Gebäude in Offenburg geräumt – aber viele Fragen bleiben
"Die Menschen sind ratlos", klagt Stadtrat Böhm und fordert Konsequnzen

Hat die untersagte Nutzung des Gebäudes rechtliche Konsequenzen für den Vermieter?  | Foto: rek
  • Hat die untersagte Nutzung des Gebäudes rechtliche Konsequenzen für den Vermieter?
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Offenburg (rek). Die Bewohner der Eckenerstraße 9 hatten bis zum Montag das Gebäude in Offenburg verlassen. Die für gestern von der Baurechtsabteilung der Stadt angesetzte Zwangsräumung ist daher entfallen. Zuvor war war die Stadt mit einem Großaufgebot von rund 100 Polizeibeamten gegen die illegale Wohnnutzung eines früheren Kasernengebäudes vorgegangen. Beim Besitzer, der trotz Untersagung, die Zimmer an meist osteuropäische Menschen vermietet hatte, wurden Durchsuchungen von Firmen- und Privaträumen durchgeführt. Die Bewohner waren informiert worden, dass das Haus binnen drei Wochen geräumt sein muss. Jetzt geht der Fall durch eine Anfrage des Grünen-Stadtrats Stefan Böhm an die politische Aufarbeitung.
"Sie sind jetzt untergebracht zum Teil in Ferienwohnungen, in anderen Objekten des Vermieters L. Sie wollen nicht auf der Straße landen. Darum müssen sie diese Wohnoptionen nutzen", erklärt Böhm, der sich neben vielen anderen um die Menschen kümmerte. "Manche können etwa aus der ländlichen Abgeschiedenheitihrer Notunterkunft kaum ihre Arbeitsplätze erreichen", macht Böhm klar. Außerdem seien diese Lösungen auf Dauer zu teuer. "Die Betroffenen sind ratlos", gibt er die Situation wider.
Der Eigentümer L. hatte 2014 die frühere Kaserne in der Eckenerstraße gekauft und einen Antrag auf Einrichtung eines Aparthotels eingereicht, aber nicht erhalten. Nach Darstellung der Stadt war also keinerlei Gebäudenutzung genehmigt. "Trotzdem wurden Menschen, vor allem Arbeitsmigranten, dort einquartiert", so Böhm.
Die Ein- und Zwei-Zimmer-Einheiten in dem Haus seien kärglichst hergerichtet gewesen. "Manche Zimmer waren belegt mit zwei oder mehr Personen, zu beachtlichen Mieten – oft bar auf die Hand". Gemeldet seien die Bewohner dabei in anderen Häusern von L. in Stadt und Umland Offenburgs gewesen.
Böhm fragt, warum die Stadt nicht in den vergangenen zwei Jahren etwas unternommen hätte. Der Zoll hätte in dem Gebäude vor einem Jahr Schwarzarbeit-Kontrollen durchgeführt und die Stadt informiert. Erst, als ein Kind mit der Wohnadresse Eckenerstraße 9 zur Schule angemeldet worden sei, sei die Stadt aktiv geworden.
Für ausländische Arbeitsmigranten wird der Wohnungsmangel zur existenziellen Notlage. Dabei müsse man sehen: Sie zahlten Steuern und Sozialabgaben. "Ohne ihre Arbeit bliebe die Waldbachschule unsaniert, gäbe es kein neues Hallenbad und Seidenfaden würde nicht gebaut", klagt Böhm die gesellschaftliche Lage für diese Menschen an. Auch dank des Engagements des Offenburger Ordnungsamts um seinen Leiter Boris Glatt säße derzeit keiner dieser Menschen auf der Straße.
Böhm fragt nach rechtlichen Konsequenzen für den Vermieter: Könnte er mehr, als er aktuell zu tun bereit ist, seinen Ex-Mietern bei der Suche nach dauerhaftem und erschwinglichem Wohnraum unter die Arme greifen, könnte er diese Hilfen aus den Mietgewinnen der vergangenen zwei Jahre bestreiten und ist die Vermietungspraxis in der Eckenerstraße von Behörden oder Gericht zu ahnden?
"Es bleibt Verbitterung darüber, wie Menschen, die mit harter Arbeit in Deutschland ihre Zukunft gewinnen wollen, durch die Maschen des sozialen Netzes zu fallen drohen", so Böhms Fazit, verbunden mit der Forderung nach mehr staatlich gefördertem Wohnungsbau und dem Appell an Immobilienbesitzer, Leerstände auch diesen Menschen zur Verfügung zu stellen.

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