Zahl der externen Gutachten steigt
Kommunen brauchen Expertenwissen von außen

Gerade im Baubereich sind Kommunen zunehmend auf externe Fachleute angewiesen. | Foto: gro
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Ortenau (gro/ds). Ob Lärmschutzgutachten, Bodengutachten oder Bauleitplanung – viele Kommunen greifen in diesen Fällen auf das Wissen von externen Fachleuten zurück. "Dort, wo es aufgrund von Regelwerken erforderlich ist, werden externe Gutachter eingesetzt", erklärt Markus Vollmer, Bürgermeister von Ortenberg. Dazu gehörten etwa Wertgutachten bei Zuschussanträgen oder die Prüfstatik bei Baumaßnahmen. Aber auch im Rahmen der Bauleitplanung – etwa bei der Aufstellung von Bebauungsplänen, wenn Immissionsschutz- oder Artenschutzgutachten verlangt würden – ziehe die Gemeinde Ortenberg externe Fachleute hinzu. "Aber auch in Einzelfällen, wenn dies zur Beurteilung eines Sachverhaltes erforderlich ist, die Fachkompetenz bei der Gemeinde aber nicht vorhanden ist", so Vollmer und nennt als Beispiel juristische Beratung.

Josef Lieb, Hauptamtsleiter der Gemeinde Neuried, zählt die Bereiche auf, in denen externes Fachwissen gefragt ist: Aufstellung von Bebauungsplänen, ökologische Gutachten, Lärmgutachten, Planung von Neu- und Erweiterungsbauten, Sanierungen im Bereich der Technik oder im Bestand. "Hierfür werden Architekten, Fachingenieure für Elektrotechnik, Heizung, Lüftung, Sanitär, Tragwerksplaner, Brandschutzsachverständige, Energieeffizienzexperten oder Bodengutachter beauftragt", sagt Lieb.

Im Baubereich braucht es Experten

Auch im Tiefbaubereich würden externe Planer hinzugezogen für Straßenplanungen, Kanalisationsplanungen einschließlich der Rückhaltebecken, Wasserversorgungsplanung sowie für die Straßenbeleuchtung und das gemeindeeigene DLS-Netz. "Für die Bauüberwachung der Baumaßnahmen werden ebenfalls Planungsbüros beauftragt", stellt Lieb fest. Hinzu kämen Bodengutachter, Materialprüfer, Gebäudegutachter zur Beweissicherung vor und nach der Baumßnahme sowie Vermessungsbüros zur Lageabsteckung und Bestandaufnahme.

Der Grund für die Nachfrage ist einfach: "Weil die Gemeinde keine Architekten, Ingenieure, Biologen, Lärmgutachter oder sonstige Fachgutachter beschäftigt", macht Josef Lieb deutlich. "Wir haben lediglich eine Hochbautechnikerin und einen Tiefbautechniker. Sie betreuen die Projekte und kümmern sich um die Unterhaltung der Gebäude, Straßen und Kanäle. Das Fachwissen der Büros wird nur fall- oder projektbezogen benötigt. Diese Fachbüros arbeiten für eine Vielzahl von Kommunen oder Firmen." Das letzte extern angefragte Gutachten in Neuried sei ein Lärmgutachten zur Frage, ob ein Teil eines Gewerbegebietes in ein urbanes Gebiet umgewandelt werden könne, gewesen. "Wie oft wir externe Fachleute beschäftigen, hängt immer davon ab, welche Projekte gerade laufen", betont Josef Lieb. "Grundsätzlich hat die Zahl in den vergangenen Jahren nicht zugenommen."

Förderprogramme verlangen Fachleute

Drei bis fünf Gutachten im Jahr würden in Ortenberg angefragt. Zuletzt handelte es sich um ein Imissions- und artenschutzrechtliches Gutachten im Rahmen der Aufstellung eines Bebauungsplan, so Markus Vollmer: "Zwangsläufig hat die Zahl der Gutachten zugenommen. Die Regelwerke und Förderprogramme verlangen zunehmend Fachleute – über die Sinnhaftigkeit dieser Forderungen kann man streiten und ich stelle diese zumindest teilweise auch in Frage."

