Markus Keßner vermittelt bei Azubis und Firmen
Begleiter gegen den Ausbildungsabbruch

Seit nun fast anderthalb Jahren ist IHK-Ausbildungsbegleiter Markus Keßner im Einsatz am südlichen Oberrhein. | Foto: IHK/Klaus Polkowski
  • Seit nun fast anderthalb Jahren ist IHK-Ausbildungsbegleiter Markus Keßner im Einsatz am südlichen Oberrhein.
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Im Verantwortungsbereich der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK) werden pro Jahr knapp zehn Prozent der Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. Einige dieser Abbrecher entscheiden sich zwar für eine andere Ausbildung oder ein Studium, für kleine und mittlere Unternehmen ziehen Vertragslösungen jedoch große finanzielle und personelle Belastungen nach sich, ungeachtet der Frage, ob die Auszubildenden im Anschluss ihre berufliche Entwicklung anderweitig fortsetzen. Damit es erst gar nicht zum Abbruch kommt, ist seit beinahe anderthalb Jahren IHK-Ausbildungsbegleiter Markus Keßner im Einsatz.

„In vielen Fällen könnte die Vertragsauflösung verhindert werden, wären die Anzeichen erkannt und offene Gespräche geführt worden“, ist Keßner überzeugt. Die Statistik gibt ihm recht: 50 Prozent der betroffenen Betriebe in Baden-Württemberg sagen, ein Abbruch hätte mit frühzeitiger Vermittlung verhindert werden können. Unter den Auszubildenden sind sogar 75 Prozent dieser Meinung.

Markus Keßner ist einer von 20 Ausbildungsbegleitern im Land und Teil des Projekts „Erfolgreich ausbilden! – Ausbildungsqualität sichern“ vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg. Zwei Jahre lang ist die Stelle bei der IHK mit 80 Prozent vom Ministerium gefördert. Zielvorgabe ist die Betreuung von kontinuierlich 35 Jugendlichen. Mit 82 jungen Leuten war Keßner bereits in Kontakt, 54 Begleitungen sind abgeschlossen. „In 42 Fällen war ich erfolgreich, bei zwölf Azubis wurde der Ausbildungsvertrag leider trotz vieler Bemühungen vorzeitig aufgelöst“, berichtet er. Damit entspricht seine Arbeit der Quote des Gesamtprojekts: In etwa 78 Prozent der abgeschlossenen Fälle landesweit wurde auf diese Art eine Vertragslösung vermieden.

Die Unzufriedenheit, die zum Ausbildungsabbruch führt, lasse sich, davon ist Keßner überzeugt, rechtzeitig erkennen. „Allerdings ist das ein schleichender Prozess, da gibt es viele Indikatoren, beispielsweise fehlende Motivation, unentschuldigtes oder häufiges Fehlen, wiederholtes Zuspätkommen.“ Wenn das Umfeld diese Anzeichen auch sieht, braucht es doch die Unterstützung von außen, weiß der Ausbildungsbegleiter. „Bei einer zunächst fremden Person ist das Konfliktpotenzial einfach deutlich niedriger als im Gespräch mit Eltern, Ausbildern oder Lehrern.“

Markus Keßner kennt sich aus: Er hat unter anderem zwei Jahre lang Arbeitssuchende auf dem Weg zurück in die Arbeit bei der Handwerkskammer unterstützt; neun Jahre war er bei der Jugendberufshilfe Ortenau tätig. Zuvor war er in der katholischen Jugendarbeit und in der Arbeitnehmerseelsorge aktiv. Eine zweijährige Ausbildung zum Betriebsseelsorger sowie verschiedene Zertifikate runden sein Profil ab. Und auch mit der dualen Ausbildung kennt sich der 58-Jährige aus: „Meinen Berufsweg habe ich als Schlosser begonnen.“

Kontakt zu potenziellen Ausbildungsabbrechern nimmt Keßner durch Sprechzeiten an den Beruflichen Schulen auf oder über Informationen von Schulsozialarbeitern. „Das Angebot muss möglichst niederschwellig sein, wir müssen auf die jungen Leute zugehen“, beschreibt er seine Vorgehensweise. Hilfreich ist dabei sicher auch seine gefasste Art, nichts scheint ihn aus der Ruhe zu bringen. Dabei kann er auch, wenn erforderlich, mit schonungsloser Entschlossenheit auftreten. So erzählt er von seinen Erfahrungen bei der Jugendberufshilfe Ortenau, als er einen Beinahe-Abbrecher mit einem unmissverständlichen „Hier entscheidet sich heute Dein Leben“ zur Prüfung gefahren hat, die der Junge eigentlich nicht antreten wollte.

Die Schwierigkeiten der jungen Leute sind weitreichend. Keßner: „Das geht von Zweifeln an der Berufswahl über Schulden bis zu psychischen Problemen wie Zwangs- oder Aufmerksamkeitsstörungen.“ Natürlich ist die Unterstützung des Ausbildungsbegleiters begrenzt, doch hat er durch seine lange berufliche Erfahrung ein großes Netzwerk, gerade in der Ortenau, damit die Jugendlichen mit ihren Konflikten nicht allein gelassen werden.

Der Bedarf einer solchen Hilfestellung für Auszubildende und Betriebe ist, so die Erfahrung Keßners, in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die Gründe sind dabei vielfältig: „Es gibt heute viel mehr vernachlässigte, aber auch viel mehr überbehütete Jugendliche. Das Dazwischen fehlt einfach. Zugleich haben die Betriebe mit einer zunehmenden Heterogenität unter den Auszubildenden zu kämpfen. Das reicht vom Geflüchteten bis zum Abiturienten.“ Auch fehle es den Betrieben oft an Verständnis für die Welt ihrer Azubis, diese wiederum würden mit zu hohen Ansprüchen in die Ausbildung starten.

So langwierig der Prozess von der ersten Unzufriedenheit zur endgültigen Vertragslösung, so zeitaufwendig ist auch die Begleitung eines potenziellen Abbrechers. „Aber es lohnt sich“, glaubt der erfahrene Mann. „Dem Betrieb geht sonst ein Facharbeiter verloren. Und auch die finanziellen Auswirkungen sind hoch –im Durchschnitt kostet so eine Vertragslösung einen Betrieb etwa 7.000 Euro inklusive Neubesetzung.“

Auszubildende und Ausbildungsbetriebe können Markus Keßner über die Telefonnummer 0761/3858164 und über die E-Mail-Adresse markus.kessner@freiburg.ihk.de erreichen. Informationen über das Projekt finden Interessierte auch auf der Homepage der IHK Südlicher Oberrhein unter Eingabe der Nummer 4351384 in das Suchfeld.

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