Interview mit Prof. Antje Dietrich, Hochschule Kehl
"Es besteht Nachholbedarf bei digitaler Verwaltung"

Prof. Antje Dietrich | Foto: HS Kehl

Ortenau. Wichtige Akteure bei der Gestaltung der Zukunft sind die Kommunen. An der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl ist die Digitalisierung von Kreisverwaltungen, Städten und Gemeinden ein Thema bei der Lehre und Forschung für die Studierenden. Rembert Graf Kerssenbrock sprach mit Prof. Dr. Antje Dietrich, bei der Fakultät für Wirtschafts-, Informations- und Sozialwissenschaften zuständig für Verwaltungsinformatik.

Wenn Sie sich öffentliche Verwaltungen heute anschauen: Ist da bereits jetzt Luft nach oben in Sachen Dienstleistung für die Bürger?
Die Zukunft der Kommunen liegt für mich in der gemeinschaftlichen Widmung der verschiedenen Zielgruppen der öffentlichen Verwaltung zusammen mit den Vertretern der öffentlichen Verwaltung, um die bestehenden Aufgaben gemeinsam bewältigen zu können. Wichtig ist es, die Wünsche der Zielgruppen in die zukünftigen Planungen mit einzubeziehen und die zukünftigen Angebote nicht an den Zielgruppen vorbei zu entwickeln. Diese neuen Angebote, die auch im Bereich der Digitalisierung liegen werden, sollten dann Schritt für Schritt nach einer Priorisierung eingeführt werden. Gerade im Bereich der Digitalisierung besteht Nachholbedarf, dies kann im internationalen Vergleich belegt werden.

Liegt die Zukunft einer modernen Verwaltung allein im digitalen Angebot?
Die öffentliche Verwaltung muss flexibler und agiler werden, so dass auch in Zeiten des Fachkräftemangels die Arbeitsplätze mit agilen und ideenreichen Mitarbeitern besetzt werden können. Der Umgang mit Daten, Stichwort: „Open Data“, aber auch die Anwendung des „Once-Only-Prinzips“, der Vereinheitlichung der Register, sind weitere Möglichkeiten die Verwaltung zukunftsfähig zu halten.

Welche Aufgaben werden Kommunen in Kürze digital anbieten (können), die es so heute noch nicht gibt?
Das Land Baden Württemberg setzt derzeit verschiedene Standardprozesse um. Diese können über das Service-BW-Portal genutzt werden. Das Online-Zugangsgesetz besagt, dass ab dem Jahr 2022 Verwaltungsleistungen auch elektronisch angeboten werden sollten. Allerdings ist diese Aufgabe sehr ambitioniert. Ebenso sind Bund und Länder verpflichtet, die Verwaltungsportale zu verbinden. Damit soll ein einheitlicher Zugang für die Nutzer unter Verwendung eines Nutzerkontos geschaffen werden. Dies ist ein Schritt in Richtung der Umsetzung des „Once-Only-Prinzips“.

Gehen die heutigen Studenten mit einem anderen Selbstverständnis und anderen Erwartungen ins Studium?
Die Studierenden kommen mit anderen Erwartungen an die Hochschule. Zum einen erwarten sie eine moderne IT-Infrastruktur an der Hochschule, den Einsatz von innovativen Lehr- und Lernmethoden und auch eine zeitgemäße IT-Ausstattung bei den Praxisstellen während des Studiums und bei den zukünftigen Arbeitgebern. Da die Studierenden der Generation Z entstammen, haben sie als Digital Natives den Umgang mit den entsprechenden Technologien schon von Kleinkind an erlernt haben und sehen diese als selbstverständlich an. Ebenso haben die Studierenden andere Erwartungen an eine moderne Verwaltung als Arbeitgeber, denn die Studierenden können zwischen einer Vielzahl an attraktiven Studiengängen auswählen und treffen somit auch schon eine bewusste Vorauswahl des zukünftigen Arbeitgebers.

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