35 Jahre im Gemeinderat sind genug
Grünen-Stadtrat nimmt seinen Hut

Claus Vollmer ist sich zu 100 Prozent sicher: Langweilig wird es ihm nicht werden. | Foto: Michael Bode
  • Claus Vollmer ist sich zu 100 Prozent sicher: Langweilig wird es ihm nicht werden.
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Lahr. Nach 21 Jahren als Fraktionssprecher der Grünen im Lahrer Gemeinderat verabschiedet sich Claus Vollmer mit den Kommunalwahlen im Mai aus dem aktiven politischen Leben. "Wir Alten müssen einfach irgendwann Platz für die Jüngeren machen", sagt der 69-Jährige. Die Hälfte seines Lebens hat er am Ratstisch verbracht, seit er 1983 in die Partei eingetreten und 1984 für die Grünen in den Gemeinderat eingezogen ist. "Die Lahrer Grünen sind wirklich mein Lebensprojekt, ich bin von Anfang an mit dabei", so Vollmer. Nie würde er jetzt seinen Hut nehmen, wüsste er, dass "seine" Grünen dadurch Schaden nehmen würden.  

Claus Vollmer ist ein waschechter Lahrer, wie bereits seine Eltern und Großeltern. "Ich habe schon als Kind aus Erzählungen die Stadt verinnerlicht, wie sie tickt, wie sie sich verhält, was schön an und in ihr ist", betont Claus Vollmer. All das habe ihn bis heute in seiner politischen Aktivität geprägt. "Ich beurteile Lahr schlicht anders als ein Auswärtiger", erklärt er und nennt ein Beispiel: "Wenn es um die Bebauung des Altenbergs geht, geht es nicht nur um Fledermäuse und Schlangen, sondern um das Zerstören der Stadt, meiner Heimat." Keineswegs sei er der Meinung, dass alles so bleiben müsse wie es ist, natürlich müsse sich die Welt weiterentwickeln, aber behutsam. "Wenn ich die Wahl habe, muss ich das Tempo so gestalten, dass es die Menschen vertragen", stellt Vollmer fest. Als junger Mensch habe er das freilich anders gesehen. Er wollte verändern, schnell und mit Wucht. Als echter Achtundsechziger, Claus Vollmer machte 1968 sein Abi am Lahrer Max-Planck-Gymnasium, war er Teil der linken Schülerbewegung. "Damals ging es nicht um die Umwelt, sondern um Soziales, gegen den Kapitalismus", berichtet er. Ökologie wurde erst später zu seinem Thema.

Es sind ordentlich die Fetzen geflogen

"Als Chemie- und Mathelehrer wusste ich, was Atomenergie, Lösungsmittel und Pestizide für Gefahren bergen", sagt er. Mit großer Wucht und voller Idealismus sei man damals in den Lahrer Gemeinderat eingezogen. "Ich war der Überzeugung, dass die Ziele, für die ich eintrete, zum Wohl der Menschen erfüllt werden", betont er. Tatsächlich sei man aber geschockt gewesen, wie Politik ablaufe. "Wir haben gleich einen Brief an Oberbürgermeister Dietz geschrieben, dass er das Rauchen im nichtöffentlichen Teil der Sitzung verbieten soll", erinnert er sich. Das habe für richtig Aufruhr in der Stadt gesorgt, in der Roth Händle beheimatet war. "Wir wollten einfach etwas ändern und dabei sind auch ordentlich die Fetzen geflogen", gibt er zu und ergänzt: "Das ging sogar so weit, dass mich der OB wegen Beleidigung angezeigt hat." Bewegen konnte Claus Vollmer zusammen mit seinen Parteikollegen schließlich doch so manches: "Den kleinen Spielplatz auf dem Marktplatz gebe es ohne mich wahrscheinlich nicht. Außerdem haben wir es geschafft, dass Lahr Mitglied im Klimabündnis ist und, in Zusammenarbeit mit den Freien Wählern, dass weitgehend der Einsatz von Pestiziden verboten wurde." Nach einer Kandidatur für den Landtag 1984 trat Claus Vollmer 1997  bei der Oberbürgermeisterwahl in Lahr an. "Ich habe es auf 16 Prozent geschafft, was für die Grünen damals landesweit spektakulär war", erinnert er sich.

Nur die ersten vier Jahre seines Berufslebens arbeitete Claus Vollmer in Vollzeit als Lehrer. 1982 entschieden seine Frau Inge, ebenfalls Lehrerin, und er sich für ein halbes Deputat. "Auf Initiative der Gewerkschaft und der Landesregierung wurde so Platz für arbeitslose Lehrer geschaffen. Zeitlebens haben wir von einem Gehalt gelebt und ich habe die restliche Zeit in die Politik investiert", erzählt er. Als 1985 Tochter Vera geboren wurde, haben sich die Vollmers die Erziehung geteilt, ebenso die Aufgaben im Haushalt: "Ich war und bin für die Wäsche verantwortlich, meine Frau fürs Kochen." Langweilig wird es Claus Vollmer nach der Kommunalwahl nicht werden. Schon vor fünf Jahren hat es ihm nichts ausgemacht, seinen Beruf aufzugeben, so werde es sicherlich auch mit der Politik sein. "Ich habe keinerlei Pläne, etwa die Briefmarken zu sortieren, den Keller aufzuräumen oder eine Weltreise zu machen", betont er. Wichtig ist ihm, auch weiterhin Zeit zum Nachdenken zu finden, denn das macht er nämlich richtig gern. Daniela Santo

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