Die Liebe führte ihn nach Schmieheim
Senior-Brauereichef Horst Lusch feierte 90. Geburtstag

Der ehemalige Brauereichef Horst Lusch blickt mit seinen 90 Jahren auf ein sehr ereignisreiches und erfolgreiches Leben zurück. | Foto: Michael Bode
  • Der ehemalige Brauereichef Horst Lusch blickt mit seinen 90 Jahren auf ein sehr ereignisreiches und erfolgreiches Leben zurück.
  • Foto: Michael Bode
  • hochgeladen von Daniela Santo

Kippenheim-Schmieheim. "Nein, 90 Jahre kann man nicht nur in wenige Sätze packen", weiß der Jubilar und versucht, sich im Gespräch nur auf die wirklich wichtigsten Punkte in seinem Leben zu beschränken. Die Erlebnisse, Geschichten und Anekdoten von Horst Lusch, Senior-Chef der Schlossbrauerei Stöckle Schmieheim, der am Freitag seinen Geburtstag feierte, könnten ein ganzes Buch füllen – geprägt von den Schrecken des Zweiten Weltkriegs, der Flucht aus der DDR, dem Wirtschaftswunder und der großen Liebe.

Obwohl Horst Lusch selbst Sprössling einer Brauerei, der Schlossbrauerei zu Mirow in Mecklenburg, ist, war es nie sein Plan, einmal selbst ins Brauerei-Geschäft einzusteigen. "Mein älterer Bruder war als Nachfolger vorgesehen, ich hatte also freie Berufswahl", erzählt der rüstige Senior. So entschied er sich nach der Schule 1947 erst einmal für eine Elektrolehre und wollte im Anschluss Elektrotechnik studieren. "Ich habe mich an der Uni in Rostock beworben, schloss die Vorprüfung als Drittbester ab und wurde aber als Kapitalistensohn rigoros abgelehnt", regt sich Horst Lusch noch heute auf. Auch an der Ingenieursschule in Wismar, wo er aufgrund von Beziehungen hoffte unterzukommen, wurde er 1950 abgelehnt. "Bei der Verabschiedung schaute mich der Direktor aber an und fragte, ob ich nicht Verwandte im Westen hätte", berichtet Lusch. Da sei ihm klar geworden, was er tun müsse, schließlich hatte sein Vater eine Cousine in Offenburg. In die Fluchtpläne weihte er jedoch lediglich seine Mutter ein. Seine Flucht schließlich war filmreif, nicht zuletzt weil er im ersten Bahnhof auf westdeutschem Gebiet vom fahrenden Zug absprang und einen Bahn-Bediensteten zur Seite stieß, um endlich außerhalb des Bahnhofs westdeutschen Boden betreten zu können. Über eine Tante in West-Berlin erlangte er auch einen provisorischen West-Berliner Ausweis, mit dem er gleich einen Flugschein kaufen konnte. "Das ersparte mir den Übergang in einem Flüchtlingslager", berichtet er.

Elektrotechnik, Karriere und Schlossbrauerei

Dank der Offenburger Verwandtschaft konnte Horst Lusch Ende Oktober 1950 als Elektriker im E-Werk anfangen, bewarb sich aber bald darauf im Staatstechnikum in Karlsruhe für Elektrotechnik. 1956 schloss er das Studium als Ingenieurs erfolgreich ab und trat in die Exportabteilung von AEG in Frankfurt ein. "Ich wollte nicht zur Bahn oder zur Post, ich wollte unbedingt die Welt kennenlernen", erklärte er. Das tat er dann auch, allerdings viel mehr privat mit seinem Onkel, damals Vorsitzender des Vereins Deutscher Maschinenbau-Anstalten in Frankfurt und begeisterter Hobby-Fotograf. "Er nahm mich fünf Mal mit nach Afrika, nie unter vier Wochen." Zum Glück habe sein Onkel auch den Chef der AEG gekannt, der ihm jedes Mal unbezahlten Urlaub gewährte. In den Folgejahren durchlief Horst Lusch einige Abteilungen der AEG, unter anderem in Hamburg. "Dort lernte ich bei einer Hochzeit den technischen Intendanten des Hessischen Rundfunks kennen, der einen Direktionsassistenten suchte", erzählt Lusch. Er bot ihm das doppelte Gehalt als die AEG bezahlte. "Das war dann keine Frage des Überlegens, ich habe gleich gekündigt."

Da kannte er bereits seine künftige Ehefrau, die er 1952 beim traditionellen ADAC-Fastnachtsball in der Lahrer Dammenmühle kennengelernt hatte. Viele Jahre über hatten die beiden nur losen Kontakt, doch schon bei der ersten Begegnung war Lusch "hin und weg". 1964 heiratete er schließlich die um einige Jahre ältere Gertrud Stöckle, die schon seit 1948 den familieneigenen Brauereibetrieb in Schmieheim mitführte. Aus Liebe – und nach einem Tag Bedenkzeit – verzichtete er auf das große Geld in Frankfurt und stieg ebenfalls in die Brauerei mit ein, als technischer Leiter.
Mit der Inbetriebnahme des neuen Sudhauses 1999 übergab Lusch die Geschäftsführung an seinen damals 34 Jahre alten Sohn Jörg an die siebte Generation. Noch immer ist Horst Lusch, der direkt neben der Brauerei wohnt, immer wieder dort anzutreffen. "Oft ist es mir da aber einfach zu hektisch", gesteht er. So genießt er lieber in Ruhe einen guten Bordeaux und natürlich auch das eigene Bier, "gern ein hopfenbitteres", so der ehemalige Schmieheimer Brauereichef. Daniela Santo

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.