Jörg Uffelmann erinnert sich
In den Sitzungen herrschte dicke Luft

Jörg Uffelmann | Foto: Glaser
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Lahr (ag). "Ich darf beim Badnerlied nicht mitsingen", sagt Jörg Uffelmann lachend. Er ist nämlich in Dessau in Sachsen-Anhalt geboren. Doch von dort floh die Familie bereits gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nach Hessen. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte der inzwischen 78-Jährige aber in Lahr – nämlich seit er 13 Jahre alt war. Hier ging er zur Schule und lernte seine Ehefrau Brigitte in der Ski-Gilde kennen. In Lahr sind seine beiden inzwischen erwachsenen Töchter geboren, arbeitete Jörg Uffelmann bis zur Rente als Rechtsanwalt. Und in der Schächtele-Stadt sitzt er für die FDP seit 40 Jahren im Gemeinderat. 1972, als der Stadtanzeiger Verlag gegründet wurde, war er zwar politisch interessiert, aber noch nicht aktiv.

"Ich war damals juristischer Referendar", erzählt Jörg Uffelmann. "In Lahr war zu dieser Zeit noch das Schöffengericht und es wurde größten Wert darauf gelegt, dass auch die Referendare sehr ordentlich gekleidet waren." Der Richter trug nicht nur Robe, sondern auch die entsprechende Kopfbedeckung. Unweit vom Gerichtsgebäude, wo heute die Kriminalpolizei untergebracht ist, saßen im alten Gefängnis die Untersuchungshäftlinge.

Es existierte noch der Landkreis Lahr

Anfang der 70er-Jahre entstand die Nordtangente. Die Kaiserstraße war noch beidseitig befahrbar und die Marktstraße Einbahnstraße. "Auf dem Marktplatz gab es eine überdachte Markthalle mit gusseisernen Säulen", so der Rechtsanwalt. Heute würde man ein solches Schmuckstück restaurieren. Vor Jahrzehnten wurde es einfach schnöde abgerissen.
Vor allem existierte 1972 noch der Landkreis Lahr. Dieser wurde erst im Zuge der Kreisreform am 1. Januar 1973 aufgelöst. Uffelmann erinnert sich noch gut an die damalige Aufregung darüber. Der inzwischen verstorbene Karl Theodor Uhrig, Gemeinde- und Kreisrat sowie CDU-Landtagsabgeordneter, kämpfte erbittert darum, dass das Landratsamt in Lahr bleibt. Doch es half alles nichts. Schließlich ging es nur noch um die Frage, ob die Stadt zum Ortenaukreis oder Kreis Emmendingen gehören sollte. Letzteres war in der Bevölkerung alles andere als beliebt. "Wir sind doch nicht plemplem und gehen nach EM", zitiert Jörg Uffelmann den Schlachtruf von damals.
Das heißt aber keineswegs, dass zwischen Lahr und Offenburg große Liebe herrschte: "Heute ist das alles kein Thema mehr, aber damals gab es durchaus Animositäten." Extrem wurmte es die Lahrer, dass auf ihrem Autokennzeichen nicht mehr LR, sondern OG stand.

Kommunalpolitik war viel aggressiver

1972 war auch das Jahr, in dem Hugsweier, Kippenheimweiler, Kuhbach, Langenwinkel, Mietersheim, Reichenbach und Sulz im Zuge der Gemeindereform Lahrer Stadtteile wurden. Im Rahmen seiner Referendarausbildung machte Jörg Uffelmann in dieser Zeit auch Station bei der Stadtverwaltung. Leiter der Rechtsabteilung war der spätere Oberbürgermeister Werner Dietz, Oberbürgermeister Philipp Brucker. "Es durfte während den Sitzungen noch geraucht werden", erzählt der Rechtsanwalt. Aber nicht nur deshalb herrschte im Saal oft dicke Luft.
"Früher war Kommunalpolitik viel aggressiver: Das ging mitunter bis an die Grenze zur Beleidigung." Das galt ebenfalls noch, als Jörg Uffelmann 1982 selbst für Joachim Heil in das Gremium nachrückte. Es gab sogar Prozesse, bei denen Stadträte auf Unterlassung klagten, weil sie sich über Behauptungen während Gemeinderatssitzungen aufregten. Gemeinsame Nachsitzungen waren abwegig: "Das bürgerliche Lager, zu dem sich ebenfalls die FDP zählte, ging in den 'Löwen', die SPD-Parteibaracke, wie alle damals sagten, war die 'Sonne'." 1997, der Geburtsstunde der Sonntagszeitung Der Guller, herrschte jedoch eine andere Atmosphäre: "Das war nicht zuletzt dem damals neuen OB Wolfgang G. Müller zu verdanken." Das beherrschende Thema war die Konversion, die im vollen Gange war: Was passiert mit dem Flugplatzgelände? Wie kann die Integration der Neubürger aus der ehemaligen Sowjetunion möglichst optimal gelingen?
Ist der Kommunalpolitiker mit der Entwicklung der Stadt zufrieden, wenn er heute auf Lahr blickt? "Ja", sagt Jörg Uffelmann. "Das liegt nicht zuletzt auch an der Landesgartenschau. Diese war ein Glücksfall für uns und hat der Stadt einen richtigen Schub gegeben."

Jörg Uffelmann | Foto: Glaser

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