Corona-Bilanz von Maik Förster
Trotz Pandemie auf Erfolgsspur

Maik Förster, Geschäftsführer von Stage Concept,  hat während der Pandemie nicht den Kopf in den Sand gesteckt, sondern ein neues Geschäftsmodell entwickelt. | Foto: Jigal Fichtner
  • Maik Förster, Geschäftsführer von Stage Concept, hat während der Pandemie nicht den Kopf in den Sand gesteckt, sondern ein neues Geschäftsmodell entwickelt.
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Rheinau (st/vv). Rund 15 Monate nach Beginn der Corona-Pandemie zieht Stage Concept-Inhaber Maik Förster positive Bilanz: „Ich bin wieder ein Start-up. Und es macht echt Spaß!“ Grund: Der Rheinauer Unternehmer hat sich neu erfunden und setzt mit „Stage Streaming“ jetzt auf Live-Streams und andere digitale Events, die in den eigens dafür gebauten Studios produziert werden. Und das mit großem Erfolg: Für 2021 sind rund 100 digitale Veranstaltungen mit einem Umsatz von einer Million Euro geplant.

„Man baut wieder etwas auf, ist aber viel erfahrener und entspannter als früher. Wir fangen wieder von vorn an – und ich glaube, es wird gut!“, kommentiert Förster den Sprung in sein Start-up-Abenteuer. Sein Stage Concept war jahrelang eines der erfolgreichsten deutschen Unternehmen für Events und Veranstaltungstechnik, war zum Beispiel für die Veranstaltungstechnik beim Champions-League-Finale zuständig und zählte große Unternehmen wie Burda, Edeka, Herrenknecht und Porsche zu seinen Kunden. Bis zu 750 Veranstaltungen realisierten sein Team und er pro Jahr – dann kam Corona und stürzte die gesamte Event-Branche in eine existenzielle Krise. Doch Förster und seine Mitarbeiter steckten den Kopf nicht in den Sand. Schnell kam die Idee auf, Webinare zu streamen und ein Studio zu bauen, um wenigstens einen Teil des millionenschweren hauseigenen Equipments nutzen zu können. Am 11. Mai 2020 ging der erste Stream aus dem neuen, 300 Quadratmeter großen Studio online – der Beginn einer neuen Erfolgsgeschichte.

Investition in die Technik

Im Laufe der nächsten Monate installierte Förster Technik für rund 550.000 Euro, darunter vier hochwertige Kameras und diverse Videoscreens. Bei der Wahl der Streaming-Software ging Förster auf die Suche nach Alternativen zu Zoom und Co. und entschied sich schließlich für Hop In. Die Online-Eventplattform wurde von einem Londoner Start-up entwickelt, das in den vergangenen zwei Jahren förmlich explodiert ist: von drei Mitarbeitern noch 2019 auf mittlerweile 300. Hop In ermöglicht unter anderem parallele Stages, Break-Out-Räume für die direkte Kommunikation, Videocalls und Chats parallel zum Event – Ticketing und Payment inklusive.

Nach einer weiteren Investition von 150.000 Euro fiel im Februar 2021 dann der Startschuss für das zweite, 40 Quadratmeter große „Stage Streaming“-Studio. „Wir haben viel gelernt“, sagt Förster. „Ein guter Live-Stream ist eben doch anspruchsvoller als ein klassisches Industrie-Event. Du siehst am Schirm, ob es Event- oder Broadcast-Equipment ist.“ Mittlerweile sind Kunden wie der Badische Weinbauverband, die Volksbank, Christian Funk und seine e-optimum AG, die Badischen Stahlwerke oder die Sparkasse in den Studios gewesen. Bis zu 5.000 Euro kostet die Studiomiete am Tag, um Kongresse, Präsentationen oder andere Events per Live-Stream übertragen zu lassen – deutlich weniger, als es kosten würde, das Equipment durch die Gegend zu fahren und irgendwo aufzubauen.

