Burgbühne-Inszenierung
„Gespenst von Canterville“ begeistert Publikum

- Das turbulente, witzige und auch tiefgründige Stück ist gleichermaßen für Jugendliche wie für Erwachsene geeignet.
- Foto: Johanna Graupe
- hochgeladen von Matthias Kerber
Oberkirch (st) „Theater darf auch Spaß machen“, schrieb Regisseur Rob Doornbos im Programm-Vorwort – und es machte Spaß, wie er den 150 Jahre alten Klassiker von Oscar Wilde in der Fassung von Jürgen von Bülow in die Jetztzeit holte: tragisch, witzig, komisch. Und das begeisterte auch das Publikum bei der Premiere am vergangenen Montag, 30. Juni, in der Burgbühne.
Der amerikanische Botschafter Otis (Arthur Hilberer) - herrliches Zusammenspiel, wie er seiner deutlich jüngeren und bestimmenden Gattin Lucretia (Anna Milkova) nachstellt - hat die „Schrottimmobile“ Canterville Castle gekauft – günstig für den Lord ( Jannis Just), da das Schloss ständig weiterverkauft werden kann. Es spukt nämlich, denn seit Generationen vertreibt Sir Simon jeden neuen Besitzer, indem er „Hochqualität an Horror und Schrecken“ verbreitet. Stilecht fahren die Amerikaner mit ihrem beflaggten Gefährt auf die Bühne ein: Ehepaar Otis, die Influencer-Zwillinge, Rapper-Sohn Washington und Psychologie-Studentin Virginia. Die Otis-Kinder bilden einen ganz eigenen Kosmos: „Krass unterhaltsam“ die Zwillinge (L. Teufel, E.Noack) , die schon verzweifeln, wenn sie sieben Minuten nichts von sich gepostet haben, beim despektierlichen Rapper (Lennard Boschert) zeigt sich sogar Empathie, und Virginia, die sich als einzige für die Geschichte von Sir Simon interessiert.
In der Nacht vor der Ankunft der Amerikaner hat Sir Simon extra die Ketten geölt, den Blutfleck in der Lobby aufgefrischt, aber wer kümmert sich schon um jahrhundertealte Geschichten und die Toten der Vergangenheit. Das ist ignorant und Gespenster-Mobbing der schlimmsten Sorte. Die Gefahr, als Gespenst abgesetzt zu werden, ist plötzlich für ihn ganz real: Das Problem des Älterwerdens zieht sich wie ein Echo durch die Aufführung. „Die Zeit verändert uns und sie konfrontiert uns mit der Frage, was bleibt: von unseren Gewohnheiten, unseren Träumen, unserem Stolz“ (Doornbos). Und das nicht nur bei Sir Simon, der damit kämpft, dass seine Aktionen weniger spektakulär sind, manchmal sogar verpuffen und belächelt werden, der Gespensterkörper nicht mehr so richtig mitmacht. Er ist festgehalten in seinem alten Selbstbild, während sich um ihn die Welt verändert hat.
Spielfreudiges Ensemble
Erst im Gespräch mit der lebensklugen Virginia (Xae Lanzillotti) kann der „lebensmüde“ Geist zu sich finden, auch seine Schuld gegenüber seiner Frau bereuen. Ausgehend von Virginia im Verbund mit ihrem Entertainer-Bruder, den Gespenstern, dem Lord und der resoluten Haushälterin (Vanessa Söllner-Kohler) formieren sie sich, Sir Simon (Ingo Lachmann) zu helfen, seine Vergangenheit zu überwinden und sich selbst zu finden.
Passend zum spielfreudigen Ensemble, in dem jeder passende Rollenidentifikation zeigt, prägte auch die Musik die Inszenierung. Komponist Magnus Reichel komponierte seine dritte Auftragsarbeit für die Burgbühne in enger Kooperation mit dem Regisseur: „Die Musik zieht sich von Orchester über Rap zu traditioneller Musik wie „Scarborough Fair mit Live –Gesang“ (Reichel). Beim Finale mit spektakulärem Schluss-Feuerwerk geht es durchaus in Richtung Musical.
Weitere Vorstellungen finden am 4., 5., 6., 9., 12., 13., 18., 19., 20., 23., 26. und 27. Juli, jeweils um 20 Uhr (sonntags und mittwochs 19 Uhr) statt. Karten gibt es unter anderem auf ortenaukultur.de und im Bürgerbüro der Stadt Oberkirch (Telefon 07802/82700).




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