Innenstadtgeschäfte im Digitalisierungscheck
Einzelhandel setzt bislang auf hohe Passantenfrequenz

Einzelhändler miteinander im Gespräch | Foto: Stadt Kehl

Kehl Durch den fortschreitenden Strukturwandel wandert zunehmend Kaufkraft in den Onlinehandel ab. Wie die 179 Innenstadtgeschäfte in Sachen Digitalisierung aufgestellt sind, stellte Thomas Kaiser, Innenstadtberater der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südlicher Oberrhein beim ersten Einzelhandelsdialog des Jahres vor. Oberbürgermeister Wolfram Britz, für den es das erste Treffen dieser Art war, sicherte den Einzelhändlern zu, ein offenes Ohr für sie zu haben: „Der Austausch mit dem Kehler Einzelhandel ist mir wichtig.“

Seit rund anderthalb Jahren beteiligt sich die Stadtverwaltung als eine von sieben Modellkommunen am IHK-Aktionsbündnis "Pro Innenstadt", mit dem Ziel, die Besucherfrequenz in der Fußgängerzone zu steigern und den pandemiebedingt beschleunigten Strukturwandel abzuschwächen. Zu den Maßnahmen, die hierbei ergriffen werden, gehört auch ein sogenannter Digitalisierungscheck.

58 Prozent der Händler mit Internetauftritt

Zwischen Februar und Mai 2022 wurde überprüft, wie sich die Innenstadtgeschäfte ihren Kunden im Internet präsentieren. Dabei wurden die Bereiche Webseite, Auffindbarkeit über die Google-Suchmaschine, Google-Business-Account und soziale Medien betrachtet. Eine Erkenntnis aus dem Digitalisierungscheck: 58 Prozent aller Einzelhandelsgeschäfte in der Kehler Innenstadt unterhalten einen eigenen Webauftritt. Die Quote fällt, verglichen mit den übrigen Modellkommunen Emmendingen, Haslach im Kinzigtal, Ettenheim, Oberkirch, Neuenburg oder Titisee-Neustadt, gering aus.

Innenstadtberater Thomas Kaiser erklärte sich das Ergebnis durch die besondere geografische Lage Kehls. Dadurch sei die Rheinstadt tendenziell eher großstädtisch aufgestellt. Das heißt: Durch die Besuche aus dem Stadtgebiet, dem Ortenauer Umland aber auch aus Straßburg und dem Elsass wies die Kehler Innenstadt über Jahrzehnte eine hohe Passantenfrequenz auf.

Die meisten Besucher wurden im vergangenen Jahr am Sonntag, 29. Mai, erfasst: 34.407 Passanten. Daraus schlussfolgerte Thomas Kaiser, dass eine digitale Sichtbarkeit, etwa durch einen eigenen Internetauftritt, für 42 Prozent der überprüften Geschäfte nicht zwingend erforderlich gewesen sei. Eine Einschätzung, die auch Wirtschaftsförderin Fiona Härtel teilte: „Ich glaube, dass der Kehler Einzelhandel über Jahrzehnte so gut dastand, dass wenig Notwendigkeit für Investitionen ins Digitale und in die aktive Kundenbindung gesehen wurde.“

Nach Branchen betrachtet, weisen die Tourismusbetriebe den größten Nachholbedarf auf. 57 Prozent haben hier eine eigene Homepage. Zu Tourismusbetrieben zählt die IHK allerdings auch Restaurants und Kebap-Schnellimbisse. Unter den Geschäften, die einen eigenen Webauftritt unterhalten, ist der Anteil derer mit einer für Mobilgeräte optimierte Seite sehr hoch und beläuft sich auf 92 Prozent. Damit ist die Rheinstadt unter den Modellkommunen Spitzenreiter.

Verhältnismäßig hoch ist der Anteil der Einzelhandelsgeschäfte, die einen Google-Businesseintrag haben. Das ist hilfreich, um bei Suchergebnissen möglichst früh gelistet zu werden. In Kehl weisen 88 Prozent der untersuchten Betriebe ein solches Konto auf. Allerdings schränkte Innenstadtberater Thomas Kaiser ein, dass beim Digitalisierungscheck nicht immer ersichtlich gewesen sei, ob der Betrieb selbst den Eintrag angelegt hatte – oder ob dies durch Kunden geschehen ist. Hier bestehe in jedem Fall Optimierungsbedarf.

Unter den sozialen Netzwerken, die genutzt werden, um Kunden online anzusprechen, dominiert im Kehler Einzelhandel die Plattform Facebook. 63 Prozent der Innenstadtgeschäfte sind auf dem Kanal vertreten. Damit liegt die Rheinstadt knapp unter dem Durchschnittswert von 64 Prozent. Instagram wird als Plattform defacto weniger häufig genutzt. Mit 46 Prozent liegt Kehl aber über dem Mittelwert (42 Prozent).

Angebote von Wirtschaftsförderung und IHK

Nach der Bestandsaufnahme stellten Wirtschaftsförderin Fiona Härtel und Innenstadtberater Thomas Kaiser drei Angebote vor, die in diesem Jahr ausgerollt werden sollen: In der Zeit von Mai bis Juni können Einzelhändler ihren Google-Businesseintrag und damit ihre Auffindbarkeit über die bekannte Suchmaschine von studentischen Mitarbeitenden in einem IHK-Projekt optimieren beziehungsweise anlegen lassen. Ebenfalls im Mai macht das sogenannte Digitalmobil der IHK vor dem Kulturcafé an der Blumenstraße halt. Dort sind unter anderem Impulsvorträge zu Google, Facebook oder Instagram geplant. Als drittes Angebot sind Workshops zum Thema Google-Businesseintrag und digitale Sichtbarkeit vorgesehen, darunter auch eine Präsenzveranstaltung in der Stadthalle für Beginner im Mai.

„Wir wollen Berührungsängste abbauen“, erläuterte Fiona Härtel. Bereits in der Vergangenheit hatte die Stadtmarketing- und Wirtschaftsförderungs-GmbH Schulungsangebote zu Onlinehandel und -Marketing unterbreitet. Innenstadtberater Thomas Kaiser lobte das Kehler Stadtmarketing für seinen Mut und seine Weitsicht.

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