Die engagierte Lahrerin Inge Vollmer feiert 70. Geburtstag
Immer ihr Bestreben: "Frauen an die Macht"

Inge Vollmer in ihrem "Lieblingszimmer", wie sie ihren heimischen Balkon gern nennt. | Foto: Michael Bode
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Lahr. Inge Vollmer gehört nicht zu den Menschen, die den Mund halten. Ganz besonders dann, wenn es um die Benachteiligung von Frauen geht, erhebt sie ihre Stimme. Am Donnerstag feiert die Lahrerin ihren 70. Geburtstag und hat sich vorgenommen, nicht mehr ganz an vorderster Front zu kämpfen.

"Wenn was anfällt, bin ich aber zur Stelle", räumt sie gleich im nächsten Satz ein. Schon als Jugendliche hat die gebürtige Niederschopfheimerin gespürt, dass Frauen systematisch benachteiligt werden. So durfte sie zwar als Erste in der Familie das Gymnasium besuchen, doch wenn es nach ihrem Vater gegangen wäre, hätte sie die Schule nach der Mittleren Reife verlassen und wäre Sekretärin bei der Bundesbahn geworden. "Meine Mutter riet mir zu einem Beruf, der mir finanzielle Absicherung garantieren würde", erinnert sich Inge Vollmer. Ganz pragmatisch führte sie der Weg an die Pädagogische Hochschule, wo sie ab 1970 Englisch und Geschichte für Grund- und Hauptschule studierte. "Zu meinem Entsetzen war meine erste Stelle in Nordbaden", sagt Vollmer. Da mit öffentlichen Verkehrsmitteln ab Niederschopfheim der Schulweg nicht zu bewältigen war, kaufte sich Inge Vollmer kurzerhand ein Auto – einen Fiat Spider Cabrio, wie sie stolz erzählt. 1975 wechselte sie an die Albert-Schweitzer-Schule in Lahr. Nach einem kurzen Gastspiel in Sulz trat sie 1980 eine Stelle an der Bärbel-von-Ottenheim-Schule in Schwanau-Ottenheim an, ab 1994 war sie bis zu ihrer Pensionierung 2012 an der Eichrodt-Grundschule in Lahr. "Ich habe seit 1979 nur in Teilzeit gearbeitet. Zunächst, um arbeitslosen Junglehrern eine Einstellung zu ermöglichen, später mit der Geburt unserer Tochter Vera 1985 aus familiären Gründen", so Inge Vollmer. Die Zeit außerhalb der Schule nutzte sie, um sich für frauenpolitische Themen zu engagieren.

Von Gewerkschaft bis Parteipolitik

"Meine Chefs waren damals alle Männer", kann sie sich noch heute echauffieren. Einsichtig war ihr das weder damals noch heute. So trat sie 1974 der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bei, um sich für Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen. "Natürlich bin ich auf Widerstand bei vielen Männern gestoßen und hatte unzählige Auseinandersetzungen. Frauen mit langen Haaren fanden sie höchstens niedlich, eine eigene Meinung aber konnten sie nicht akzeptieren", erinnert sie sich noch gut. Für die GEW war sie sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene tätig. "1988 habe ich schließlich für die GEW den Kreisfrauenausschuss gegründet", berichtet sie. "Ich habe all die Jahre versucht, die Rollenbilder zu verändern und frauendiskriminierende Gefüge aufzubrechen", erläutert Inge Vollmer. Frauen sichtbar machen, im Alltag und im öffentlichen Leben, war und ist immer noch ihr großes Bestreben. So war sie zum Beispiel Mitbegründerin der Autonomen Frauengruppe Ortenau und des Frauenzentrums Lahr. Auch parteipolitisch war Inge Vollmer engagiert: 1984 trat sie den Grünen bei, wurde direkt in den Kreistag gewählt und zog als erste Frau für die Partei ins Gremium ein. "Der Kreistag bestand damals aus 100 Mitgliedern, den Anteil der Frauen konnte man an einer Hand abzählen." Von 1994 bis 2004 war Inge Vollmer Mitglied im Regionalverband Südlicher Oberrhein. 1998 rückte sie in den Lahrer Gemeinderat nach, wo sie sich bis zur nächsten Kommunalwahl 1999 insbesondere natürlich Frauenthemen widmete. Ihr Engagement hat Spuren in Lahr hinterlassen: von Gedenktafeln für Frauen bis hin zu ihrem bisher letzten Projekt – der Übergabe einer Liste mit Frauenstraßennamen an Oberbürgermeister Markus Ibert kurz vor dem Corona-Lockdown.

"Ich habe das Glück, dass mich mein Mann Claus immer unterstützt hat", freut sich Inge Vollmer. Kennengelernt hat sie ihn, als beide 1970 bei Roth-Händle in Lahr Geld für ihr Studium verdienten. Sechs Jahre später hat das Paar geheiratet und sich von Anfang an die Aufgaben zu Hause geteilt. "Ich kann bis zum heutigen Tag zum Beispiel keine Waschmaschine bedienen. Dafür bin ich fürs Kochen zuständig, so kann ich entscheiden, was auf den Tisch kommt", berichtet sie schmunzelnd. Das Rezept für eine gute Partnerschaft scheint sie jedenfalls gefunden zu haben: Vor wenigen Tagen haben die Vollmers ihren 50. Kennenlerntag gefeiert. Daniela Santo

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