Karl Britz taucht in die Vergangenheit ab
Geschichtsforschung mit besonderen Folgen

Karl und Hanna Britz freuen sich über eine Auszeichung, die für sie mehr bedeutet als nur gute Geschichtsforschung. | Foto: Michael Bode
  • Karl und Hanna Britz freuen sich über eine Auszeichung, die für sie mehr bedeutet als nur gute Geschichtsforschung.
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Kehl-Bodersweier. Als Karl und Hanna Britz am 22. Januar der German Jewish History Award in Berlin verliehen wurde, war es für beide ein ganz besonderer Moment. Denn es waren die Überlebenden und Angehörigen der Familien, die einst in Bodersweier gelebt hatten und in der NS-Zeit verfolgt worden waren, die das Ehepaar für die Auszeichnung vorschlugen. Dass das Schicksal dieser Menschen im Leben der Familie Britz zu solch einer Auszeichnung führte, hatten sich beide nicht vorstellen können, als Karl Britz 1984 zusammen mit anderen Mitstreitern mit seinen Recherchen für die Dorfchronik von Bodersweier aus Anlass des 1.100-jährigen Bestehens des Kehler Stadtteils begann. "Für mich war von Anfang an klar gewesen, dass die jüdischen Familien und ihr Schicksal zu Bodersweier gehören wie alle Vereine oder die erste urkundliche Erwähnung des Ortes", so Britz. "Das war der Ursprung von allem."

Denn nachdem der emsige Chronikschreiber herausgefunden hatte, dass es noch Überlebende und Nachfahren gab, suchte er den Kontakt. In der Ortschaft wurde auf dem Friedhof ein Gedenkstein für die Opfer des Nationalsozialismus errichtet. "Dabei war auch Hans Nussbaum eine treibende Kraft", erinnert sich Karl Britz. "Dass wir das Denkmal aufstellten, war wohl eine Pioniertat, denn es wurde gleichberechtigt mit den bestehenden Kriegerdenkmalen installiert." Und das war zu dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit. "Ich wurde für meine Arbeit im Ort nie angefeindet", freut sich Britz. Natürlich habe es mal Nachfragen gegeben, aber im Großen und Ganzen würde sein Engagement akzeptiert: "Es mag auch daran liegen, dass ich mich nicht auf dieses Thema reduziert habe." 

Mit einem Buch war noch nicht Schluss

Denn mit der ersten Chronik von Bodersweier hatte Britz Spaß an der Geschichte gefunden. So stammt aus seiner Feder die Dorfchronik des Nachbarortes Auenheim, aber auch ein Kinderbuch hat Karl Britz verfasst. Immer wieder schreibt er für den Historischen Verein und arbeitet an der Jahresschrift des Heimatbundes Auenheim. Wer etwas über den Kehler Norden erfahren möchte, der findet in Karl Britz eine stets sprudelnde Quelle der Information. Sein wichtigster Partner bei seinen historischen Recherchen ist seine Frau Hanna. "Sie kann perfekt Sütterlin-Schrift lesen. Das hat mir mehr als einmal weitergeholfen", zollt er ihr Anerkennung. Zudem ist er sich sicher, dass er ohne seine Frau nicht das herzliche, freundschaftliche Verhältnis zu den Nachfahren der jüdischen Familien aufgebaut hätte. "Sie hat unsere Gäste stets willkommen geheißen", sagt Britz. Denn bald war das Haus der beiden die erste Anlaufstelle für alle, die etwas über die Geschichte ihrer Familie erfahren wollten. 

Der ehemalige Lehrer und Leiter der Auenheimer Grundschule wurde in Bodersweier geboren. "Mein Vater war Landwirt. Ich lebte ein ganz normales Dorfkinderleben", so der fast 76-Jährige. "Dass ich einmal studieren würde, hätte ich nicht gedacht." Britz besuchte die Volksschule in seinem Heimatort, wechselte auf die Handelsschule in Kehl und machte am Wirtschaftsgymnasium in Offenburg Abitur. "Nach nur vier Semestern Lehramtstudium wurde ich mit 22 Jahren schon auf die Schüler losgelassen", erinnert er sich an seine beruflichen Anfänge. In den 60er-Jahren herrschte Lehrermangel an den Schulen, Pädagogen wurden gebraucht. 

Seine Frau Hanna kennt er seit seiner Jugend. Doch erst als sie mit gemeinsamen Freunden eine Laienspielgruppe gründeten, kamen sich die beiden näher und wurden ein Paar. "Da waren wir gerade 20, 1965 haben wir geheiratet", erinnert sich Karl Britz. Nach einem kurzen Ausflug in den Schwarzwald kam Britz schließlich an die Schule nach Bodersweier und schließlich nach Auenheim. "Ich war kaum dort, als der Schulleiter krank wurde und ich die Position kommissarisch übernehmen musste", erzählt Britz. Er stellte sich, obwohl noch jung, der Verantwortung. Als ein neuer Schulleiter gesucht wurde, fiel die Wahl auf ihn. Bis zu seiner Pensionierung 2006 war Britz mit Leib und Seele Lehrer und blieb der Auenheimer Schule treu: "Ich war außerdem Lehrbeauftragter am Staatlichen Seminar für Lehrerausbildung. Diesen Austausch fand ich immer anregend." Christina Großheim

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