Immaterielles Kulturerbe der UNESCO
Deutsche Brotkultur steht für knusprige Vielfalt

Brot ist in vielen Spielarten erhältlich. | Foto: Marco Aurelio/pixabay
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Ortenau (mn). Ähnlich wie die französische Esskultur oder der argentinische Tango ist Deutschland für die Vielfalt seines Brotes bekannt. Mit rund 3.200 eingetragenen Brotsorten haben es Innungsbäcker geschafft: Die Deutsche Brotkultur wurde im Jahr 2014 durch die nationale UNESCO-Kommission in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Fladenbrot stand am Anfang

Schon vor 10.000 Jahren begannen Menschen, wild wachsendes Getreide zu kultivieren. Die geernteten Körner wurden zwischen Steinen zermahlen, mit Wasser und Salz zu einem Teig vermengt und am Feuer gebacken – fertig war das urzeitliche Fladenbrot. Auf zwei weitere Entdeckungen mussten die frühen Bäcker allerdings noch einige Tausend Jahre warten: Erst Backofen und Sauerteig machten modernes Brot möglich. Einmal in Bewegung, war sein Siegeszug nicht mehr aufzuhalten. In Deutschland ist die Tätigkeit des Brotbackens seit der Zeit Karl des Großen (747/48 bis 814) überliefert und anfänglich eine Arbeit für Leibeigene oder Klosterknechte. Durch das Wachstum der Städte bildete sich im zehnten Jahrhundert der Bäckerberuf als „freier“ Berufsstand heraus.

Wenn das Roggenbrot scheinbar auch das hervorstechende Merkmal "deutschen Brotes" sein mag, so ist die deutsche Brotkultur damit jedoch noch keineswegs erschöpfend charakterisiert. Die Artenvielfalt der Brotsorten in Deutschland sucht weltweit ihresgleichen. Schon wie anfangs aufgeführt zählt man aktuell über 3.200 verschiedenen Brotspezialitäten im Deutschen Brotregister. Das gibt es nirgendwo sonst.

Das Mehl macht das Brot

Grundsätzlich wird unterschieden zwischen gesäuertem und ungesäuertem Brot und außerdem gemäß dem Mischungsverhältnis von Weizen- und Roggenmehl: Roggenbrote (mindestens 90 Prozent Roggenanteil), Roggenmischbrote (51 bis 89 Prozent), Weizenmischbrote (51 bis 89 Prozent Weizenanteil) und Weizenbrote (mindestens 90 Prozent). Daneben gibt es zahlreiche Spezialbrote, wie etwa Brote mit besonderen Teigführungen – Simons-, Graham- und Loosbrot – oder Brote mit besonderen Zusätzen wie Mehrkornbrote. Diätbrote – eiweißangereichert, kohlehydrat- und energiereduziert – unterliegen besonderen Kennzeichnungsvorschriften, ferner gluten-/gliadinfreies Brot, Diabetikerbrot. Die Vielfalt der Brotsorten findet sich entsprechend bei den Kleingebäcken, insbesondere den Brötchen und Kleinbroten, die bei 250 Gramm und weniger wiegen dürfen. Hier kann man grob unterscheiden: Formbrötchen wie die Kaisersemmel, geschnittene Brötchen wie die Sternsemmel, Rundstücke ohne Ausbund, Hörnchen, Laugenbrezeln und vieles mehr.

Den hohen Stellenwert des Brotes unterstreicht die Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Weinheim, die Fortbildung und Prüfung zum Geprüften Brot-Sommelier anbietet. Seit 2015 wird der HWK-Abschluss oberhalb der Meisterausbildung angeboten. Ein Novum dürfte die Stadt Ulm mit ihrem Museum Brot und Kunst bieten. Gegründet 1955 durch die Ulmer Unternehmer Willy Eiselen und seinen Sohn Hermann Eiselen ist das erste Museum zum Thema Brot weltweit. Unter dem Leitsatz "Wer das Brot näher betrachtet, sieht unsere Gesellschaft mit geschärften Augen", verstanden die Gründer das Museum von Anfang an auch als einen Ort, an dem über eine bessere und gerechtere Welternährung nachgedacht und diskutiert werden kann. mn

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