Stabwechsel bei der Telefonseelsorge
Gisela Ehrhardt übergibt an Antke Wollersen

Gisela Ehrhardt | Foto: privat

Ortenau. Gisela Ehrhardt, katholische Leiterin der Telefonseelsorge Ortenau-Mittelbaden, wurde mit einem Gottesdienst und anschließendem Empfang verabschiedet
Acht Jahre war Gisela Ehrhardt im ökumenischen Zweier-Leitungsteam der Telefonseelsorge. Jetzt wollte die 51 Jährige noch einmal „Neuland unter den Pflug“ nehmen. Bereits seit Frühjahr hat sie einen Vertretungsauftrag im ökumenischen Team der Klinikseelsorge am Ortenauklinikum in Offenburg. Zusätzlich wird die Religionspädagogin und Mutter dreier fast erwachsener Kinder als Gemeindereferentin im Dekanat Acher-Renchtal in der Seelsorge tätig sein.

Als sie 2010 die Leitung der Telefonseelsorge übernahm ging es zunächst darum, die finanzielle Situation der Telefonseelsorge in den Blick zu nehmen. Eine zweite Beratungsleitung in den Abendstunden war schon geschaltet, die Chatberatung wurde durch die damalige evangelische Kollegin aufgebaut, im Herbst 2011 ging diese ans Netz. Um den erweiterten Dienst anbieten zu können wurde die Zahl der ehrenamtlichen Mitarbeiter am Sorgentelefon von rund 65 auf nahezu 90 aufgestockt. Die Entwicklung von Ausbildungskonzepten und die pädagogische Verantwortung und Begleitung für die Aus- und Weiterbildung der Ehrenamtlichen gehörten neben Gremienarbeit und anderem zu Gisela Ehrhardts wichtigsten Aufgaben. „Da war es auch bedeutsam, Visionen zu entwickeln und sich zu überlegen, welche Rahmenbedingungen brauchen Mitarbeiter, damit sie ihren Dienst gut und gerne machen können.“ Sicherlich vermissen werde sie deshalb die Schulungsarbeit mit den Ehrenamtlichen bei der sie Zeuge von Entwicklung und Lerngewinn vieler Menschen habe sein dürfen.

Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr sieben Tage die Woche das ganze Jahr über erreichbar für alle, die einen Gesprächspartner suchen. Oft rufen Menschen an, die schon vieles versucht haben, und mit denen vielleicht niemand mehr spricht, weil sie durch alle sozialen Netze gefallen sind. „ Am anderen Ende der Leitung ist ein Mensch bereit zum Zuhören, zum Klären, zum Aushalten und zum Gespräch“, erklärt Ehrhardt. Das gleiche gelte auch für den Austausch per Chat. Im Jahr 2017 gab es in der Offenburger Geschäftsstelle der Telefonseelsorge mehr als 13.600 Kontakte, umgerechnet nahezu 40 Anrufe täglich. Was die Telefonseelsorge so hilfreich mache sei: „Ein anderer teilt meine Einsamkeit, meine Probleme und Fragen“, er halte auch die Art aus, wie man spreche und sich mitteilen könne oder auch mal sprachlos sei. Zuhören können sei ein hohes Gut, was unserer Gesellschaft nicht mehr so leicht gegeben sei.

Vorgesetzte, die evangelische Leiterin Elke Wahl, Kollegen, Mitarbeiter und Weggefährten bereiteten der scheidenden Leiterin einen festlichen Abschied. Als erster Vorsitzender der Telefonseelsorge würdigte der evangelische Dekan Frank Wellhöner ihr großes Engagement und die Verdienste um die Einrichtung. Georg Schmitt, Dekan im Dekanat Acher-Renchtal leitete den Gottesdienest und dankte Ehrhardt stellvertretend für den erkrankten zweiten Vorsitzenden Johannes Varelmann für die geleistete Arbeit. Christen sollten „Salz der Erde“ und „Licht der Welt“ sein, zitierte er den biblischen Text der Bergpredigt, den Mitarbeiter auf Gisela Ehrhardt bezogen, abwandelten. Viel Neues habe sie dem ehrenamtlichen Team schmackhaft gemacht, Würze und Schwung hereingebracht und Bewährtes bewahrt und frisch erhalten. Sie habe dazu beigetragen, Licht für andere zu werden, dafür gesorgt „dass uns ein Licht aufgeht“ und durch manche Geste und manches Gespräch Gutes getan. Für die neue Aufgabe wünschten sie Gisela Ehrhardt viel Elan, weiterhin den Erfolg der kleinen Schritte, viele Lichtblicke, auch dass sie weiter Licht sein könne für die Menschen, denen sie begegne.

Die 51-Jährige freut sich auf ihre neue Aufgabe. „Das Besondere an der Klinikseelsorge ist, dass ich wieder mehr im persönlichen und unmittelbaren Seelsorgekontakt bin und dort erlebe, was Zuhören , Aushalten, Klären bedeutet in einer Situation, in der ein Mensch körperlich oder seelisch am Rand seine Lebens angekommen ist“, sagt sie. Das seelsorgerliche Angebot bedeute, dass es auch einen Bereich neben der medizinischen, pflegerischen und psychologischen Versorgung gebe, der wahrnehme, dass jemand am Ende seiner Kräfte sei und Hoffnung und Zuspruch brauche, um das Schwere, das ihm auferlegt ist, etwas leichter zu ertragen.

Die Nachfolgerin für Gisela Ehrhardt in der ökumenischen Leitung der Telefonseelsorge Ortenau- Mittelbaden ist Antke Wollersen, Pastoralreferentin aus Rastatt und Leiterin der City-Pastoral Karlsruhe.

Hintergrund:

Die Telefonseelsorge in der Ortenau gibt es seit 1981. Die Idee, Menschen mit Problemen oder gar Suizidabsichten Hilfe am Telefon zu bieten stammt aus New York und London. 1892 beziehungsweise 1953 veröffentlichen Geistliche dort sogar ihre privaten Telefonnummern in Zeitungsinseraten. Die Telefonseelsorge ist kostenlos unter den bundeseinheitlichen Telefonnummern zu erreichen: 0800/1110111 oder 0800/1110222.

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