Justizministerin und Landrat in Nordrach
Besuch bei Geflüchteten

In einer Gemeinschaftsunterkunft des Ortenaukreises in Nordrach sprachen die Ministerin der Justiz und für Migration des Landes Baden-Württemberg Marion Gentges (5. v. l.) und Landrat Frank Scherer (6. v. l.) gemeinsam mit Dezernent Michael Loritz (2 .v. l), Migrationsamtsleiterin Alexandra Roth (nicht auf dem Bild) und Bürgermeister Carsten Erhardt (4. v. l.) mit Geflüchteten und tauschten sich in Sachen Unterbringung und Betreuung aus. | Foto: Justizministerium Baden-Württemberg
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  • In einer Gemeinschaftsunterkunft des Ortenaukreises in Nordrach sprachen die Ministerin der Justiz und für Migration des Landes Baden-Württemberg Marion Gentges (5. v. l.) und Landrat Frank Scherer (6. v. l.) gemeinsam mit Dezernent Michael Loritz (2 .v. l), Migrationsamtsleiterin Alexandra Roth (nicht auf dem Bild) und Bürgermeister Carsten Erhardt (4. v. l.) mit Geflüchteten und tauschten sich in Sachen Unterbringung und Betreuung aus.
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Nordrach (st). Um sich ein persönliches Bild von den aktuellen Begebenheiten, den Erfahrungen sowie Herausforderungen in den von den Kreisen und Kommunen betriebenen Gemeinschaftsunterkünften zu machen, kam die Ministerin der Justiz und für Migration des Landes Baden-Württemberg, Marion Gentges, auf Einladung von Landrat Frank Scherer zu einem Vor-Ort-Termin in eine vorläufige Unterkunft des Ortenaukreises in Nordrach. Anlass des Treffens, bei dem die Ministerin und der Landrat auch mit Geflüchteten sprachen, war die seit Ende 2021 steigende Zahl an Zuwanderern, die wegen des Kriegs in der Ukraine nochmals stark zugenommen hat, heißt es in einer Presseinformation des Landratsamts. Im Sinne seines Auf- und Abbaubaukonzepts habe der Ortenaukreis bereits zahlreiche im Zuge der Zuwanderungswelle von 2015/2016 geschaffene Unterkünfte wiederaufgebaut beziehungsweise neue Plätze generiert. So biete auch die Mitte Mai eröffnete Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Hotel "Morada" in Nordrach, in der aktuell 51 Menschen aus der Ukraine eine vorübergehende Bleibe gefunden haben, Platz für 60 Personen.

Pragmatische Lösungen

„Es ist beeindruckend zu sehen, wie flexibel der Ortenaukreis mit dem Auf- und Abbaubaukonzept die Herausforderungen der Flüchtlingsunterbringung anpackt und so die bereits bei der Zuwanderungswelle von 2015/2016 geschaffenen Unterkünfte reaktivieren und neue Plätze schaffen konnte. Besonders freue ich mich über das hier im Ortenaukreis mehrfach praktizierte Kombimodell, bei dem die vorläufige Unterbringung beim Kreis im Anschluss von den Städten und Gemeinden weiter betrieben wird. Um den Aufwand zu reduzieren und um schnelle pragmatische Lösungen zu finden, haben wir als Land auf die vorherige Genehmigung neuer Unterkünfte bei diesen Kombimodellen bis zu einer Mietdauer von fünf Jahren verzichtet. Die Unterbringung der ukrainischen Kriegsflüchtlinge ist eine Kraftanstrengung, die wir nur gemeinsam stemmen können “, so Ministerin Marion Gentges.

Solidarität und Hilfsbereitschaft

„Dank der großen Solidarität und Hilfsbereitschaft der Ortenauer und ehrenamtlich Engagierten sowie der guten Zusammenarbeit mit unseren Städten, Gemeinden und weiteren Organisationen haben seit Beginn des Krieges in der Ukraine rund 3.600 Geflüchtete schnell und unbürokratisch Zuflucht in der Ortenau gefunden. Dafür bin ich allen Beteiligten sehr dankbar“, so Landrat Frank Scherer. Die meisten Ukrainer, vor allem Frauen und Kinder, seien in privaten Unterkünften untergekommen.

1.100 von 1.800 Plätzen sind belegt

Von den 1.800 Plätzen, die bis Juli in den Gemeinschaftsunterkünften des Ortenaukreises bereitstehen, seien aktuell rund 1.100 Plätze mit Menschen unterschiedlicher Herkunftsländer belegt. Drei Einrichtungen in Achern (58 Plätze), Offenburg (116 Plätze) und Rust (120 Plätze) betreibe der Kreis in Kooperation mit den Kommunen nach einem neuen Modell, wonach die Unterkünfte zunächst als VU vom Kreis und anschließend als Anschlussunterbringung von der Stadt oder Gemeinde betrieben würden. „Mit dem neuen Ortenauer Kombimodell können unsere Integrationsleistungen vom ersten Tag an greifen, denn auch wenn die Zuständigkeit vom Kreis auf die Städte und Gemeinden übergeht, bleiben die Menschen in der Unterkunft und damit in ihrem gewohnten Umfeld“, so Scherer. Dies sei von enormen Vorteil für eine gelungene Integration und bringe erhebliche organisatorische Vereinfachungen und Einsparungen mit sich.