Langfristig Bestand

Daher ist sich Förster auch sicher, dass sein neues Geschäftsmodell trotz sinkender Infektionszahlen langfristig Bestand haben wird – und denkt bereits über den Bau eines dritten Studios nach. „Hybrid wird das neue Live“, sagt er. „Kongresse, Tagungen, Seminare oder Produktvorstellungen: Bei Business-Veranstaltungen hat das Digitale viele Vorteile. Mit vielen Inhalten erreichst du per Live-Stream doppelt so viele Menschen und wenn du den Stream auch noch öffentlich ins Netz stellt, wirkt das wie ein Reichweiten-Boost.“ Mit Blick auf die Zeit nach Corona fügt er noch hinzu: „Es wird nicht mehr so, wie es mal war. Es wird anders. Auch gut. Aber anders.“ Wie es auch kommen wird: Förster hat die Zeichen der Zeit erkannt und mit „Stage Streaming“ die Weichen für eine erfolgreiche digitale Zukunft seines Unternehmens gestellt.

Corona-Tagebuch: Wie Stage Concept die Krise erlebte

12. Februar 2020. Hubert Burda feiert seinen 80. Geburtstag. Mit großem Bahnhof natürlich. Rund 1.000 Gäste dürfen dem Verleger persönlich gratulieren und das Badnerlied anstimmen – aber eigentlich ist es business as usual für die Event-
Spezialisten von Stage Concept und MA Projekt. Viele Gäste. Viele Begegnungen. Viel gute Laune. Das Wort Social Distancing haben selbst die Chefredakteure des Verlegers noch nicht im Wortschatz. Und keiner ahnt, dass es auf lange Sicht die letzte
Veranstaltung dieser Art sein wird …

14. Februar 2020. In Amsterdam trifft sich die Branche zur Fachmesse ISE. Die Integrated Systems Europe ist ein Pflichttermin für alle, die professionell mit Licht- und Videotechnik oder Hightech für Bühnen arbeiten. Aber: Die Chinesen kommen nicht. Das erste Mal seit Ewigkeiten. LG zieht zurück, bei Samsung steht nur eine Notbesetzung am Stand. Die Stimmung aber ist gut. Corona? Das wird schon nicht so schlimm. Da sind sich in Amsterdam alle einig.

15. Februar 2020. Die Rückfahrt von Amsterdam. Das Fehlen der Asiaten geht Maik nicht aus dem Sinn. Immer deutlicher wird: Da kommt was auf uns zu!

17. März 2020. Auf einmal hagelt es Verschiebungen. Was auch immer an Events für das zweite Quartal geplant ist, wird in Q3 verschoben. Die Behörden reagieren auf die chinesische Grippe mit Versammlungsverboten. Erst für Versammlungen mit 1.000 Personen, dann 500, 100 – am Ende sind nicht einmal mehr Gruppen mit fünf Menschen erlaubt. Stage Concept hat noch eine ZDF-Produktion am Laufen, ein Event in der Schweiz steht noch an. Ob es dazu noch kommt?

25. März 2020. Die Hotels machen dicht. Lockdown. Das ZDF stoppt seine Produktion, die Schweizer verschieben auch. Das hat Methode. Denn wer absagt, der zahlt. Ausfallhonorar zum Beispiel. So hört man es zumindest allerorten. Für Stage Concept wird der April damit zum schlechtesten Monat aller Zeiten. Anstelle der üblichen 250.000 Euro donnert der Umsatz auf null. Und da bleibt er …

1. April 2020. Das erste Teammeeting von Stage Concept via Zoom. Die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Alle ahnen: Wir sind die Ersten, die schließen mussten. Und wir werden die Letzten sein, die wieder öffnen dürfen. Denn wie systemrelevant sind große Feiern? Oder Partys? „Wir sind Luxus“, sagt Maik Förster. „Ganz nüchtern betrachtet, braucht uns kein Mensch.“

15. April 2020. Das zweite Teammeeting via Zoom. Die Mitarbeiter wollen es so. Normalerweise trifft man sich nur einmal im Monat – aber was ist schon noch normal? Im Mittelpunkt des Meetings steht eine Frage von Maik: „Wenn live nicht möglich ist – was können wir noch?“ Irgendwann erzählt einer von Webinaren. Die hat man bei Stage Concept ja früher auch schon gestreamt: Wäre das was? Webinare streamen? Warum nicht? Vielleicht kann man ja ein Studio bauen und so wenigstens einen Teil des Millionen Euro teuren Equipments nutzen? Maik ist skeptisch. Aber: Er verspricht seiner Mannschaft, einen ersten Kunden zu suchen. Und wenn der gefunden ist, werde man es versuchen …

20. April 2020. Merkwürdige Gemütslage. „Es fühlt sich an, als fahre man in einen Tunnel und nirgendwo ist Licht“, sagt Maik. Und doch: Existenzängste hat er nicht. Irgendwas wird einem doch noch irgendwann einfallen – oder?

