Friedliches Miteinander
Russisch sprechende Community unterstützt Flüchtlinge

Stark engagiert in der Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge: der Minimarkt in Lahr | Foto: ds
  • Stark engagiert in der Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge: der Minimarkt in Lahr
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Lahr (ds). "Keiner, der hier lebt, kann etwas für diesen Krieg, weder russische oder ukrainische Staatsbürger und vor allem nicht die Russlanddeutschen", betont Olesja Romme von der Lahrer Landsmannschaft der Deutschen aus Russland auf Anfrage der Guller-Redaktion. Mit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, die Öffentlichkeit aufzuklären. Denn nicht nur zu viele Gerüchte würden kursieren, sondern vor allem Anfeindungen hätten in den ersten Tagen des Krieges für Beunruhigung gesorgt.

Vorkommnisse in den ersten Tagen

So sei ein Tanzstudio in Mietersheim Opfer eines russenfeindlichen Angriffs geworden, mittlerweile ermittele die Polizei wegen Sachbeschädigung. Aber auch an den Lahrer Schulen habe es Vorfälle gegeben: "Mir ist ein Fall bekannt, bei dem ein Lehrer die Kinder ausgefragt hat, ob die Eltern für Russland oder die Ukraine seien", nennt Romme ein Beispiel. Außerdem seien einige Kinder in den Pausen gemobbt und als Russen beschimpft worden.

"Wir mussten dann ganz schnell dafür sorgen, dass man in den Schulen sensibilisiert wird und die Situation nicht ausartet. Dabei haben wir sehr viel Unterstützung seitens der Stadt und der Gemeinderatsfraktionen der CDU und FDP erfahren, auch im Zusammenhang mit der Unterbringung von Geflüchteten", so Olesja Romme. Mittlerweile habe sich alles beruhigt. "Eventuelle Nachahmer haben offenbar begriffen, dass ihr Verhalten rechtliche Konsequenzen haben kann", ist sich Olesja Romme sicher.

"Wir dürfen nicht zulassen, dass dieser Konflikt nach Lahr getragen wird", lautet ihr Appell. Niemand wolle den Krieg, man lebe sehr friedlich miteinander. Das Letzte, was man in Lahr brauche, seien ständige Anfeindungen – ob gegenseitig oder auch von außen. Die Russisch sprechende Community – etwa jeder Vierte in Lahr hat Wurzeln in der ehemaligen Sowjetunion – könne überhaupt nicht verstehen, warum sie plötzlich in zwei Klassen – in Russen und Ukrainer – geteilt werde.

Engagement für Flüchtlinge

Bundesweit war Lahr aufgrund seiner besonderen Situation bereits mehrfach in den Medien, auch öffentlich-rechtliche Fernsehsender berichteten aus Lahr. "Mittlerweile will keiner mehr über die derzeitige Situation sprechen. Man will einfach nur in Ruhe gelassen werden", weiß Romme. Sie verweist außerdem auf das große Engagement der Community, das leider noch nicht so wahrgenommen wird: "Wir haben bereits sehr viele ukrainische Flüchtlinge nach Lahr geholt, vor allem mit Hilfe der orthodoxen Kirchengemeinde und des persönlichen Engagements von Erzpriester Vladislav Dikhanov." Auch von der katholischen Kirche und Dekan Johannes Mette erfahre man sehr viel Unterstützung. "Im Moment sind 35 Menschen aus der Ukraine in Lahr, die vom Minimarkt mit Lebensmitteln versorgt werden, bis sie eine finanzielle Unterstützung vom Staat erhalten", berichtet Olesja Romme, die selbst auch vorübergehend Flüchtlinge aufgenommen hat.

Appell von OB Ibert

"Gewalt, Hetze, Mobbing und Hass haben in Lahr keinen Platz" – das erklärte Oberbürgermeister Markus Ibert vergangene Woche in einer Pressemitteilung (wir berichteten). Man sehe sich mit einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine konfrontiert, der sich auf das Zusammenleben in der Stadt auszuwirken drohe. Hierzu habe die Stadt Kenntnis von vereinzelten Vorkommnissen, die an die Polizei weitergegeben wurden. "Ein Beispiel ist ein Brief mit Anfeindungen gegen Russlanddeutsche, den eine Stadträtin an uns weitergeleitet hat. Dieser Brief wurde gezielt an mehrere Personen in Lahr, aber auch anderenorts in Baden-Württemberg verschickt", teilt die Pressestelle auf Anfrage der Guller-Redaktion mit.

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