Erkennungsdienstliche Registrierung

Gemeinsam mit Dezernent Michael Loritz, Migrationsamtsleiterin Alexandra Roth und Bürgermeister Carsten Erhardt, diskutierten Gentges und Scherer auch die Herausforderungen, denen sich die Verantwortlichen in den Kreisen sowie Kommunen entgegensehen. So würden die zeitintensive erkennungsdienstliche Registrierung in den Ausländerbehörden, bei denen das Polizeipräsidium Offenburg das Landratsamt im März und Mai tatkräftig unterstützt habe, und der Rechtskreiswechsel der ukrainischen Flüchtlinge vom Asylbewerberleistungsbezug zu Hartz IV thematisiert.
Im Gespräch mit den Bewohnern der Nordracher Unterkunft kam deren Dankbarkeit über die herzliche Aufnahme, die gute Organisation vor Ort und die große Hilfsbereitschaft zum Ausdruck. Ein Geflüchteter konnte sogar berichten, dass er bereits eine Woche nach seiner Ankunft in der Gemeinde eine Beschäftigung in einem ortsansässigen Unternehmen finden konnte.

Hintergrund

Für die Unterbringung von Flüchtlingen gibt es in Baden-Württemberg ein dreistufiges Unterbringungssystem, das im Flüchtlingsaufnahmegesetz geregelt ist:
1. Unterbringung von Asylsuchenden in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA), die vom Land Baden-Württemberg betrieben wird. Hier werden die Asylsuchenden registriert, gesundheitlich untersucht und sie stellen ihren Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Standorte der Erstaufnahmeeinrichtungen können der Internetseite des Ministeriums für Justiz und Migration entnommen werden. Geflüchtete aus der Ukraine müssen nicht in eine Erstaufnahmeeinrichtung, sie können auch direkt privat unterkommen oder sich an die untere Aufnahmebehörde für die Aufnahme in der vorläufigen Unterbringung wenden.
2. Danach folgt die Verlegung in die vorläufige Unterbringung (VU), die in der Verantwortung der Stadt- und Landkreise liegt. Hier bleiben die Antragsteller während ihres laufenden Asylverfahrens. Durch Erstorientierungskurse, Sprachkurse, Kindergarten, Schule, ärztliche Versorgung machen sie erste Integrationsschritte.
Die VU endet nach Anerkennung oder rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrages, aber nach maximal 24 Monaten. Für die Geflüchteten aus der Ukraine beträgt der Aufenthalt in der VU maximal sechs Monate.
3. Als dritte Stufe folgt die Anschlussunterbringung (AU) in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Die Geflüchteten werden durch Integrationsmanager betreut. Der Ortenaukreis berechnet halbjährlich die Verteilungsquote, damit sich die Ortenauer Kommunen frühzeitig darauf einstellen können.

Auf- und Abbaukonzept

In der Zuwanderungswelle 2015/2016 dienten unter anderem Containeranlagen, Sporthallen und ehemalige Hotels im Ortenaukreis als Gemeinschaftsunterkünfte. Mit verschiedenen Miet- und Kaufmodellen hat sich der Kreis von Anfang an so aufgestellt, dass er einerseits über einen sicheren Basisbestand an Unterkünften verfügt, andererseits aber auch flexibel auf Rückgänge reagieren kann.
Im Mai 2016 war der Höchststand mit 5.771 Plätzen in der vorläufigen Unterbringung (VU) erreicht. Angesichts des Rückgangs der Neuzugänge hat der Landkreis in den Jahren 2017 bis 2020 insgesamt 4.928 Plätze in der VU nach und nach abgebaut, insbesondere kleine, organisatorisch schwer zu betreuende Objekte, Sporthallen sowie Containerunterkünfte. Der starke Abbau erfolgte nach den Vorgaben des Landes Baden-Württemberg, das zuletzt eine Mindestauslastungsquote von 80 Prozent forderte.
Im Januar 2020 verfügte der Ortenaukreis mit 843 Plätzen über weniger Kapazitäten als zu Beginn der großen Zuwanderungswelle im September 2014 (1.090 Plätze).
Bis Ende Juli 2022 wird der Kreis seine Kapazitäten auf rund 1.800 Plätze aufgestockt haben. Unter den neuen Objekten, für die kurz- bis mittelfristige Vertragslaufzeiten vereinbart wurden, sind auch sechs Containeranlagen.

In einer Gemeinschaftsunterkunft des Ortenaukreises in Nordrach sprachen die Ministerin der Justiz und für Migration des Landes Baden-Württemberg Marion Gentges (5. v. l.) und Landrat Frank Scherer (6. v. l.) gemeinsam mit Dezernent Michael Loritz (2 .v. l), Migrationsamtsleiterin Alexandra Roth (nicht auf dem Bild) und Bürgermeister Carsten Erhardt (4. v. l.) mit Geflüchteten und tauschten sich in Sachen Unterbringung und Betreuung aus. | Foto: Justizministerium Baden-Württemberg
Ministerin Marion Gentges (r.) und Landrat Frank Scherer (l.) im Gespräch mit Geflüchteten aus der Ukraine. | Foto: Justizministerium Baden-Württemberg

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