Substitutionspraxis Kehl: Das Konzept hat sich bewährt

Ein Blick in die Substitutionspraxis in Kehl, die die Arbeit der Mediziner mit der der Sozialarbeiter verknüpft. | Foto: gro
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Kehl. Gestern vor einem Jahr wurde die erste Patientin aufgenommen, am heutigen Mittwoch vor einem Jahr wurde die Substitutionspraxis in Kehl feierlich eröffnet. „Wir
hatten einen langen Vorlauf“, so Michèle Falch-Knappe, Leiterin der
Jugend- und Drogenberatung in Kehl (DROBS), unter deren Dach die Praxis
angesiedelt wurde.

60 Patienten, so wurde geschätzt, würden in Kehl künftig das Angebot nutzen. „Wir haben die Zahl erreicht, allerdings sind im Augenblick lediglich 43 in Behandlung“, stellt
Falch-Knappe fest. Fünf, die schon zuvor in der Offenburger
Substitutionspraxis behandelt wurden, sind wegen des bestehenden
Vertrauensverhältnis wieder dorthin zurück gegangen. Drei der
aufgenommenen Patienten sind zu Falch-Knappes Bedauern gestorben, zwei
befinden sich aktuell in Haft. Lediglich sieben Betroffene, die eine
Substitutionsbehandlung begonnen hatten, haben diese abgebrochen. „Das
sind gute Zahlen, wir sind sehr zufrieden.“

Das Konzept der Kehler Substitutionspraxis unterscheidet sich deutlich von anderen in
Deutschland. Es wurde aus Frankreich übernommen, wo die Süchtigen
innerhalb einer „micro-structure“ behandelt werden. Konkret bedeutet
das: Es gibt nicht nur den Mediziner, der das Ersatzmittel ausgibt und
die Patientin medizinisch betreut, es stehen auch ein Psychologe und
Sozialarbeiter als Ansprechpartner zur Verfügung.

„Das Projekt wird durch das Land wissenschaftlich begleitet, denn es soll
festgestellt werden, ob das Konzept auf die ländliche Versorgung
allgemein übertragbar ist“, erklärt Michèle Falch-Knappe. Vor kurzem
fand die erste Evaluierung statt, bei der die Patienten, die Mitarbeiter
und das Umfeld befragt wurden. „Sie ist erst teilweise ausgewertet,
aber die ersten Ergebnisse sind sehr positiv“, freut sich die Leiterin
der DROBS. „Die Patienten empfinden die Verfügbarkeit der
Ansprechpartner als sehr angenehm. Es reicht oft schon ein einfaches
‚Wie geht‘s?‘ zwischen Tür und Angel.“ Ein weiteres Ergebnis ist, dass
sich die Patienten medizinisch gut versorgt fühlen. „Sie haben im
Vergleich zu anderen Substitutionspatienten weniger Probleme“, berichtet
Michèle Falch-Knappe. Das liegt daran, dass der Weg zu den anderen
Ansprechpartner – sowohl den Psychologen, die oft benötigt werden, als
auch den Sozialarbeitern, die helfend eingreifen – hier besonders kurz
ist. „Ein Arzt, der im normalen Praxisbetrieb substituiert, kann zwar
darauf hinweisen, dass es die Angebote gibt“, so Falch-Knappe, aber die
Hürde sie in Anspruch zu nehmen, sei für das Klientel oft zu hoch.

Mittlerweile steht das Team: Dr. Patrick Gassmann aus Straßburg, der schon seit 20
Jahren in Frankreich in dem Bereich arbeitet, ist an drei Tagen in der
Woche vor Ort. Er wird unterstützt durch Dr. Claus-Dieter Seufert und
Dr. Frieder Baldner, die einmal in der Woche vor Ort sind. Seit März ist
ein Psychiater im Team und die Stellen der Sozialarbeiter wurden um
eine halbe aufgestockt. 

Die Patienten wählen einen Bezugsarzt, werden aber auch von den anderen betreut. „Am wichtigsten ist die
Kommunikation im Team“, sagt Michèle Falch-Knappe. Es gibt regelmäßige
Besprechungen und Treffen, damit alle auf dem gleichen Stand sind.
Zufrieden ist die Leiterin der DROBS, dass schon einige Patienten in
Arbeitsprojekten sind und auch weitervermittelt werden konnten. „Einige,
die zu uns stießen, sind berufstätig, deshalb haben wir
Samstagsöffnungszeiten eingeführt.“

Autor: Norbert Rößler

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