27. April 2020. Vorstandssitzung des Ortenauer Marketing-Clubs. Auch hier ist die Stimmung bescheiden, denn das Clubleben liegt am Boden. Die Vortragsveranstaltungen im gläsernen Penthouse vom Burda Tower: unmöglich. Mit seiner Idee vom Livestream rennt Maik in dieser Sitzung offene Türen ein. Damit ist der erste Kunde gefunden!

29. April 2020. Teammeeting bei Stage Concept. Die Pläne fürs Studio dürfen ausgearbeitet werden. „In meiner Vorstellung waren das zehn Quadratmeter“, sagt Maik. „Gerade genug Platz für einen Referenten und einen Moderator.“

3. Mai 2020. Das Team legt die ersten Pläne auf den Tisch. 300 Quadratmeter. Alles drin und dran, was sich im Lager finden lässt. Motto: Das Material ist doch da! Am Ende ist es Annika, die Maik überzeugt: „Lass es zu! Lass die Mitarbeiter machen!“

11. Mai 2020. Der erste Stream geht online. Klappt gleich gut. Muss aber auch. Denn Bürstner schaut zu und in den nächsten Tagen kommt der erste richtige Auftrag vom Wohnmobil-Hersteller. Auf in eine ganz andere Liga also …

26. Mai 2020. Um den Wohnwagen ins Studio zu bekommen, muss der Gabelstapler nachhelfen. Das Heck kommt sonst nicht um die Ecke. Wie gut, dass es die einzige echte Herausforderung bleibt. Denn alles andere – Technik, Licht, Ton, Kameras und
Übertragung – läuft richtig gut und Bürstner ist mit seiner Fahrzeug-Präsentation happy. Die Ortenauer Livestream-Studios sind auf Sendung und Maik Förster hat wieder ein Business.

29. Juni 2020. Die erste Hybrid-Veranstaltung nach Pandemie-Regeln. Marc Marshall singt und Gerhard Volk kocht. Live vor Ort für 20 Gäste – aber via Livestream für 8000 Fans an den Bildschirmen. Das funktioniert also auch.

17. September 2020. Sechs Monate Pandemie; und der Lockdown ist fast vergessen. Die Gastro hat über den Sommer wieder geöffnet und dennoch ist in den vergangenen Wochen das Studio weiter perfektioniert worden. Technik für rund 550.000 Euro ist zwischenzeitlich installiert, darunter eine ganze Phalanx an Moving Lights, diverse Video-Screens und gleich vier hochwertige Kameras. Bildregie, Tonregie, Lichtregie – alles hat seinen festen Platz. Auf Bürstner folgen der Badische Weinbauverband, die Volksbank, Christian Funk und seine e.optimum AG, die Badischen Stahlwerke und die Sparkasse. 3500 bis 5000 Euro kostet die Studiomiete für einen Tag – das ist viel günstiger als das Equipment durch die Gegend zu fahren und irgendwo aufzubauen. Insofern wird immer deutlicher: Vielleicht sind die Livestreams gar kein Notprogramm, sondern Teil unserer Zukunft.

2. November 2020. Corona schlägt zurück. Die zweite Welle. Angela Merkel kommt mit dem Lockdown Light, dann mit einem wahren Marathon-Lockdown. Digitale Alternativen erobern immer mehr Bereiche des Alltags: virtuelle Weinproben, Kochund
Backkurse per Livestream, Geburtstage feiert man bei Zoom oder Teams. Bei Maik Förster gibt es erste Überlegungen für ein zweites Studio – denn das Feedback auf digitale Veranstaltungsformate wird immer besser. Die Volksbank überlegt, Vertreterversammlungen künftig nur noch online abzuhalten. Kein Schnitzel, kein Bier, keine Messehalle für mehrere Hundert Gäste – das spart einige Zehntausend Euro.

