttet und von der Feuer- und Grubenwehr geborgen werden musste, konnte der Zwischenfall den Enthusiasmus nicht bremsen.

Insgesamt legten die unermüdlichen Grubenretter gut 700 Meter an Stollen, Schächten und Gängen frei. Rund 2.000 Kubikmeter an Schlamm und Gestein wurden in Handarbeit aus dem Berg geräumt. Zirka 200.000 Eimerladungen an Material wurden in kleine, grubengängige Handschubkarren verfrachtet. Etwa 50.000 Male wurden diese ausgefahren. Die Bilanz der Mühen: rund 25.000 geleistete Arbeitsstunden, davon geschätzte 12.000 von Initiator und Mentor Georg Allgaier im Ehrenamt. Für sein bürgerliches Engagement wurde ihm 2005 das Bundesverdienstkreuz verliehen. "Die Leistungen der frühen Bergleute sollen von allen besichtigt werden können", erklärt Allgaier die Gründe für das Engagement der Helfer.

2002 konnten die Einbauten fertiggestellt werden, welche die Grube zu einem Besucherbergwerk machen. Zwei Jahre später war mit der "Schnellinger Silberstub" ein Servicegebäude errichtet, in dem die Besucher mit Helm, Gummistiefeln und Regenmantel "grubenfest" gemacht werden.
Seit der Einweihung im September 2004 führen zehn ehrenamtliche Bergwerksführer die Besuchergruppen durch die drei Sohlen der Grube. Bis heute haben sie 170.000 Besucher sicher durch den Berg geleitet und ihr Wissen weitergegeben. Sie führen die Besucher an der Holzpumpe aus dem 18. Jahrhundert vorbei und dem "Hunt", dem alten Grubenwagen mit hölzernen Rädern. Über passgenau an den Berg eingefügte Gitterrosttreppen und -böden geht es hinauf und hinunter, vorbei an Tropfsteinen, Kristalldrusen und Sinterformationen, wie sie sonst kaum ein anderes Besucherbergwerk in Baden-Württemberg bieten kann. Die historischen Türstockverbaue gehören zu den Schätzen der Grube. Außer Montag finden vom 1. April bis 31. Oktober täglich drei Führungen statt.

Weißer Steigeranzug ehrenhalber: Georg Allgaier vor dem Mundloch des Besucherbergwerks  | Foto: djä
Hier wacht die heilige Barbara, Schutzpatronin der Bergleute | Foto: djä

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