Das Euro-Institut in Kehl begleitet öffentliche Akteure über die Grenzen hinweg
Was muss man über das Nachbarland wissen?

Kompetent und flexibel: das Team des Euro-Instituts
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Kehl (djä). Europa und seine Institutionen – dabei denken viele Menschen erst einmal an Städte wie Brüssel und Straßburg. Dabei sind zahlreiche Fachbereiche an anderen Orten angesiedelt. In Kehl, dem Herzen der Grenzregion zwischen Deutschland und Frankreich, widmen sich derzeit neun Einrichtungen europäischen Belangen. Einige der von uns bereits vorgestellten sind direkte Ansprechpartner für die Bürger. Im letzten Teil unserer Serie geht es um eine Institution, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Akteuren in Deutschland, Frankreich und der Schweiz fördert.
Wer in der Grenzregion am Oberrhein als Mitarbeiter einer öffentlichen Verwaltung Kontakte zu den Behörden des Nachbarlandes hat oder für Verbände und Vereine grenzüberschreitend tätig ist, braucht oft Hilfe bei der Zusammenarbeit und Koordination. Auch Mandatsträger und Mitarbeiter multinational handelnder Unternehmen haben einen großen Bedarf an Informationen und Unterstützung. Hier springt das Euro-Institut in Kehl ein. Welche Unterschiede im rechtlichen oder organisatorischen Bereich gibt es beispielsweise, wenn ein Projekt von Deutschland aus in Frankreich zu managen ist? Was muss man über das Verwaltungssystem des Nachbarlandes wissen, wenn die Verwaltungen mehrerer Länder über die Grenze hinweg gemeinsam agieren? Was machen eigentlich Bürgermeister in Frankreich und Deutschland? Wie läuft der Föderalismus in den aneinandergrenzenden Staaten in der Praxis? "Wir vermitteln hier Basiskompetenzen und überkulturelles Wissen", sagt Margot Bonnafous, Fortbildungsreferentin am Euro-Institut in Kehl. So tauschen beispielsweise Mitarbeiter deutscher Stadtverwaltungen nicht nur berufliche Erfahrungen mit Kollegen aus Frankreich aus, sie lernen dabei auch in einem zweisprachigen "Tandem-Kurs" von- und miteinander die Sprache des Nachbarlandes.
Das Angebot des Instituts ist vielfältig. Es gibt Fortbildungen, vergleichende Seminare zu aktuellen Fachthemen und Qualifizierungsangebote. Das Institut führt Studien durch, betreut Beratungsprojekte und übernimmt die Moderation bei grenzüberschreitenden Sitzungen und Workshops. Manchmal beginnt die Hilfe bereits bei der Suche nach dem richtigen Ansprechpartner oder dem Beschaffen von Informationen. Das deutsch-französische Team des Euro-Instituts arbeitet dabei eng mit Experten, Referenten und Praktikern von "außen" zusammen.
Die Institution kann deshalb flexibel reagieren und ganz spezifische Veranstaltungen oder Projekte anbieten, die genau auf die jeweiligen Bedarfe eingehen. So gibt es jedes Jahr mehrere Veranstaltungen zur Fortbildung im Bereich Polizei und Justiz mit Referenten aus verschiedenen Dienststellen. Dies sind oft Praktiker aus Polizeipräsidien oder dem Landeskriminalamt. Hier werden grundsätzliche Dinge vermittelt wie der Aufbau und die mögliche Zusammenarbeit der Systeme. Wie laufen bestimmte Ermittlungen? Wie kann der steigenden Cyberkriminalität begegnet werden? Polizeibeamte, Richter und Staatsanwälte können dabei über den Tellerrand der eigenen Behörde hinwegsehen. "Solche Seminare bieten einen Mehrwert. Deutsche und französische Teilnehmer aus verschiedenen Organisationen bekommen hier im direkten Vergleich Vorgehensweisen und Erkenntnisse vermittelt", erläutert Bonnafous. Eine Simultanübersetzung sorgt dafür, dass alle Informationen bei den Teilnehmern ankommen.
Das Euro-Institut beteiligt sich an grenzübergreifenden und überregionalen Netzwerken von Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Durch den Austausch zwischen Wissenschaftlern und Praktikern konnten mehrere Buch-Publikationen zu den unterschiedlichsten Themen herausgegeben werden, welche die Zusammenarbeit in Europa themenübergreifend und über Kulturunterschiede hinaus fördern. Das Ziel ist, gute Praktiken in der grenzüberschreitenden Kooperation zu identifizieren und herauszuarbeiten, um hieraus geeignete Instrumente und Verfahren für die Praxis zu entwickeln. Zu den Stärken des Instituts gehört es, auch größere Fachtagungen zu planen und durchzuführen. So ist für Anfang Juni eine Veranstaltung zum Thema "Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen in Europa – Herausforderungen, zentrale Fragen und Lösungsansätze" geplant, zu der bereits Einladungen verschickt wurden. Die Anmeldung von Vereinen oder ähnlichen Gruppen ist noch möglich.
Die deutsch-französische Einrichtung, die sich als neutrale Plattform versteht, wurde 1993 als europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung gegründet. Sie hat seit Ende 2003 die Rechtsform eines grenzüberschreitenden örtlichen Zweckverbands. Seine Mitglieder sind Gebietskörperschaften beidseits des Rheins. Das Euro-Institut ist mit zahlreichen Institutionen auf lokaler, nationaler oder europäischer Ebene vernetzt. Eine Zusammenarbeit gibt es auch mit den Kehler Organisationen, die sich dem Thema Europa widmen. Mit der Infobest Kehl/Straßburg in der Villa Rehfus teilt sich das Euro-Institut sogar das Bürogebäude. Viele Informationen, Downloads und Veranstaltungshinweise sind online zu finden. Das Euro-Institut ist im Internet zu erreichen unter www.euroinstitut.org/wDeutsch/index.php oder unter Telefon 07851/74070.

Kompetent und flexibel: das Team des Euro-Instituts
Beim Seminar "Deutsch-französische Polizei- und Justizkooperation" (v. l.): Josha Frey, Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg, und Margot Bonnafous vom Kehler Euro-Institut | Foto: Euro-Institut

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