7. Dezember 2020. Es ist Zeit für Next Level Livestream. „Die Menschen wollen sich auch im Digitalen stärker vernetzen“, sagt Maik Förster und geht auf die Suche nach Alternativen zu Zoom, WebEx, Youtube und Co. Fündig wird er in London. Hopin heißt die Software. Entwickelt von einem Start-up, das seit 2019 förmlich explodiert ist. Aus drei Mitarbeitern 2019 sind 300 geworden. Denn Hopin macht all das möglich, was Livestreams richtig gut werden lässt: parallele Stages, Break-Out-Räume für die direkte Kommunikation, Videocalls und Chats parallel zum Event, Speed-Dating für Recruiter. Zudem entwickelt sich Hopin mit seinen Avataren zu einer Eventplattform, die mehr kann als nur Kongresse. Exklusive Konzerte, Ticketing und Payment – alles dabei.

14. Januar 2021. „Wir haben einen virtuellen Ärztekongress ermöglicht, ohne dass auch nur einer der Teilnehmer bei uns in Rheinau war. Alles virtuell – und noch nie so erfolgreich wie in diesem Jahr“, sagt Förster. „400 statt der sonst üblichen 100 Ärzte haben teilgenommen, und keiner musste ein Hotelzimmer oder einen Flug buchen. Mehr noch: Die brauchten nicht einmal ein Studio, sondern nur unser Know-how.“

8. Februar 2021. Startschuss für den Bau des zweiten Studios. 40 Quadratmeter. Noch einmal 150.000 Euro Invest. Neue Kameras, neue Technik. Alles auf Fernseh-Niveau. „Wir haben viel gelernt“, sagt Maik Förster. „Ein guter Livestream ist eben doch anspruchsvoller als ein klassisches Industrie-Event. Du siehst am Schirm, ob es Eventoder Broadcast-Equipment ist.“ Ob das alte Business noch mal ein Revival feiert? „Schwer zu sagen“, meint Maik. Sommerfeste, Weihnachtsfeiern, Konzerte und so: Das wird wiederkommen. Aber: „Hybrid wird das neue Live. Kongresse, Tagungen, Seminare oder Produktvorstellungen: Bei Business-Veranstaltungen hat das Digitale viele Vorteile. Mit vielen Inhalten erreichst du per Livestream doppelt so viele
Menschen und wenn du den Stream auch noch öffentlich ins Netz stellst, wirkt das wie ein Reichweiten-Boost.“

17. März 2021. Ein Jahr Corona. Von 20 Mitarbeitern sind zwölf übrig. Aber: Beide Studios sind gut gebucht. Ein drittes bauen? In den vorhandenen Räumen von Stage Concept nicht möglich. Also erweitern? Eine schwere Entscheidung. „Wir leben in gesicherter Armut“, sagt Maik Förster. „Überbrückungshilfe I, II und III: Das haben wir alles bekommen. Antrag, Bescheid und Auszahlung liefen bei uns richtig gut und summieren sich auf eine hohe sechsstellige Summe.“ Auch wenn für 2021 rund 100 digitale Veranstaltungen mit einem Umsatz von einer Million Euro geplant sind – verglichen mit der Zeit vor Corona ist das nicht einmal ein Viertel. Gleichzeitig stellen viele Firmen traditionelle Marketing-Ansätze auf den Prüfstand. Brauchen wir noch Messen? Es ging doch jetzt auch ohne! Und überhaupt: Wie misst man den Erfolg von Kommunikation? „Es wird nicht mehr so, wie es mal war“, sinniert Maik Förster. „Es wird anders. Auch gut. Aber anders. Fokussierter. Messbarer.“

15. April 2021. Ein Jahr nach dem Teammeeting mit der Studio-Idee. Zeit, Bilanz zu ziehen? „Ich bin wieder ein Start-up“, sagt Maik Förster. „Und es macht echt Spaß! Man baut wieder etwas auf, ist aber viel erfahrener und entspannter als früher. Wir fangen wieder von vorn an – und ich glaube: Es wird gut!“ Später am Tag wird Maik Vater. Sohn Johann kommt zur Welt. Gesund und munter. Und Maik kommentiert: „Siehst du, als alle den Kopf in den Sand gesteckt haben, haben wir was mit Hand und Fuß produziert!“

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