Dr. Helmut Debes zur Frühjahrsmüdigkeit
So kommt man in Schwung

Mancher leidet unter Frühjahrsmüdigkeit | Foto: Thekla Fey
  • Mancher leidet unter Frühjahrsmüdigkeit
  • Foto: Thekla Fey
  • hochgeladen von Anne-Marie Glaser

Ortenau (tf). Die Natur erwacht, alles grünt und blüht, die Sonne scheint strahlend und überall pulsiert das Leben – doch leider gibt es auch viele Menschen, die sich gerade jetzt müde, abgeschlagen oder erschöpft fühlen. Die Frühjahrsmüdigkeit hat sie fest im Griff. Doch gibt es sie überhaupt wirklich oder ist das nur eine Ausrede für Antriebslosigkeit?

„Das Problem wird eher unterschätzt“, sagt dazu Dr. Helmut Debes, Leiter des Zentrums für Schlafmedizin am Ortenau Klinikum, auf Anfrage der Guller-Redaktion. Wenn die Tage wieder länger werden und die Temperaturen steigen, kommt unser Körper laut dem Experten zunächst nur langsam in Schwung, da sich die innere Uhr erst umstellen muss. "Am Tag der Zeitumstellung konzentriert sich dieser Prozess quasi auf eine Nacht und der Körper kann sich so schnell nicht umstellen“, erklärt Debes bezüglich der Umstellung auf die Sommerzeit als ein Beispiel. Die Frühjahrsmüdigkeit sei ähnlich dem Phänomen, dass man am Montag müde ist, weil man am Sonntag später ins Bett gegangen ist.

Medizinische Studien zum Thema Frühjahrsmüdigkeit gebe es nur wenige, da sie sich bei jedem Betroffenen anders zeige. Manche Menschen seien unkonzentriert, andere litten unter brennenden Augen und wieder andere unter starkem Schwindel. Im Vergleich sei nur der Melatoninspiegel ein messbarer Wert für die Frühjahrsmüdigkeit. Dieses sogenannte Schlafhormon sorge dafür, dass wir in der Nacht erholsam schlafen können. Wenn die Sonne wieder länger und kräftiger scheine, würden der Stoffwechsel- und auch Hormonhaushalt durcheinander gewirbelt. Mit zunehmendem Licht werde die Ausschüttung von Melatonin zu Beginn der Nacht gesteigert, der tiefere und kürzere Schlaf führe zu eben der von uns wahrgenommenen Müdigkeit. Gehe der Wechsel nun zu schnell – etwa durch die Zeitumstellung – käme der Körper nicht mehr hinterher, die gesteigerte Pulsation von Melatonin führe zu mehr Tiefschlaf.

Darum gebe es auch keine Herbstmüdigkeit, denn wenn es draußen früher dunkel wird, heiße demnach die Botschaft an den Körper eher "Winterschlaf", während das Frühjahrslicht "Aufwachen" signalisiere. Zu den hormonellen Komponenten komme noch, dass im Frühjahr das Wetter gerne unbeständig sei und große Temperaturunterschiede mit sich bringe. Auch dies setze dem Körper zu, ganz besonders bei wetterfühligen Menschen.

Frühjahrsmüdigkeit ist übrigens ein menschliches Phänomen. Bei Tieren gibt es die sie nicht, wie Tierärztin Sylke Rhein erklärt. “Bei vielen unserer Haustiere steht das Frühjahr ja ganz im Zeichen der Fortpflanzung, die meisten Katzen werden rollig und auch viele Hündinnen haben einen jahreszeitlichen Rhythmus bei ihren Läufigkeitsintervallen.“

Was kann der Mensch nun gegen die Frühjahrsmüdigkeit tun? Bewegung an der frischen Luft heißt das Zaubermittel. Wer beispielsweise mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt oder auch nur einen flotten Spaziergang macht, tut schon einiges. „Aktiv in den Morgenstunden Licht tanken und für eine ausreichende Schlaf- und Ernährungshygiene sorgen“, rät der Schlafmediziner Dr. Helmut Debes.

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.