Inklusion: eine Entwicklung, die noch wachsen muss

Die Natur genießen: In seiner Freizeit fährt Hans-Peter Matt leidenschaftlich gerne Handbike.
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Haslach. „Inklusion“ – in jüngster Zeit stößt man oft auf das Wort mit den neun Buchstaben, das
für eine Gesellschaft steht, in der alle Menschen, mit oder ohne
Behinderung, gleichberechtigt miteinander leben können. Doch wie sieht
die Praxis in der Ortenau aus? In der Serie „Inklusion“ geben Menschen
mit Behinderung in den kommenden Wochen Einblicke in ihren Alltag. Heute
ist es Hans-Peter Matt, der im Rollstuhl sitzt.

Ein Arbeitsunfall vor 25 Jahren – Querschnittslähmung (Tetraplegie) war die
Folge. Seitdem sitzt Hans-Peter Matt im Rollstuhl. Vieles hat sich
dadurch im Leben des Haslachers verändert. „Das Haus, in dem ich heute
lebe, habe ich nach dem Unfall gebaut. Mir war es wichtig, die
Infrastruktur auf meine Behinderung anzupassen.“ Matt setzt auf ein
universelles Design. Funktional und ästhetisch soll es sein. Keine
Absätze, ein Aufzug, ein modernes, behindertengerechtes Badezimmer und
ebenerdige Zugänge, um nur einige Beispiele zu nennen.

Auch sein Auto lies Matt behindertengerecht umbauen. Lenkrad und Schaltknüppel
sind spezielle Anfertigungen, anstatt eines Fahrersitzes ermöglicht es
ihm eine besondere Armatur, sich hinter das Steuer zu setzen. Auch im
Beruflichen bezeichnet sich der Inhaber eines Planungsbüros für
Barrierefreiheit als inkludiert. „Ein behinderter Mensch, der als
Selbständiger arbeitet, eigene Entscheidungen trifft und so seinen
Lebensunterhalt selbständig bestreiten kann, der lebt die Inklusion.“

Als etwas anderes müsse man dagegen die Integration verstehen: Hier gehe es
nicht darum, zu agieren sondern darum, dabei zu sein. „Ein Behinderter,
der sich in einem Angestelltenverhältnis befindet, ist in den
Berufsprozess integriert“, erklärt Matt. „Inklusion ist eine
Entwicklung, die wachsen muss. Davon kann man momentan nicht wirklich
sprechen, derzeit sind wir noch im Bereich der Integration.“

Aber an welchem Punkt soll man ansetzten, um einer Inklusion den Weg zu
ebnen? „Es gibt viele Baustellen. Hier im ländlichen Raum ist sicherlich
der öffentliche Personennahverkehr zu nennen. Dieser sollte für alle
jederzeit zugänglich sein.“ Ganz im Gegenteil zum Gleis zwei in Haslach,
das nicht barrierefrei ist. Der Grund liegt in der sogenannten
1000-Reisende-Regel: Ab einem Fahrgastaufkommen von 1000 Personen pro
Tag müssen Verkehrsstationen mit Aufzügen ausgestattet sein oder über
lange Rampen verfügen. Eine Ausnahme bilden Bahnhöfe, die weiter als 50
Kilometer von der nächsten barrierefreien Bahnhofsstation entfernt
liegen oder solche, in deren Nähe sich eine Einrichtung für Menschen mit
einer Behinderung befindet.

Beides trifft für Matts Wohnort jedoch nicht zu. Aber auch wenn es in Haslach keinen Aufzug gebe, werde
einiges für ein barrierefreies Miteinander getan, erzählt Matt. „Das
betrifft die ganze touristische Servicekette in Haslach, aber auch in
der gesamten Ortenau. Es ist ein Prozess, in dem wir uns derzeit
befinden.“ Ein Prozess, in den vor allem auch Experten eingebunden
werden sollten, die selbst eine Behinderung haben. Das Miteinander der
Menschen müsse wachsen. „Dann kann man in ein bis zwei Generationen
vielleicht sagen: ‚Jetzt sind wir inkludiert.‘“ Wichtig sei bei der
ganze Diskussion vor allem eines, ist sich der Haslacher sicher: „Alle
Beteiligten müssen zusammenarbeiten.“

Autor: Laura Bosselmann

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