Oberkircher Winzer
Warum Wein im Urlaub anders schmeckt als zuhause

Chefredakteurin Anne-Marie Glaser ist beeindruckt, wie Licht den Geschmack beeinflusst. | Foto: Bäuerle
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Oberkirch (ag) Was war der Wein auf der schönen Hotelterrasse auf Sardinien lecker! Doch dann die Überraschung: Zuhause auf dem Sofa schmeckt der aus dem Urlaub mitgebrachte Rebensaft überhaupt nicht mehr so gut, obwohl es sich um haargenau die selbe Sorte vom selben Weingut handelt. Wie kann das sein?

Äußere Einflüsse

"Weingenuss ist nicht nur das Konsumieren eines alkoholischen Getränks, sondern Genuss mit allen Sinnen", so der Kellermeister der Oberkircher Winzer e. G. Martin Bäuerle. Dabei spielen äußere Einflüsse eine nicht zu unterschätzende Rolle. So kann der Geschmack ein und desselben Weins laut Bäuerle völlig anders empfunden werden je nachdem, ob er bei einem romantischen Date ein Candle-Light-Dinner begleitet oder mit Kumpels an der Theke getrunken wird. Selbst in der gleichen Umgebung kann das Aroma an zwei aufeinanderfolgenden Abenden unterschiedlich wahrgenommen werden. Wer beispielsweise einen stressigen Tag hatte und noch ganz aufgewühlt ist, dem schmeckt das Feierabend-Viertele möglicherweise weniger gut als an einem entspannten Tag.

Lichtraum in der WG

Schon unterschiedliches Licht wirkt sich auf den Weingeschmack aus. Das haben wissenschaftliche Forschungen der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz bereits vor Jahren nachgewiesen. In den Räumen der Oberkircher Winzer kann das übrigens sehr gut nachvollzogen werden. Dort gibt es nämlich einen Lichtraum. In diesem können Besucher einen Wein unter verschiedenen Lichtfarben probieren. Die Guller-Redaktion hat es getestet und war ganz schön beeindruckt, wie simpel die Geschmacksnerven doch hinters Licht geführt werden können. Den Lichtraum gibt es schon länger bei der WG. Er wurde auf Initiative des Kellermeisters eingerichtet, der die Grundidee auf einem Weingut kennenlernte und auch in Oberkirch umsetzen wollte. "Mir geht es darum, die Menschen dafür zu sensibilisieren, wie leicht sich unser Gehirn beeinflussen lässt", sagt Martin Bäuerle.

So wirken sich die Farben aus

Und wie wirken sich die verschiedenfarbigen Lichter nun auf den Geschmack aus? "Unter grünem Licht empfinden fast alle einen Wein als frischer, mitunter auch als etwas saurer", ist die Erfahrung des Kellermeisters. Blaues Licht weckt die Assoziation zu Wasser oder Eis. Dadurch wird genau der gleiche Rebensaft im Glas plötzlich viel neutraler und weniger aromatisch, ja, sogar langweilig wahrgenommen. "Rotes Licht gaukelt uns den Geschmack nach Erd-, Himbeeren oder Kirschen vor, selbst wenn wir wissen, dass das gar nicht sein kann", so Bäuerle.
In diesem Sinne wird der Wein aus Sardinien bis zum nächsten Sommer aufgehoben. An einem lauen Samstagabend schmeckt er dann vielleicht auch auf einer Terrasse in Waltersweier gut.

Chefredakteurin Anne-Marie Glaser ist beeindruckt, wie Licht den Geschmack beeinflusst. | Foto: Bäuerle
Kellermeister Martin Bäuerle kredenzt ein und denselben Wein in blauem, rotem und grünem Licht. | Foto: Glaser

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