"Die Anzahl der Gutachten ist sicher leicht steigend", so der Durbacher Bürgermeister Andreas König. In Durbach sei man bei Bauvorhaben auf externe Gutachter angewiesen. Grund sei, dass die gesetzlichen Anforderungen im Baubereich, insbesondere im Bereich des Artenschutzes, angestiegen seien. "Gutachten sind bei jedem größeren Bauvorhaben notwendig, egal ob Hoch- oder Tiefbau oder Bebauungsplanung", so König. In anderen Bereichen habe die Gemeinde in den vergangenen fünf Jahren keinen Gutachter eingesetzt. Die letzten Gutachten seien zum Bau der Mehrzweckhalle erstellt worden.

Gutachten-Spektrum

Die Gemeinde Rust setzt Gutachter insbesondere bei Bauprojekten und der Versorgungssicherheit ein, vor allem sind Gutachten aber im Rahmen der Bauleitplanung erforderlich. "Wenn zum Beispiel ein Bebauungsplan erstellt werden soll, sind im Rahmen des Verfahrens diverse Gutachten zu erbringen, vor allem für den Arten- und Umweltschutz. Auch geotechnische Gutachten und Lärmgutachten sind gefordert", erläutert Pressesprecherin Gabriele Häcker auf Anfrage. Gutachter würden auch immer dann zu Rate gezogen, wenn die Frage von Baumängeln zu klären sei. "Ingenieursleistungen im Allgemeinen kann man zum Gutachten-Spektrum hinzurechnen. So hatten wir beispielsweise im Rahmen der Klärung, ob die Rheingießenhalle saniert werden soll, Gutachter hinzugezogen. Für die Feuerwehr wurde ein Feuerwehrbedarfsplan entwickelt, auf Basis eines Gutachtens. Und für unseren Bauhof wurde vor einiger Zeit ein Organisationsgutachten erstellt", zählt Häcker auf. Wie oft die Gemeinde externe Gutachter heranziehe, hänge von den Maßnahmen und Vorhaben ab. Stets sei aber spezielles Fachwissen nötig, das nicht in jeder Gemeinde vorausgesetzt werden könne. "Die Kosten pro Gutachten variieren nach Umfang und Schwierigkeitsgrad", erläutert Gabriele Häcker weiter.

Unklare Sachverhalte

Die Stadt Ettenheim greift auf externe Gutachter nur bei unklaren Sachverhalten oder widersprüchlichen Ergebnissen zurück und nur dann, wenn das eigene hausinterne Fachwissen nicht ausreicht oder es bestätigt werden soll, teilt Bürgermeister Bruno Metz mit. "Mengenmäßig beschränkt es sich auf wenige Anfragen im Halbjahr", berichtet Metz. Für den Bereich Bauwesen sei festzustellen, dass jedes Bauvorhaben ein Einzelfall sei. "Ein Einzelfall mit eigener besonderer Ausprägung, eigener individueller Umgebung, individuellen Auswirkungen aufgrund der Fülle und Menge an Vorschriften, die es zu beachten gilt, kann nicht nur hausintern gelöst werden. Dabei ist sowohl vom Umfang als auch von der Betrachtungstiefe her eine tiefergehende, individuelle Bearbeitung von Verwaltungsseite her nur bedingt möglich", so Ettenheims Bürgermeister. Die Stellungnahmen der Sachverständigen böten individuelle Lösungsansätze. Die Kosten für eine Expertise lägen zwischen 1.000 und 50.000 Euro etwa für schwierige Lärmschutzgutachten für Bebauungspläne. Prinzipiell setze die Ettenheimer Stadtverwaltung externe Sachverständige im Bereich Bauleitplanung etwa für Lärmschutz oder Ökologie ein. Üblich seien außerdem Gutachten zum Beispiel für technische Aufgaben oder Brandschutz. "Im Bereich Hochbau werden Gutachten im Rahmen von Schadensfeststellungen und Mängelbeseitigungen beauftragt. Darüber hinaus gibt es vereinzelt auch juristische Begleitung. Das gilt auch für Verkehrsplanung, Lärmschutz, Hochwasserschutz, Bodengutachten, Gründungen, Beweissicherung oder Baumschutzmaßnahmen", erläutert Bürgermeister Bruno Metz.

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